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Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Titel: Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Dohmen
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saßen sie alle im Arbeitszimmer des Schriftstellers und tranken ein Glas von seinem selbstgemachten Holundersaft. Es war sehr gemütlich dort, nachdem sie sich ein paar Küchenstühle mit in den ersten Stock gebracht hatten. Die richtige Umgebung für ein Schwätzchen.
    „Was machst du eigentlich hier? So ganz allein?“, wollte Charly von dem Schriftsteller wissen. „Oder gibt es noch mehr Menschen, die hier wohnen? Du bist doch ein  Mensch, nicht wahr?“
    „Sicher bin ich ein Mensch. Was auch sonst? Und zwar der einzige hier. Bis vor etwa zehn Jahren haben meine Eltern noch hier gewohnt. Die sind dann aber auf Weltreise gegangen, als sie die Landwirtschaft aufgegeben haben. War auch Zeit, denn es wohnte schon lange keiner mehr hier, der Milch- oder Fleischprodukte hätte kaufen können. Hernach haben die nur noch für sich selbst produziert. Wer weiß, wo sie jetzt sind? So eine Weltreise kann lange dauern. Gerade in einer Welt wie dem Nichts.“
    „Und die anderen Häuser – wer hat da gewohnt?“
    „Ich hab die Leute nicht gekannt. In besten Zeiten haben ein paar Hundert im Dorf gewohnt, das ihr Lifarah nennt. Aber das ist bestimmt fünfzig Jahre her. Dann kam ein Fremder, und alles hat sich verändert. Als er nur ein Wort sagte. Gold! Er kam mit den Taschen voller Gold durch das Dorf gezogen, das damals noch auf einer großen Waldlichtung lag, weil er unterwegs nach Hause war. Er erzählte, dass weit im Westen riesige Goldvorkommen gefunden worden wären. Und, wie ihr sicher wisst, ist Gold das beliebteste Zahlungsmittel in dieser Dimension. Kaum hat er gesagt, wo genau im Westen das Gold zu finden sei, sind nach und nach alle – Alte wie Junge – gen Westen aufgebrochen, um Reichtum und Anerkennung zu finden. Sie haben alles hier stehen und liegen lassen. Wir haben nie wieder von ihnen gehört.“
    „Und deine Eltern?“
    „Sind hier geblieben, waren damals noch Bauern aus Überzeugung. Und als sie es vor Jahren endlich satt hatten, fühlten sie sich mit gut sechzig zu alt, um in dunklen Stollen und eiskalten Flüssen nach Gold zu suchen. Falls überhaupt noch was da war von dem elenden Zeug. Also haben sie einfach ihr Erspartes zusammengeklaubt und sind auf Reisen gegangen. Sie haben es sich auch redlich verdient, die Guten.“
    „Und du, Schriftsteller?“
    „So wie meine Altvorderen Bauern aus Überzeugung gewesen sind, bin ich Schriftsteller aus Überzeugung.  Aber wenn ich meinen Roman zu Ende geschrieben hab, werde ich wohl auch auf Reisen gehen. Vielleicht sollte ich mal deine Dimension aufsuchen, Ben. Womöglich nach Mallorca, oder so.“
    „Woher weißt du, aus welcher Dimension ich stamme? Hast du das im Fernsehen gesehen?“
    „Fernsehen? Will ich nicht, brauch ich nicht. Aber wer sollte es denn wissen, woher du kommst, wenn nicht ich?“, fragte der Schreiber einmal mehr und lächelte gelassen. Mehr sagte er auch dazu nicht.
    „Kennst du einen der Durchgänge?“, wollte Ben schließlich wissen.
    „Nein. Aber ich werde mir im Bedarfsfalle einen schreiben.“
    „Wie denn das?“
    „Na ja, ich bin doch Schriftsteller. Oder etwa nicht?“
    „Und was schreibst du?“
    „Ein Märchen.“
    „Für Kinder?“
    „Eigentlich nicht.“
    „Dein erstes Buch?“
    „Ja.“
    „Wieweit bist du?“
    „Hab gerade mit Seite 590 angefangen.“
    „Mein lieber Mann, das ist eine Menge. Und was passiert gerade in deinem Buch?“
    „Ein paar Leute quatschen.“
    „Darf ich es lesen?“, fragte der neugierige Ben.
    „Nein. Ein Schriftsteller gibt sein Werk erst zum Lesen weiter, wenn es fertig ist. So halte ich es auch. Sorry, mein Freund.“
    „Macht nichts.“
    Bens Blick fiel auf die alte Schreibmaschine des Mannes, auf der wieder mal eine müde Katze ihr Mittagsschläfchen hielt, so unbequem es auch für menschliche Augen zu sein schien. Dieses Mal war es keine schwarzweiße, sondern ein gelb gestromter Kater mit weißen Pfoten und Kragen. Selbst im Schlaf schnurrte er, und die Sonnenstrahlen, die durch eines der Fenster blinzelten, verwandelten das Fell des fünfjährigen Katers in ein gelbes Spiel aus Licht und Schatten. Heute würde der Autor wohl nicht mehr dazu kommen, weiterzuschreiben auf seiner Remington aus dem Jahre 1916. Aber egal, ihm blieb ja immer noch die folgende Nacht.
    „Wir müssen bald weiter“, brach Ben das gemütliche Schweigen in der Runde beim zweiten Glas Holundersaft.
    „Ich weiß“, antwortet der Gastgeber. „Ihr seid auf dem Weg zum

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