Der Daleth-Effekt
Arbeit.«
»Es war nicht einfach. An die Unterlagen in Militärlazaretten ist schwer heranzukommen. Ich hatte gewisse Ausgaben …«
»Überlassen Sie mir nur Ihren Zettel, und Sie bekommen Ihr Geld, keine Sorge. Aber jetzt zur Preisfrage, wenn ich mal so sagen darf – was hat all die Verletzungen verursacht?«
»Sie werden einsehen, daß das schwer festzustellen ist. Es hat mit einem Schiff zu tun, der Isbjørn, einem Eisbrecher.«
»Das möchte ich nicht gerade als große Neuigkeit bezeichnen. Wir haben das vom ersten Tag an gewußt. Es muß doch mehr zu erfahren sein.«
»O ja, Sir. Die Isbjørn ist zur Marinewerft in Christianshavn hinübergeschleppt worden, wo sie repariert wird. Anscheinend hat sie irgendwelche Schäden an der Schiffshülle erlitten, vielleicht durch eine Kollision. Ich habe feststellen können, daß das, was den Schaden am Schiff hervorrief, auch die Verletzungen der Männer verursacht hat. Allein an diese Information heranzukommen, war außerordentlich schwierig, denn alles, was diese Affäre betrifft, ist der äußersten Geheimhaltung unterworfen. Und das läßt mich natürlich vermuten, daß hier etwas sehr Wichtiges in der Luft liegt.«
»Das glaube ich auch, Horst, das glaube ich auch. Es scheint eine große Sache für die Dänen zu sein; das Militär und die Regierung und sogar ein verdammter Eisbrecher sind darin verwickelt. Und wenn ich an diesen Eisbrecher denke, muß ich auch an Eis denken und an Rußland – und ich wüßte zu gern, was zum Teufel hier eigentlich vorgeht.«
»Sie haben also noch keine …?« Horst gestattete sich ein völlig humorloses Lächeln, das ein häßliches Durcheinander aus gelben Zähnen und Stahlprothesen enthüllte, in das sich ein Goldzahn verirrt hatte. »Ich meine, hätten Sie nicht gewisse Informationen durch die NATO bekommen müssen …?«
»Das geht Sie einen Dreck an. Sie sind hier, um mir Informationen zu bringen – nicht umgekehrt. Allerdings kann es nichts schaden, wenn Sie wissen, daß sich offiziell überhaupt nichts ereignet hat, und daß uns gegenüber auch niemand ein Wort darüber verlieren wird.«
»Das ist natürlich sehr undankbar«, sagte Horst kalt. »Nach allem, was Ihr Land für die Dänen getan hat!«
»Das kann man wohl sagen.« Baxter warf einen schnellen Blick auf seine goldene Armbanduhr. »Sie können mir heute in einer Woche Bericht erstatten – zur gleichen Zeit. Bis dahin müßten Sie eigentlich mehr herausgefunden haben.«
Schmidt überreichte ihm das Stück Papier mit den Namen. »Sie haben gesagt, Sie wollten das fotokopieren. Und dann geht es noch um das …« Er streckte Baxter die geöffnete Hand hin und lächelte kurz, ehe er sie wieder senkte.
»Geld – na, sagen Sie es ruhig, Horst. Geld. Wir brauchen uns dessen nicht zu schämen. Wir alle arbeiten um des Geldes willen, das die Welt in Schwung hält. Ich bin gleich zurück.«
Baxter nahm den Bogen und verschwand durch die Verbindungstür im Nebenbüro. Schmidt wartete. Er holte eine kleine Plastikschachtel aus der Tasche, entnahm ihr zwei weiße Tabletten und zerkaute sie. Baxter kehrte zurück und reichte ihm das Papier zusammen mit einem länglichen, unbeschrifteten Umschlag. Schmidt ließ beides in seiner Tasche verschwinden.
»Wollen Sie’s nicht zählen?« fragte Baxter.
»Sie sind doch ein Ehrenmann.« Er stand auf und nahm seinen Mantel, seinen Schal und seinen breitkrempigen Hut von dem Garderobenhaken in der Ecke. Ohne ein weiteres Wort verließ Schmidt das Büro durch die Tür, die auf den grauen nüchternen Flur führte. Draußen war kein Namensschild, sondern nur die Nummer 117. Anstatt zur Vorhalle abzubiegen, setzte er seinen Weg durch den Flur fort und ging dann eine Treppe hinab in die Bücherei des United States Information Service. Hier nahm er zwei Bücher aus dem Regal dicht bei der Tür, ohne auf die Titel zu achten, und zog seinen Mantel über, während die Bände eingetragen wurden. Als er einige Minuten später auf die Østerbrogade hinaustrat, hielt er sich dicht hinter einem Mann, der ebenfalls Bücher trug. Während sich der andere bald nach rechts wandte, bog er links ab und schritt gleichgültig am Friedhof der Garnison entlang zur Untergrundstation Østerport.
Im Bahnhof machte er die Runde: Er kaufte eine Zeitung am Kiosk neben dem Eingang, wandte sich um und musterte über den Zeitungsrand die Menschen, die nach ihm die Station betraten. Er ging zu den Toiletten am anderen Ende. Er schloß die Bücher und die
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