Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)
»Heinrich hat den Scheck vordatiert auf den
12. September 1996.« [27]
Der
4. September ist ein heißer Spätsommertag in Barcelona. Die Sonne brennt
vom wolkenlosen Himmel, und am Mittag zeigt das Thermometer bereits 28 Grad
Celsius an, als Heinrich Kieber und Helmut R. beim Notar an der Avinguda Diagonal 458 eintreffen. Helmut R. wird von seinem
Anwalt begleitet. Im Vertrag, den der Notar beglaubigt, haben Kieber und Helmut
R. einen niedrigeren Kaufpreis festgeschrieben als die vereinbarten 63
Millionen Peseten.
»Ausgemacht
war, dass ein offizieller Kaufpreis von 29 Millionen Peseten im Kaufvertrag
steht und der Rest mit Schwarzgeld bezahlt wird. Wäre ein höherer Kaufpreis
dringestanden, hätte Heinrich mehr Steuern bezahlen müssen« [28] ,
sagt Helmut R. Sein Anwalt gibt zu Protokoll: »Als sein Anwalt habe ich meinen
Mandanten Helmut R. dreimal gefragt, ob er sich der Konsequenzen bewusst sei,
wenn er dem Notar den Erhalt der 29 Millionen Peseten bestätigt. Daraufhin
antwortete Herr R., dass er das mit dem Herrn Kieber geregelt habe. Er habe das
Geld zwar noch nicht erhalten, die Bezahlung werde aber später erfolgen. Das
bestätigte auch Herr Kieber selbst, der mir sagte, dass er in Befolgung von
Instruktionen seines Vaters entschlossen war, den Kaufpreis erst zu zahlen,
wenn die Grundbucheintragung erfolgt sei. Ich habe von dem mündlich
vereinbarten Kaufpreis von 63 Millionen Peseten schon vor dem Notariatsakt aus
Gesprächen mit meinem Mandanten erfahren.« [29]
»Der Notar
hat noch gefragt, ob wir nicht die Schecknummer in den Vertrag einfügen
wollen«, so Helmut R. »Da ich aber Vertrauen zu Heinrich hatte, habe ich dies
nicht für notwendig erachtet. Heinrich und ich sind dann auch gemeinsam nach
Ausfertigung des Kaufvertrags zur Bank gegangen. Dort habe ich den Scheck über
223.000 Franken eingereicht.«
Am Tag nach
dem Notariatstermin verlässt Kieber Spanien in Richtung Zürich. Wenige Tage
später taucht er auf Mallorca auf, wo er seit wenigen Wochen Eigentümer eines
weiteren exklusiven Apartments ist: einer schicken Maisonettewohnung an der Avenida de Joan Miró 123 in Palma mit Blick auf den Yachthafen. Der
Verkäufer ist ein französischer Adeliger, Henri E. C., von dem Kieber die
Immobilie zusammen mit den Aktien einer gibraltarischen Gesellschaft namens Lyonsia erwirbt. Kieber, unbeirrt und mutig wie immer, lädt
Helmut R. und seine Frau in seine jüngst erstandene Wohnung in Palma ein. Auf
der Terrasse genießen die drei die herrliche Aussicht auf den Hafen und feiern
den erfolgreich abgeschlossenen Immobilienhandel in Barcelona.
Noch während
des Besuchs auf der Baleareninsel erhält Helmut R. einen Anruf von seinem
Buchhalter: Der Scheck über 223.000 Schweizer Franken sei geplatzt. »Heinrich
hat daraufhin gesagt, es könne nur ein Irrtum der Bank sein, dass dieser Scheck
nicht eingelöst worden sei«, erzählt Helmut R.s Ehefrau Salud .
»Das haben wir ihm geglaubt, weil wir der Meinung waren, dass der Kläger ein
Hilti-Sohn ist, dass er reich ist, dass er Millionär ist.« [30]
Es ist nicht
das einzige Zeichen dafür, dass hier etwas gründlich schiefläuft. »Nach einem
Toilettenbesuch in Heinrichs Wohnung auf Palma de Mallorca wollte ich meine
Hände abtrocknen, und da hingen meine Handtücher! Handtücher aus meinem Haus!
Ich fragte Heinrich, wie die den Weg in seine Gästetoilette gefunden hätten. Da
erzählte er eine Geschichte, die ging ungefähr so: Er habe etwas in seinem
Gepäck vor Bruch schützen müssen und deshalb den Gegenstand mit den Handtüchern
eingewickelt, als er mal zu Besuch gewesen sei, und er wollte sie mir
zurückgeben, habe es aber vergessen.«
Kieber
treibt derweil die Besiegelung des Wohnungskaufs in Barcelona voran: »Ich war
um die Umschreibung im Grundbuchamt bemüht und veranlasste das dafür
Notwendige. In einer unglaublich kurzen Zeit, nämlich schon am
13. September 1996 wurde ich, Heinrich Kieber, als neuer Eigentümer im
Grundbuch eingetragen.« [31] Am 24. September [32] schließlich platzt auch der zweite Scheck. Derjenige, den Helmut R.,
ausgestellt auf Hauser Treuhand, nach Rorschach in der Schweiz hatte schicken
lassen. Nun steht Helmut R. ohne Wohnung und ohne Geld da.
Am
4. Oktober, so Kieber, »absolvieren wir nach erfolgreichen Verhandlungen
mit der Familie Jorge G. C. den notariellen Verkaufsvertrag der Wohnung.
Normalerweise dauern solche Verkaufsverhandlungen eigentlich lange, aber hier
war es ein spezieller Fall: Der
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