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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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offenbar nicht ganz im Klaren. Und der Be-
    treiber der Berghütte, bei der man sich zum »Apre’s Ski«
    trifft, wohl auch nicht.
    In manchen Gegenden Deutschland’s sieht es wahrhaft
    trostlos aus. Da kann ein buntes Schild schon viel Freude be-
    reiten. So wie der Hinweis auf »Heike’s Zoo’eck«. Allerdings
    wäre hier anstelle des Apostroph’s (und ich rede nicht von

    Heike’s) ein Bindestrich angebracht. Wenn überhaupt. Noch
    besser als Zoo-Eck ist nämlich Zooeck. Zoo’eck jedenfalls ist
    grammatisch äußerst fragwürdig, um nicht zu sagen biz’arr.
    Manch einer, der das Wort »Türe« gebraucht, ahnt insge-
    heim, dass es sich dabei um eine mundartliche Variante des
    Wortes »Tür« handelt. Vielleicht war das der Grund, der ei-
    nen Lokalbesitzer dazu brachte, die handgeschriebene Bitte
    an die Gäste um einen Apostroph zu ergänzen: »Bitte Tür’e
    leise schließen!«
    Falls es irgendjemanden tröstet: Nicht nur die Deutschen
    stehen dem Apostroph hilflos gegenüber. Auch in Österreich
    herrscht längst nicht überall vollständige Klarheit über den
    korrekten Umgang mit dem tückischen Häkchen. Aus-
    gerechnet auf dem Campus der Wiener Universität wurde ein
    Schild gesichtet, das dem durstigen Studiosus den Weg
    ins»Kellerstüber’l« weisen soll. Der Apostroph ist hier gera-
    dezu ein Sakrileg, denn die österreichische Endsilbe »-erl«
    bildet eine feste Einheit und ist so untrennbar wie Schlag und
    Obers oder wie Kaiser und Schmarrn. Das wäre so, als lüde
    jemand auf Hochdeutsch ins »Kellerstübche’n«.
    Dass viele Deutsche angesichts einer schier unüberschau-
    baren Zahl unterschiedlicher italienischer Pastasorten ratlos
    vor dem Regal stehen, kann den Einzelhandel nicht kalt las-
    sen. In meinem Supermarkt gibt es deshalb seit neuestem
    einfach »Nudel’n«, und das zu einem sagenhaft günstigen
    »Preiss« (das ist Bayerisch und bedeutet »Fischkopf«). Jetzt
    überlege ich mir, wenn einer in das Wort »Türe« einen Apo-
    stroph einschlägt und bei »Nudeln« auch, wie mag er dann
    das Wort »Türen« schreiben? Mit zwei Apostrophen?
    Es wurden auch schon Fälle von unsichtbarer Apostrophi-
    tis gesichtet. Das ist ein Widerspruch in sich, denken Sie
    jetzt vielleicht, denn wie kann man etwas sichten, das un-
    sichtbar ist? Ich zeige es Ihnen: »Die schönsten Büro s am
    Kurfürstendamm«. So steht es auf einem großen Transpa-

    rent, das quer über die Fassade eines Berliner Neubaus ge-
    spannt ist. Haben Sie’s bemerkt? Da ist kein Apostroph zu
    sehen, und doch spürt man seine Gegenwart ganz deutlich.
    Geradezu gespenstisch, finden Sie nicht? Oder bin ich der
    Einzige, der hier etwas sieht? Dann wäre das Sick s sechs ter
    Sinn.
    Ganz und gar unschlagbar ist jene Regalbeschriftung, die
    man in einem Media-Markt bestaunen kann. Nachschlage-
    werke auf CD-Rom werden dort unter der Rubrik »Lexica’s«
    geführt. Da ist nicht nur der Apostroph zu viel, sondern auch
    der letzte Buchstabe. Ganz zu schweigen davon, dass man
    Lexikon und Lexika auf Deutsch schon lange nicht mehr mit
    »c« schreibt. Ob man es bei einer Berichtigung, so es je zu
    einer kommen sollte, tatsächlich schafft, alle Fehler auf
    einmal zu beseitigen? Vermutlich wird man sich zu »Lexi-
    con’s« entschließen. Denn irgendetwas muss doch apos-
    trophiert werden. Sonst sieht es doch gar nicht mehr nach
    Deutsch aus − und schon gar nicht nach Werbung.
    Die kommt nämlich immer seltener ohne Häkchen aus: Ein
    Prospekt der Modekette H&M stellt die These auf: »Es geht
    um’s Gewinnen«. Es geht offenbar nicht ums richtige
    Deutsch. Wann wacht Saturn endlich auf und apostrophiert
    seinen berühmten Schrei-Slogan? »Gei’z ist gei’l« − damit
    würden sie Media’s Markt doch glatt in den Schatten stellen!

    Wie lang und breit ist Mecklenburg
    Frage eines Lesers: Ist es richtig, dass »Mecklenburg« nicht
    mit kurzem »e«, wie es die Schreibweise nahe legt, sondern
    mit langem »e« gesprochen wird? Wenn ja, warum ist dies so?
    Antwort des Zwiebelfischs: Mecklenburg wird tatsäch-
    lich mit einem langen »e« gesprochen. Jedenfalls wurde es
    früher so gesprochen, und wer sich auskennt, der spricht es
    auch heute noch so. Denn bei dem »c« handelt es sich nicht
    um ein zweites »k« (wie in Zucker, Bäcker und schlecken),
    sondern um ein sogenanntes norddeutsches Dehnungs-c.
    Der Name Mecklenburg geht zurück auf das althochdeut-
    sche Wort »michil«, welches »groß« bedeutet.

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