Der Dämonen-Gnom
ich.
Es stimmte, er brauchte nur den Finger zu krümmen, und die Kugel durchschlug meinen Körper.
»Geh! Das sage ich nicht zweimal!«
Und ich zog mich zurück. Ich sah dabei aus wie ein Verlierer, nur kam ich mir nicht so vor. Nein, noch hatte ich nicht verloren, aber es gibt Situationen, wo man schlauer sein muß.
Suko und Michaela hatten auf mich gewartet. Etwas blaß waren sie um die Nasen herum. »Du hast es lange ausgehalten«, sagte mein Freund.
»Wir hörten euch reden.«
»Ich war nicht ganz freiwillig dort.«
»Was ist passiert?«
»Laßt uns gehen, ich werde euch alles erzählen.« Zu siegessicher war ich nicht, das bewiesen die Schweißperlen auf meiner Stirn…
***
Ich hatte mir einen guten Platz ausgesucht, denn ich stand hinter einer halbhohen Bailustrade, die den Bereich der Manege von dem des Auftrittswegs der Künstler trennte. Wer in die Manege einlief, tat das rechts von mir, denn dort wurde dann der Vorhang von den Helfern aufgehalten, damit die Akteure den nötigen Platz hatten.
Ich wartete, und die Spannung in mir wuchs von Sekunde zu Sekunde, denn ich wußte, daß der Gnom als nächster auftreten würde. Die kleine Pause war vorbei, die Zuschauer saßen wieder auf ihren Plätzen und schauten in die Arena hinein, die im Schein starker Lampen lag und keinen Schatten bildete.
Um mich herum war es nicht still. Stimmen summten, man sprach sich noch einmal ab, und als letzte Gruppe vor der Pause waren die Hochseilartisten aufgetreten.
Die beiden Männer und die Frau hatten ihre Kunststücke dicht unter der Kuppel vorgeführt, und dort schaukelten noch die beiden Trapeze. Die fest im Boden verankerte Plattform war nicht abgebaut worden. Zu ihr führte eine schmale Leiter hoch, und genau diesen Weg hatte mein Freund Suko benutzt. Der Platz dort oben war aus zweierlei Gründen günstig. Zum ersten lag er im Schatten, denn die Zuschauer sollten bei den Vorführungen das Gefühl haben, als würden die Artisten aus dem Nichts springen, denn von den Rängen her war die Plattform nicht zu sehen. Zum anderen hatte Suko von dort oben einen phantastischen Überblick, er konnte alles sehen und unter Kontrolle halten, mich eingeschlossen, und ich hatte ihm mehrmals zugewinkt.
Alle warteten auf den Clown, Suko und ich eingeschlossen. Wohin sich Michaela Santini verdrückt hatte, war mir nicht bekannt, doch kaum hatte ich an sie gedacht, da erschien sie schon wie ein heranhuschender Engel neben mir.
Ich hatte damit nicht gerechnet und schrak zusammen, als sie mich plötzlich anlächelte.
»Ich bleibe jetzt hier, John.«
»Nein, das kann ins Auge gehen.«
So zart oder klein sie war, so dickköpfig stellte sie sich auch an. »Irrtum, John, es wird nichts ins Auge gehen. Ich bleibe, denn das bin ich Cäsar einfach schuldig.«
»Okay, wenn du meinst.«
»Und ob ich das meine.«
Es gefiel mir nicht. Ich rechnete mit einem verdammt gefährlichen Vorgang. Dieser Gnom würde es allen zeigen. Erfühlte sich wahnsinnig sicher, er war genau derjenige, der von den anderen Menschen sein Leben lang an die Wand gedrückt worden war und sich nun aufraffte, um es allen heimzuzahlen. Daß dabei Blut fließen würde, war ihm egal, aber uns nicht, denn wir wollten nicht nur ihn stoppen, sondern auch die vier Totengeister mit den mörderischen Messern.
Meine Gedanken wurden von einer schräg klingenden Musik unterbrochen. Es wurde das Lied gespielt: ›O mein Papa…‹, und das war genau der Song, den der Gnom gebraucht hatte.
Er kam.
Er war der König, er trat auf, er war Clown und Held zugleich, wie er in die Manege watschelte mit seinen viel zu großen Schuhen, die so aussahen, als könnte er sie kaum vom Boden abheben. Er trug in der rechten Hand eine dunkelrote Rose. Sein Hemd war rot-weiß gestreift.
Die dunkle Hose mit den bunten Flicken umschlackerte seine Beine, und der Saum schlug bei jedem Tritt auf die breiten Schuhe. Sein Gesicht war zu einer weißen Maske geworden, während der Mund wiederum in einer knallroten Leuchtfarbe breit geschminkt worden war.
Er war der Sieger, ihm gehörte die in der Pause frisch geharkte Manege, und die Musik verstummte, als er die Mitte des Kreises erreicht hatte, wo er auch stehenblieb.
Er verbeugte sich.
Viermal tat er dies, und als er in meine Richtung schaute, duckte ich mich.
»Das macht er immer«, flüsterte Ela mir zu.
Ich kam langsam wieder hoch. Der Clown genoß noch den Beifall, bewegte dann seine Hände und war plötzlich ein Dirigent, der keine
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