Der Dämonen-Gnom
Überlieferungen, in den Büchern, die du ja besitzt«, ich deutete auf die Regale, »irgendwelche Hinweise, die allein diesen Ort betreffen? Ist da was zu finden?«
Bloch räusperte sich. »Den gleichen Gedanken habe ich natürlich auch verfolgt, und ich habe auch nachgeschaut, aber dort ist nichts geschehen, kein Ereignis, was mit der Historie der Templer in einem direkten Zusammenhang steht.«
»Mit der Historie nicht, aber mit der Magie.«
»Das ist genau das Problem.«
»Also nur magisch?«
»Ja.«
»Und es gibt keine Aufzeichnungen?«
Der Templerführer hob die Schultern.
»Das will ich nicht verneinen. Möglicherweise existieren irgendwelche, die mir leider nicht zugänglich sind, denke ich.«
»Da hast du recht.«
Er verzog die Lippen. »Wie dem auch sei, John, wir werden nicht aufgeben. Ich bin davon überzeugt, daß wir eine entscheidende Nacht vor uns haben.« Er hielt inne, weil die Tür geöffnet wurde, aber es war nur Suko. Er balancierte das Tablett, auf dem zwei Karaffen standen.
Eine war mit Wasser gefüllt, die andere mit dem frischen Wein, und ich winkte bei dem Anblick ab. »Willst du mich betrunken machen?«
Suko grinste und stellte das Tablett auf den Tisch. »Du weißt doch, halb betrunken ist rausgeworfenes Geld.«
»Ha, ha.« Dabei hatte ich die erste kleine Karaffe noch nicht geleert. Ich mischte mir den Wein auch mit Wasser, und so schmeckte er mir auch.
Der Abbé trank in langen Schlucken. Er stöhnte auf, als er das Glas wieder hinsetzte. »Himmel, das tat gut, das habe ich gebraucht. Es wird mir Kraft geben. Bücher haben eben eine trockene Luft als Begleitung.«
Er räusperte sich und schaute Suko an. »Es tut mir leid, aber noch ist nichts geschehen.«
Der Inspektor winkte ab. »Das ändert sich.«
»Meinst du?«
»Wir müssen nur Geduld haben.«
Und die hatten wir. Der Abbé versuchte es immer wieder, aber die Schlieren innerhalb des Würfels erfuhren keine Aufladung und nahmen keinen Kontakt mit ihm auf.
Mir wurde es zwischendurch zu warm. Ich verließ den Raum und auch das Haus, um mich in der Kühle der Nacht aufzuhalten. Dort atmete ich tief durch und starrte in die Dunkelheit hinein.
Der Himmel über mir wirkte wie ein Kunstwerk. Ein prächtiges Tuch mit glitzernden Sternen, die auf mich herabschauten.
Hinter mir klopfte es an die Scheibe.
Ich drehte mich um.
Suko winkte mir heftig zu.
Da wußte ich, daß der Abbé Erfolg gehabt hatte!
***
Pablos schlimmer Traum
Es war wie so oft, und es war grauenhaft, als wäre nichts zuvor geschehen. Als hätte sich nichts verändert, als wäre die Zeit stehengeblieben.
Der Traum hatte ihm das Tor in die Vergangenheit geöffnet, in seine Vergangenheit, die eng mit dem Zirkus verbunden war. Er war schon immer seine Heimat gewesen, seit Kindesbeinen, nachdem die Eltern verstorben waren, an die er sich kaum erinnern konnte. Wohl aber an das Feuer, in dem sie verbrannt waren. Und sie hatten dabei so laut gelacht, als hätten sie Spaß daran gefunden, in den Flammen zu verbrennen. Er war dann im Zirkus aufgewachsen, man hatte ihn ausgebildet, aber nicht richtig akzeptiert. Er war derjenige, über den man sich lustig machte, und Pablo wollte es ihnen allen zeigen. Deshalb auch ließ er sich als Messerwerf er ausbilden.
Schon sehr früh hatte er erkannt, daß er mit den Klingen hervorragend umgehen konnte. Er beherrschte sie, er balancierte sie aus, er konnte sich kaum von ihnen trennen, er war darin perfekt, und man hatte dieses Talent genutzt.
Gleichzeitig liebte er den Spaß und das Weinen. Perfekte Voraussetzungen, um ein Clown zu werden. Den Kindern, die ebenfalls nicht größer waren als er, die große Freude zu bringen.
Messerwerfer und Clown, Arbeitsfelder, die kein zweiter Zirkusmann gleichzeitig abdeckte. Es zeigte sich darin das Spiegelbild seiner Seele, denn auch er war hin- und hergerissen. Er wußte nicht, wo er stand.
Die einen sagten Pablo, die anderen Pablito, wobei das letztere, der kleine Pablo, nicht einmal als Schimpfwort gemeint war. Es war eben in Spanien üblich, die kleinen Menschen auch so zu bezeichnen.
Messerwerfer!
Zur Perfektion hatte er diese Kunst entwickelt. Er schwebte auf Wolken, und immer wieder kehrte diese Zeit in seinen Träumen zurück. Sie war so wunderbar gewesen, bis zu dem Tag, an dem sich alles änderte.
Und genau dieser Abend kehrte ständig zurück. Er war in den Träumen präsent, es waren grelle Bilder in schrillen Farben, und er blieb im gleißenden Licht der Manege
Weitere Kostenlose Bücher