Der Dämonen-Gnom
den Tisch. »Sie sind aber nicht von der richtigen Polizei. Die muß von hier kommen. Die Männer müssen alles untersuchen. Bitte, ich kann nicht mehr anders. Ich bin am Ende, ich weiß nicht, was ich machen soll.«
»Nur die Nerven behalten.«
»Sie haben gut reden.«
Michaela Santini sprach Englisch. Ihr Gesicht blieb ohne Regung. Hin und wieder zuckte sie lediglich mit den Augenbrauen. Sie versuchte erst gar nicht, uns eine Erklärung zu geben, vielleicht wußte sie auch keine, aber sie drängte die Gedanken an den grauenvollen Tod des dunkelhäutigen Riesen zurück und sprach zunächst über sich selbst.
»Ich werde nicht auftreten können.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das schaffe ich nicht. Es ist unmöglich. Ich könnte mich nicht konzentrieren. Ich müßte immer wieder an den toten Cäsar denken und an diesen verdammten Gnom.« Sie schluchzte auf, senkte den Kopf und fing leise an zu weinen.
Wir ließen sie erst einmal in Ruhe. Das Weinen würde ihr sicherlich guttun. Dafür wandte ich mich an Suko mit einer geflüsterten Frage. »Hat sie schon etwas über den Gnom berichtet?«
»Noch nicht.«
»Sie wird ihn kennen.«
Er hob die Schultern. »John, dieser Zwerg ist ein Kollege von ihr.«
»Ja, ja, und das ist gut. Wir werden sie fragen müssen, wo wir ihn finden können. Dann holen wir ihn noch vor Beginn der Vorstellung.«
Der Inspektor lächelte. »Mit welcher Begründung?«
»Wieso?«
»Himmel, du mußt einen Grund haben, wenn du ihn festnehmen willst. Oder willst du einfach hingehen und behaupten, daß dieser kleine Mensch ein böser Killer ist? Wer würde dir glauben? Denk darüber nach. Wer würde dir das abnehmen?«
»Kommt es darauf an?«
»Ja, es kommt darauf an. Du kannst hier nicht einfach in das Gefüge einbrechen. Die Zirkusleute würden alle gegen uns sein, es gibt keine Beweise dafür, daß er diesen Mann getötet hat.«
Sukos Einwände hatten mich nachdenklich gemacht. »Was ist denn mit Michaela?«
Die putzte ihre Nase, steckte das Taschentuch wieder weg und schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts gesehen«, flüsterte sie. »Ganz und gar nichts, wenn ihr versteht. Ich kann euch wirklich nicht sagen, wer ihn getötet hat.«
»Sie haben also nichts gesehen.«
»So ist es.«
Ich hakte trotzdem nach.
»Keinen, der in diesen Wagen einstieg und das Verbrechen verübte?«
»Ich hatte meinen Auftritt.«
Natürlich! Wie konnte ich so etwas nur vergessen. Sie hatte ihren Auftritt gehabt, es gab keine Zeugen, aber es gab ein Wissen und auch Vermutungen. Die Zeit, um mit ihr darüber zu reden, hatten wir noch, und deshalb erkundigte ich mich nach ihren Verdachtsgründen und auch nach dem Wissen.
»Cäsar hat mit mir über seine Angst gesprochen«, fing sie flüsternd an zu reden. »Meine Güte, dieser große Mann war von einer grenzenlosen Furcht befallen. Er wußte viel, möglicherweise sogar alles, nur ist er nicht mehr dazu gekommen, mit mir darüber zu sprechen. Es war plötzlich alles anders, verstehen Sie?«
»Nein, aber reden Sie weiter.«
»Er wollte mich nicht mit hineinziehen. Ich habe ihn gedrängt, mir alles zu sagen. Er hat es nur teilweise getan, aber er glaubte fest daran, daß Pablo, der Gnom, die Fäden zieht. Er ist derjenige, um den sich alles dreht. Aber er ist nicht sein Mörder. Das hätte er niemals geschafft, begreift ihr das?«
»Sicher.«
»Und ich will wissen, wer Cäsar dann getötet hat. Ich kann es mir nicht vorstellen.«
Aber wir konnten es uns. Ich dachte darüber nach, ob es Sinn hatte, mit Michaela über dieses Thema zu sprechen und entschied mich dafür, es nicht direkt zu tun, sondern mich vorsichtig heranzutasten. Suko beschäftigte sich mit den gleichen Gedankengängen wie ich, und er war schneller als ich, deshalb überließ ich ihm auch das Feld. »Könnten Sie sich denn vorstellen, daß es jemand hier in der Nähe gibt, der so etwas tut?«
Sie überlegte einen Augenblick. »Hier im Zirkus?«
»Zum Beispiel.«
»Nein, kann ich nicht.«
»Bitte, denken Sie nach!«
»Sie müssen mir glauben«, sagte die Frau gequält und zerfurchte mit den Fingern ihre Gesichtshaut. »Da gibt es nichts, was ich Ihnen darüber sagen kann. Es sind hier nicht alles meine Freunde, das stimmt schon, aber eine derartige Tat traue ich keinem zu.«
»Auch dem Gnom nicht?«
»Das schafft er doch nicht!« keuchte sie. »Vergleichen Sie die beiden doch in ihrer Körpergröße.«
»Da haben Sie recht«, sagte Suko.
Ich michte mich ein. »So weit gebe
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