Der Dämonen-Gnom
eigentlich nichts tat und auch noch nie zuvor mit ihnen gearbeitet hatte. Und zum erstenmal spürten sie auch bei Tageslicht diese unheimliche Aura, die dieser Ankommende abstrahlte.
Sie fürchteten sich und reagierten dabei nicht anders als die Menschen, denn sie zogen sich zurück. Sie verkrochen sich in ihren Käfigen, denn sie wollten nicht mit einem kalten dämonischen Blick bedacht werden.
Pablo aber ging es gut.
Er freute sich über die Reaktion. Er hatte stets davon geträumt, Furcht und Schrecken zu verbreiten. Sehr lange hatte er warten müssen, diese Zeit war nun vorbei. Deshalb genoß er seinen Weg wie der Sänger seinen Auftritt. Er trat dicht an die Käfige heran, um die Verhaltensweisen der Tiere zu studieren.
Er hatte sich den Käfigwagen mit den Wölfen ausgesucht. Der landläufigen Meinung nach waren sie die gefährlichsten Tiere und griffen, wenn sie hungrig waren, auch Menschen an. Im Zirkus war das noch nie vorgekommen. In diesem Fall aber verhielten sie sich völlig anders als sonst.
Sie legten sich auf den Boden, wälzten sich hin und her und versuchten dabei, die Köpfe in ihrem Fell zu vergraben. Die böse Aura erreichte auch sie, und der Gnom stand breit grinsend vor dem Gitter.
Er genoß es, mächtig zu sein, und er ging dann langsam weiter zu den Hunden.
Auch hier bot sich ihm das gleiche Bild. Die Tiere, große Steppenhunde und nicht leicht zu zähmen, zogen sich zurück. Sie wimmerten und heulten leise, als würden sie Schmerzen verspüren.
Katzen fauchten nicht in ihrem Käfig. Sie hatten sich in die dunkelsten Stellen verkrochen, wo sie am wenigsten auffielen und möglichst weit weg von der Gefahr waren.
Er atmete tief durch. Die kalte Luft rann wie Schleim durch seine Kehle.
Hinter der Stirn rauschte das Blut, sein Puls schlug schneller, das Herz ebenfalls, aber er zitterte nicht mehr. Er hatte diesen Auftritt ebenso genossen wie den Beifall des Publikums, wenn er als trauriger Clown mit einer verblühenden Rose in der Hand erschien und ihn unter der Schminke niemand erkannte.
Pablo spitzte die Lippen. Durch schnalzende Geräusche wollte er die Katzen locken, was er auch sonst immer tat. Sie hatten sich an ihn gewöhnt, sie gehorchten ihm, sie kamen dann, denn zu ihnen hatte er das beste Verhältnis.
An diesem Morgen waren sie alles andere als zutraulich. Sie blieben an ihren Plätzen, sie wollten nicht aufstehen, die Furcht drückte sie nieder.
Pablo aber drehte sich um.
In diesen Momenten war er zufrieden, hochzufrieden sogar, aber sehr tief in seinem Innern war doch die Furcht zurückgeblieben, und sie würde sich nicht ohne weiteres vertreiben lassen.
Deshalb beeilte er sich, an einen sicheren Platz zu gelangen. Er schaute den Hügel hoch, wo sich auf der flachen Kuppe der Umriß der Kapelle abmalte.
Pablo haßte die Kirche. Am liebsten wäre er hingegangen und hätte das Kreuz abgerissen und damit noch seine Feinde erschlagen. Nicht jetzt, möglicherweise würde sich ihm die Chance noch bieten. Zuvor diente ihm der Friedhof als Versteck. Er wußte auch, wann er ihn verlassen mußte, um sich für seinen Auftritt vorzubereiten. Das stand alles fest, diese Regeln wollte er auch einhalten. Zuvor aber… ja, was war zuvor?
Pablo wußte es nicht. Er würde es erkennen. Und so machte er sich auf eine längere Wartezeit gefaßt. Er versteckte sich wie ein gejagtes Tier im Schatten der alten Mauer, und aus seinen bösen Augen starrte er in die Landschaft hinein, mordlüstern und gnadenlos…
***
Himmel, die Reise hatte schon an unseren Kräften gezehrt, besonders die Fahrt über die Berge. Als wir sie hinter uns hatten und die ersten Täler auf der spanischen Seite erreichten, waren wir beide der Meinung, eine Pause verdient zu haben.
In der zurückliegenden Nacht hatten wir jeder höchstens drei Stunden geschlafen. Je früher wir wegkamen, um so besser war es für uns.
Es hatte zum Glück nicht geschneit. Die Straßen waren auch nicht vereist gewesen. Diesmal stand der Wettergott auf unserer Seite. Er hatte uns einen herrlichen Rundblick beschert, der sich dann allerdings eintrübte, als wir Spanien erreichten.
Dicke Wolken verdeckten die Sonne, aber sie brachten Gott sei Dank keinen Nebel mit.
Ich wärmte meine Hände an einem hohen Becher, der mit frischem Kaffee gefüllt war. Durch die Fensterscheibe glitt mein Blick in die rauhe Landschaft, die so wenig Grün zeigte, karg wirkte, felsig, braun, auch grau und staubig. In der kleinen cantina saßen kaum Gäste.
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