Der Dämonen-Gnom
Zumindest waren wir die einzigen Fremden, und auch unser Renault, der Leihwagen, fiel unter den anderen, den Trucks, auf.
»Müde?« fragte Suko, der feststellte, daß ich nicht viel sprach.
»Es geht.«
»Soll ich uns was zu essen holen?«
»Kannst du machen.«
Der Inspektor stand auf und ging dorthin, von wo ihm der Essensgeruch entgegenwehte. Eine Mischung aus frischem Kaffee und gebratenem Speck und Eiern. Suko bestellte zweimal Frühstück. Er packte alles auf ein Tablett und kehrte zu mir zurück.
Ich lächelte ihm zu, als er die Teller verteilte. Auf ihnen bruzzelte noch der Speck, und auch die Eier sahen sehr frisch aus. Brot hatte er ebenfalls mitgebracht, das wir brachen und dann teilten. Ich war auch dankbar für den frischen Kaffee und faltete die Karte wieder zusammen, die ausgebreitet auf dem Tisch gelegen hatte.
Suko blickte mich unter hochgezogenen Augenbrauen an. »Hast du die richtige Strecke herausgesucht?«
»Es ist dabei geblieben.«
»Mit welcher Fahrzeit rechnest du?«
Ich aß erst meinen Mund leer und sagte dann: »Das weiß ich nicht genau. Nachmittag wird es wohl werden. Wir müssen nach Südwesten und können nicht an der Küste bleiben.«
»Abseits der Touristenrouten?«
»Sicher.«
Schweigend aßen wir weiter. Ich war froh über den heißen Kaffee, er wärmte mich durch und machte mich munter.
Und nach diesem reichhaltigen Frühstück rauchte ich noch eine Zigarette, wobei ich mir von Suko mehrere schiefe Blicke einfing, die ich lächelnd überging.
»Hast du schon gezahlt?«
Er nickte.
»Dann trinke ich leer, und wir können starten.«
»Nach dem Tanken.«
Eine Tankstelle befand sich gleich nebenan. Wir gaben auch dem Renault Futter und schauten uns dabei in der Gegend um. Noch befanden wir uns auf einer gewissen Höhe, die einen herrlichen Blick auf die verschneiten Gipfel erlaubte. Aber wir sahen auch hinein in die tiefer liegenden Täler und entdeckten die kleinen Dörfer. Der Wind trug uns aus einem der Täler das Geläut der Glocken zu, was in der noch klaren Luft wunderbar anzuhören war.
Die mehr als zweihundert Kilometer würden sich hinziehen, davon war ich überzeugt, aber viel mehr beschäftigte mich die Frage, was uns in Campeto erwartete. Wenn die Befürchtungen des Abbés eintrafen, dann konnte es die Hölle werden.
Wir stiegen wieder ein, und diesmal übernahm Suko das Lenkrad. Die Karte hatte er sich auf die Knie gelegt, denn ich wollte die Zeit nutzen und noch ein kleines Nickerchen machen. Wer weiß, wann ich wieder dazu kam.
»Ich sage dir Bescheid, wenn die ersten Dämonen kommen«, meinte Suko, der sah, daß mir schon die Augen allmählich zufielen.
»Ja, bitte. Aber vergiß es nicht.«
»Keine Sorge, ich teile den Ruhm gern.«
Ich hörte noch sein Lachen, dann sackte ich weg. Es freute mich noch immer, auch in extremen Situationen schlafen zu können. Da war die Aufregung eben zurückgedrängt worden, und der Körper forderte sein Recht.
Traumlos schlafen war mir leider nicht vergönnt. Und so träumte ich von irgendwelchen Szenen, die schlaglichtartig durch meinen Schlaf huschten. Ich sah immer noch den Abbé im Zentrum, die Hände um den Würfel gekrallt, der urplötzlich explodierte, als ihn eine andere Kraft unter Kontrolle gebracht hatte.
Da flog er auseinander, und die Detonationswelle erfaßte den Abbé, zerriß ihn in zahlreiche Teile, die durch die Luft segelten und sich beim Herabkommen wieder zu mehreren kleinen Abbé Blochs, mit ebenso kleinen Würfeln, zusammensetzen.
Dieser Traum wiederholte sich einige Male, und schließlich riß er mich aus meinem Zustand. Etwas schaukelte unter mir, es war kein Boot, sondern der weich gefederte Wagen, der von Suko über eine relativ schlechte Wegstrecke gelenkt wurde.
Ich streckte meine Arme nach vorn, schüttelte mich und rieb mir die Augen.
»Willkommen«, sagte mein Freund. »Schön, daß du von allein wach geworden bist.«
»Wolltest du mich denn wecken?«
»Das hatte ich vor.«
»Dann sind wir da?«
»Beinahe.«
Ich war wieder halbwegs auf der Reihe, um mir die Umgebung anschauen zu können. Der Blick aus dem Seitenfenster zeigte mir, daß wir nicht mehr von den hohen Bergen umgeben waren. Wir rollten durch ein breites Tal. Zwar waren die Berge noch zu sehen, aber sie grüßten aus dem Hintergrund als verschwommene Gebilde, denn die klare Luft hatte sich längst zurückgezogen. Wir rollten durch einen ziemlich trüben Tag, der sich der Umgebung, der frühwinterlichen
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