Der Dämonen-Gnom
wenn wir feiern.«
»Das denke ich schon.«
Wir gingen weiter. »Sie feiern?« fragte ich.
»Ja, immer. Das heißt, wenn das Jahr gelaufen ist. Es wird ein Fest in der Manege, aber ohne Publikum.« Sie seufzte. »Wobei ich glaube, daß es heute dazu nicht mehr kommen wird.«
Da waren auch wir skeptisch und machten ihr deshalb keinen Mut. Die Garderobe hatten wir erreicht, und Michaela führte uns dorthin, wo sich der Gnom zurechtmachte. Es gab keine Tür. Da brauchte nur eine Plane zur Seite geschoben werden, was Ela auch tat. Sie hatte dabei eine Gänsehaut bekommen. Nur kurz schaute sie durch den Spalt, dann zuckte sie zurück.
»Er ist schon da!«
»Gut.«
Sie hielt mich fest. »Wollen Sie nachschauen?«
»Ja, ich will ihn sehen.«
Suko zeigte durch sein Nicken, daß auch er einverstanden war. Er blieb bei Ela Santini, und ich betrat die Garderobe…
***
Der Gnom hatte sich nicht umgedreht, mich aber trotzdem gesehen, und zwar im Spiegel. Er war groß genug, um ihm einen Blick durch die gesamte Garderobe zu erlauben. Zudem wirkte er auf mich größer, als er wohl tatsächlich war. Das mochte an dem hochgedrehten Hocker liegen, auf dem er saß. Wir schauten uns an.
Im Spiegel sah ich seinen im Verhältnis zum Körper großen Kopf mit dem breiten, sehr flach wirkenden Gesicht, und die Lippen kräuselten sich zu einem kalten Lächeln. Er war noch nicht geschminkt, das Hemd hatte er ausgezogen. Um seinen Hals hatte er einen Latz gebunden. So wirkte er auf mich wie ein Kind mit dem Kopf eines Erwachsenen, und ich mußte mich tatsächlich erst an das Bild gewöhnen.
»Wer immer du bist, tritt näher, denn ich habe dich schon erwartet«, sagte er.
»Tatsächlich?«
»Du bist Engländer?«
»Richtig geraten.«
»Dann bist du der, der mich töten will.« Er sagte es und lachte. Dabei ballte er die Hände zu Fäusten, schlug sie auf und ab, ohne jedoch etwas zu berühren, und amüsierte sich köstlich, was ich wiederum nicht begriff. Er hatte seinen Mund weit geöffnet, aber das Lachen blieb sehr leise und kichernd.
Ich schaute im Spiegel zu und wartete mit meiner Antwort, bis sich sein Mund geschlossen hatte. »Wie kommst du darauf, daß ich dich töten will, Pablo?«
»Weil ich es ahnte.«
»Woher?«
»Man hatte mich gewarnt.«
»Die vier Totengeister?«
»Genau die.« Er dreht sich auf dem Schemel um, und plötzlich blickte ich in die Mündung einer Pistole. Mochte der Teufel wissen, wo er die Waffe verborgen gehabt hatte, mich jedenfalls hatte er damit überrascht.
Ich blieb starr stehen und hörte ihm zu, während ich ihn gleichzeitig beobachtete. »Nur eine kleine Bewegung meines Zeigefingers, Mister. Nur eine winzige Bewegung, ein leichtes Zucken, und es hat dich gegeben. Weißt du das?«
»Sicher.«
»Auch Zwerge können killen, und es würde mich überhaupt nicht belasten, dich jetzt zu töten. Aber ich werde es nicht tun, ich werde mir nicht selbst den Spaß verderben, der viel größer sein wird als dein Tod. Du bist genau zum rechten Zeitpunkt gekommen, denn du wirst erleben können, wozu die andere Seite fähig ist.«
»Meinst du?«
»Es ist alles abgesprochen.«
»Wo und wann?« fragte ich.
»Laß dich überraschen. Es wird am besten sein, wenn du dir die Vorstellung anschaust. Und noch etwas: Sage deiner kleinen Freundin Santini, daß auch sie geholt wird und sie keiner retten kann, denn die Macht der Toten ist stärker.«
»Wie bei Cäsar?«
»Wie bei ihm.«
»Und warum das alles?«
Der dämonische Gnom lachte breit. »Ich will es dir sagen. Es steht so in den Annalen der Hölle geschrieben. Die Zeit ist für die Rückkehr der mächtigen Dämonen einfach reif…«
»Dazu zählst du deine vier Helfer?«
»Sicher. Aber hast du sie gesehen?« Seine Augen zeigten beinahe die doppelte Größe, so überrascht war er worden.
»Ja.«
»Du lebst noch?«
»Wie du siehst. Aber ich will wissen, wer sie sind. Sie leben nicht mehr, sie sind tot, aber sie kehrten zurück. Sicherlich nicht im festen Zustand, sondern als Geister. Warum sind sie zu ihrem Mörder gekommen? Sie hätten dich hassen und mit dir abrechnen müssen.«
Er schüttelte seinen großen Kopf, was bei ihm schon mehr einem Pendeln glich. »Nein, so kannst du nicht reden. Das ist die Logik der Menschen, aber nicht ihre.«
»Wie sieht die denn aus?«
»Sie wollten den Tod durch meine Waffen. Sie haben ihn herausgefordert, um zurückkehren zu können. Ich gab ihnen nur das, was sie wollten, denn ich bin der Sohn meiner
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