Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
sagte er und grinste breit. „So soll es sein.“
Und trotz seiner Faulheit begab er sich wieder ins Erdgeschoss und trank sein Mittagessen.
„Wozu essen, was man auch trinken kann?“, fragte er zwischen zwei ausgiebigen Schlucken. Dann nahm er zur Vorsicht noch eine volle Flasche Pilsener mit und eine Schachtel Kräcker, falls doch noch feste Nahrung erforderlich sein sollte, und machte sich endlich an die Arbeit. Der Schriftsteller spannte ein schneeweißes Blatt in seine uralte Remington ein und begann da, wo er zwei Tage zuvor seine Arbeit unterbrochen hatte. Er tippte:
Längst hatten sie die Felsenmauer hinter sich gelassen. Charly war zwischendurch noch ein paar mal halbwegs wach geworden. Dann hatte er erneut darum gebeten, ihn zurück- und sterben zu lassen. Es ging ihm sehr schlecht. Doch der Taure trug ihn weiterhin unbeirrt gen Norden. Dem Unbekannten zu. Doch meistens war der Junge bewusstlos. Eine Einrichtung seines Körpers, um die schlimmen Schmerzen zu ertragen, welche die infizierte Bisswunde und das vergiftete Blut ihm zufügten. Der hohe Verlust des dunkelroten Lebenssaftes tat ein Übriges. Nicht einmal ein Arzt würde ihn jetzt wohl noch retten können. Charly starb! Doch das wussten die anderen nicht. Beziehungsweise wollten sie es gar nicht wissen. So zogen sie weiter durch das Nichts, nahezu blind für die skurrile Gegend, in der sie sich nun befanden. Zehn Kilometer hatten sie sich inzwischen vom Meer entfernt. Der gelbweiße, feine Sand war immer noch da, der schon am Strand ihr Bett gewesen war. Es knirschte kaum hörbar, wenn sie auf ihm nach Nordwesten marschierten. Endlose Weiten dieses Sandes. Darauf keine Anzeichen von Leben, soweit das Auge reichte. Nur die sechs verlorenen Wanderer und ihre kleinen Begleiter aus dem Dorf der Tranjans. In weiter, weiter Ferne erblickten sie eine Art Gebirge. Es war jedoch nicht die Bergkette, auf die sie zumarschiert waren, bevor sie im Haus der Zeit verschwanden. Es war eine seltsam anmutende Berglandschaft, die den ganzen fernen Horizont ausfüllte. Viele tausend Meter hoch und unüberwindlich. Die Kuppen der einzelnen Berge waren jedoch weder scharfkantig noch schneebedeckt wie ihre Artgenossen vom Vortag. Im Gegenteil: Sie erschienen abgerundet wie von den Winden und Stürmen aller Zeit geschliffen. Weit ragten sie gen Himmel und wurden nur noch von der guten alten Sonne übertroffen, die sich immer noch weit über ihnen im ansonsten endlosen Blau eines Sommerhimmels im Nichts zeigte. Doch nicht einmal die kreisrunden Kuppen der Berge waren das Augenfälligste an ihnen. Das waren nämlich die Farben. Die Berge schienen aus unbewachsenem, blankem Felsmassiv zu bestehen. Doch war eben dieses in vier Schichten, die wellenartig übereinander verliefen, geteilt. Das obere Viertel der Bergkette war hellgrün. Ein leuchtendes helles Grün, wie das einer jungen Knospe am Baum. Es schien wie auf den Fels gemalt. Darunter, ebenfalls in einem Auf und Ab von Wellen war jeder der Berge gelb. An den Rändern vermischten sich die Farben jedoch nicht, sondern waren streng voneinander getrennt, wie von einer unsichtbaren Schlangenlinie in zwei Farbflächen aufgeteilt. Das Gelb des zweiten Viertels war dunkel. Beinahe schon ein leuchtendes Orange, neben dem die Autos der deutschen Post wie blasse Kopien wirkten. Darunter, in gleicher Breite und Wellenform, verlief das Gebirge rot. Es war heller als Blut, doch ebenso kräftig. Das untere Viertel schließlich leuchtete dunkelblau. Es erinnerte die Sechs, die auf das Blau zugingen, an ihre Zeit im Halbdunkel des Meeres, bevor das Blau der Tiefe dem ewigen Schwarz des Wassers gewichen war. Der ganze Sockel des alten Gebirges am Horizont war von diesem wunderschönen satten Blau. Und das ganze Gemälde - wer mochte der unbekannte Künstler gewesen sein? - wurde von der Sonne in immer wieder neue Farbenspiele getaucht. Doch an keiner Stelle vermischten sich die Farben. Jede der vier Schichten des Gebirges bildete für sich eine geschlossene und traumhaft schöne Einheit. Am meisten beeindruckt war allerdings Lisa. Konnte das die Bergkette sein, die auch in ihrer südlichen Heimat zu sehen war?. Die gleichen Farben, die gleiche unüberwindbare Höhe – das konnte doch kein Zufall sein. Doch wusste sie, dass dieses Gebirge sich über tausende Kilometer erstreckte. Also war sie sich alles andere als sicher, dass sie sich in der Näher ihrer heimischen Siedlung befand. Zumal ihr hier nichts auch nur annähernd bekannt
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