Der Dämonen-Parasit
Vereinsfarben.
Die Fahne des Gegners lag auf dem Boden. Vor Wut trampelten sie darauf herum und stimmten wilde Gesänge an. Die Liverpooler Schlachtenbummler waren ebenso berüchtigt wie die aus Glasgow. Schon oft hatte es Verletzte gegeben, wenn die Mannschaft aus der Stadt der Beatles spielte.
Wir hatten den Bentley in der Nähe der Eingänge geparkt, wo normalerweise kein Zuschauer sein Fahrzeug abstellen durfte. Sir James hatte darauf bestanden. Wenn es hart auf hart kam, wollten wir so rasch wie möglich starten können. Ich fuhr.
Geschlafen hatte ich schlecht, zudem nur zwei Stunden, und unter meinen Augen hatten sich Ringe in die Haut gegraben. Suko, der neben mir saß, sah nicht besser aus. Sir James im Fond wirkte wie immer. Als die etwa hundert Schlachtenbummler den Silbergrauen sahen, begannen sie zu pfeifen, aber sie hielten sich zurück, und für die Bobbies auf den Pferden bestand kein Grund, einzugreifen. Der Bentley rollte aus, und wir verließen den Wagen. Sofort kamen zwei Uniformierte auf uns zu und fragten nach der Genehmigung, hier parken zu dürfen.
Sir James übernahm die Erklärung. Als die Polizisten erfuhren, wen sie vor sich hatten, standen sie stramm.
Der Superintendent nickte. Dann stellte er seine Fragen. »Wie viele Ihrer Kollegen sind aufgeboten?«
»Vier Hundertschaften.«
»Und das reicht?«
»Wir hoffen es, Sir.«
»Wann treffen normalerweise die ersten Zuschauer ein?« wollte Sir James wissen.
»Wenn man die der Gastmannschaft nicht mitzählt, in etwa einer Stunde, Sir.«
»Danke. Und achten Sie auf das Fahrzeug, damit es nicht beschädigt wird.«
»Selbstverständlich, Sir.«
Unser Chef kam zu uns. »Wir haben noch genügend Zeit, um uns das Stadion genau anzuschauen«, erklärte er. »Vor allen Dingen die unterirdischen Anlagen.«
»Daran hatte ich auch gedacht, Sir.«
Der Superintendent schaute mich an. »Versuchen Sie alles. Finden Sie die verdammten Schatten, bevor das Spiel angepfiffen wird. Es wird sonst die Hölle.«
»Ich weiß.«
Der Stadionverwalter hatte Bescheid bekommen, und wir sahen schon bald einen Mann im blauen Trainingsanzug auf uns zuschlendern. Er war ungefähr fünfzig Jahre alt, hatte eine sonnenbraune Haut und wirkte sehr sportlich. Sein schon weißgraues Haar lag auf seinem Kopf wie die Mähne eines Löwen.
»Sind Sie die Gentlemen vom Yard?« erkundigte er sich und blieb vor uns stehen.
Wir bejahten.
»Wenn Sie die Kabinen und die Anlagen unterhalb des Stadions besichtigen wollen, sind Sie noch rechtzeitig gekommen. Eine Stunde später wäre es schlecht gewesen.«
»Dann schließen Sie bitte auf«, verlangte Sir James. »Sicher.«
Der Mann ging vor. Wir folgten ihm und wurden vom Johlen der Liverpooler Schlachtenbummler begleitet. Die Besitzer der Kioske öffneten ihre Läden und stellten Fahnen und zahlreiche andere Souvenirs, wie Wimpel, Sticker und Aufkleber nach draußen. Es war ein etwas trüber Tag. Ziemlich kalt, aber es regnete zum Glück nicht.
»Wie lautet eigentlich Ihr Name?« erkundigte sich Sir James, bevor der Mann ein Tor aufgeschlossen hatte.
»Slim Latimer.«
»Danke, Mr. Latimer.«
Das Tor quietschte. Es bestand aus Eisengittern, die bereits Rost angesetzt hatten. Wir gingen durch einen Torbogen, dann ein Stück geradeaus und befanden uns in der Arena.
Ich blieb stehen. Die Sekunden mußte ich mir gönnen, um das Ereignis auszukosten.
Der Rasen schimmerte in einem satten Grün. Noch heute hätte ich gern auf ihm gespielt. Strafraumbegrenzung und Mittelkreis leuchteten weiß. Der Wagen mit der Kreide war erst vor einigen Stunden über den Platz gefahren.
Gewaltig hoben sich die Ränge vom Boden ab. Noch waren sie leer. In einigen Stunden jedoch begann hier eine regelrechte Hölle. Dann würde jeder Platz besetzt sein und die Masse der Zuschauer wie eine gewaltige Woge auf-und niederbranden.
Ein wirklich tolles Erlebnis.
Leider waren wir dienstlich hier. Ich konnte die Zeit auch nicht mehr zurückdrehen. Meine Jugend war nun mal vorbei und damit auch das Fußballspielen, obwohl es mir so manches Mal noch in den Füßen juckte.
»John, träumen Sie?«
Ich drehte mich um. »Ein wenig, Sir James.«
Unser Chef lächelte. »Sie hätten hier auch gern gespielt, nicht wahr?«
»Das ist wohl der Traum eines jeden ballspielenden Jungen. Ich mache da keine Ausnahme.«
»Denken Sie an die Schatten.«
»Selbstverständlich, Sir.«
Slim Latimer führte uns nach rechts. Wir schritten an den Tribünen mit der
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