Der Dämonen-Turm Traumtor-Trilogie Band I (German Edition)
es schwer sein, ihr Erlebnis mit Zolkar zu vergessen. Du verstehst, was ich meine! Also denke an meine Worte, wenn sie wieder zu sich kommt. Ich lasse Euch jetzt allein, denn es gibt viel, was noch zu tun ist. Der Krieg ist vorbei und ich muss so schnell wie möglich nach Valamin zurück. Mein Volk braucht mich jetzt!“
Nachdem er gegangen war, saß Targil nachdenklich an Deinas Lager. Rowins Worte gingen ihm nicht aus dem Sinn. Gewiss, er würde alles tun, um Deina wieder glücklich zu machen. Aber er selbst, würde er je vergessen können, wie er sie in Zolkars Armen gesehen hatte und warum sie versucht hatte, sich zu töten? Zwar sagte ihm sein Verstand und seine eigene Erfahrung, dass sie nichts dagegen hatte tun können, aber sein Herz würde sich stets an diesen Anblick erinnern und seine Phantasie würde Bilder vor seine Augen rufen, wie dieser Unhold ihr seinen Willen aufzwang. Würde er das vor ihr verbergen können?
Der eintretende Arzt unterbrach Targils Gedanken. Er wollte noch einmal nach Deina sehen, bevor er schlafen ging. Sie war immer noch nicht wieder zu sich gekommen, doch der Arzt führte das nicht auf die Verwundung zurück.
„Sie hat Schweres erlebt“, meinte er, bevor er ging. „Ihre Seele ist erschöpft und so flüchtet sie sich in das Vergessen der Ohnmacht. Es wird ihr wohltun.“
Es war still geworden im Lager, und Targil verfiel wieder in seine fruchtlosen Grübeleien. Plötzlich sprang er auf. Es schien ihm auf einmal, als könne er in diesem Zelt nicht mehr atmen. Er war es nicht mehr gewöhnt, unter einem Dach zu sein, auch wenn es nur aus Stoff war, und es kam ihm vor, als sei er eingesperrt. Er musste hinaus, musste frei atmen, den Himmel über sich sehen! Vielleicht gelang es ihm, in der Stille der Nacht zu sich selbst zu finden.
Leise trat er aus dem Zelt. Schweigen lag über dem Lager, und nur an seinem Rand brannten vereinzelte Wachtfeuer. Niemand sah Targil, als er zu seinem Pferd ging und es sattelte. Unbemerkt von den Wachen verließ er das Lager.
Die Nacht war stockfinster, und sobald sich der Lichtschein der Wachtfeuer verlor, konnte Targil kaum noch die Hand vor Augen sehen. Trotzdem trieb er Kor an und jagte in halsbrecherischem Galopp in die Dunkelheit hinein. Der Nachtwind kühlte seine brennende Stirn und trug seine selbstquälerischen Gedanken mit sich davon. Targil fühlte sich auf einmal frei und losgelöst, und er genoss den nächtlichen Ritt wie ein Verdurstender einen Trunk frischen Wassers. Lange eilte er so dahin, alles um sich herum vergessend.
So war er sehr ungehalten, als Kor plötzlich langsamer wurde und dann ganz stehen blieb.
„Was ist los?“ fragte er ärgerlich. „Bist du böse, dass ich dich aus dem Schlaf gerissen habe? Los, mein Freund, ich will noch ein Stückchen weiter!“ Und er setzte dem Pferd die Fersen in die Weichen.
Kor machte einen entsetzten Satz nach vorn, doch dann blieb er wieder stehen, tänzelnd und schnaubend. Targil überfiel ein völlig unsinniger Zorn. Wütend schlug er dem Tier die Zügel um die Ohren. Wiehernd bäumte sich Kor auf und Targil wurde aus dem Sattel geschleudert.
Sein Schrei gellte durch die Nacht, als er merkte, dass er in einen Abgrund fiel. Bei seinem Sturz riss er Felsbrocken und Geröll los, die mit donnerndem Gepolter mit ihm in die Tiefe stürzten. Schwer schlug er auf dem Grund der Schlucht auf, und eine Lawine von Steinen und Erde sauste über ihn hinweg. Targil fühlte noch einen schweren Schlag auf seinem verletzten Schenkel, und der Schmerz durchfuhr sein Bein wie eine glühende Klinge. Dann verlor er das Bewusstsein.
Oben auf dem Rand des Abgrunds lief der treue Kor hin und her. Immer wieder klang sein Wiehern auf, als riefe er nach seinem Herrn. Doch keine Antwort kam vom Grund der Schlucht. Das kluge Tier hatte den Abgrund gewittert und sich daher geweigert weiterzulaufen. Nur die Schläge auf die empfindlichen Ohren hatten es zum Aufbäumen gebracht. So war durch Targils unsinnigen Zorn das Unheil heraufbeschworen worden.
Als Kor merkte, dass sein Herr nicht wieder kam, drehte er sich herum und galoppierte zurück zum Lager. Doch die stockfinstere Nacht wurde auch für das treue Tier zum Verhängnis. Kor geriet mit dem rechten Vorderhuf in ein Kaninchenloch und stürzte. Mühsam kam er wieder auf die Beine, doch als er das verletzte Bein aufsetzen wollte, schnaubte er vor Schmerz. Doch er hatte noch Glück im Unglück gehabt, denn das Bein war nicht
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