Der Dämonen-Gnom
stehen, vor dem Rad, das sich drehte. Auf ihm war jemand aus dem Publikum festgebunden, ein Freiwilliger, der sich gemeldet hatte.
Auf ihn warf der Gnom die Messer.
Jede Klinge fand ihr Ziel. Sechs Messer waren es insgesamt. Vor jedem Wurf herrschte stets Totenstille im Zelt, die dann durch einen Beifallssturm durchbrochen wurde, wenn die Messer hautnah am Körper des Mannes vorbeizischten und in das Holz hineinhackten.
Sechs Messer waren es.
Fünfmal hatte er daneben geworfen.
Die sechste Klinge traf.
Und genau diese Szene erlebte er in seinen Träumen so intensiv, als würde sie zeitverzögert ablaufen. Er sah das Messer fliegen, und er sah es treffen.
Mitten ins Ziel.
Ins Herz des Mannes!
Die Klinge tötete ihn noch auf dem Rad. Sie nagelte ihn daran fest, und er, Pablo, war auf die Knie gefallen, hätte sich am liebsten in den Sand gedrückt und wäre darin verschwunden.
Er hatte es nicht getan. Statt dessen war er auf den Toten zugegangen, umtost von den Entsetzensschreien der Zuschauer. Er war vor der Scheibe stehengeblieben, er hatte das Messer in der Wunde gesehen und auch das Blut, das aus ihr hervorsickerte.
Und dann hatte er in das Gesicht geschaut. In ein Totengesicht, allerdings von einem kalten und überheblichen Lächeln gezeichnet.
Wissen hatte in den Augen gestanden, keine Leere, wie es eigentlich üblich gewesen wäre, sondern nur Wissen.
Er hatte diesen Blick nie vergessen können, auch dann nicht, als man ihn verhörte.
Man hatte ihn nicht eingesperrt, es war eben ein Betriebsunfall gewesen, und er hatte nie mehr mit den Messern werfen wollen. Er war zu einem Clown geworden, doch die Zeiten änderten sich. Er tat es wieder, der Drang war einfach stärker.
Und wieder gab es Tote.
Noch dreimal traf er daneben, in seinem Fall hieß es, genau ins Ziel. Vier Leichen hatte er hinterlassen, und es war ihm stets vorgekommen, als wären die langen Klingen von den Personen magisch angezogen worden. Als hätten sie den Tod gewollt, denn er hatte jedesmal das Lächeln auf den Gesichtern gesehen. Sie wußten Bescheid.
Hatten sie freiwillig sterben wollen? Hatten sie ihn nur als Spielzeug mißbraucht?
Viele Gedanken waren ihm durch den Kopf geschossen. Immer und immer wieder hatte er darüber nachgedacht, und in seinen schaurigen Träumen waren die Momente des Schreckens jedesmal zurückgekehrt, allerdings verbunden mit einer Botschaft.
Man hatte ihm geraten, sich um die Toten zu kümmern, denn das Ende war noch nicht eingeläutet worden. Er hatte gehorcht, er hatte die andere Macht und Kraft in sich gespürt, und er war des öfteren zu den Gräbern gegangen.
Sie alle waren auf dem alten Bergfriedhof begraben worden. Fast nebeneinander, dort, wo man die Menschen verscharrte, die nicht zu den Einheimischen gehörten.
Nach dem vierten Toten hatte er nicht mehr geworfen, da war endgültig Schluß gewesen. Er konnte froh sein, sich noch auf freiem Fuß zu befinden, aber die Polizei hatte nie daran gedacht, ihn einzubuchten. Sie hatten die Taten als Betriebsunfälle aufgenommen, und damit war für sie die Sache erledigt gewesen.
Wer genau daran gedreht hatte, wußte Pablo bis heute nicht. Es war ihm später egal geworden, aber die Toten konnten ihm nicht egal sein, denn immer wieder hatte er sie gehört.
Ihr Schreien, ihr Rufen, ihre jammernden Stimmen, die in seinem Kopf nachhallten und ihn peinigten. Diese Stimmen, dieses Schreien der Toten hatte ihn beinahe irrsinnig gemacht, und er war damit nicht fertig geworden. In dunklen Nächten und einsamen Tagen war er auf den Friedhof gelaufen und hatte die unter der Erde liegenden Leichen um Verzeihung gebeten, was auch eintrat, doch anders, als er es sich vorgestellt hatte.
Ihre Geister kehrten zurück.
Sie peinigten ihn, sie brachten ihm die Alpträume. Er sah sie als unheimlich schwarze Gestalten mit glühenden Augen und genau den Messern in den Händen, die einmal in ihren Körpern gesteckt hatten.
Vier Totengeister erschienen ihm.
Und sie kamen oft, sehr oft sogar. Immer und immer wieder drängten sie sich in seinem Unterbewußtsein hoch, um mit ihm zu sprechen. Sie brachten die Botschaft aus dem Jenseits und erklärten ihm, daß nicht alles vorbei war.
Ihr körperliches Leben ja, aber nicht das Leben an sich, denn die geistige Kraft ließ sie immer wieder erscheinen. Und sie waren ihm sogar dankbar, daß er für ihren Tod gesorgt hatte, und sie boten sich als seine Beschützer an.
Sie waren diejenigen gewesen, die den spektakulären
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