Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2
offenbar nicht ganz im Klaren. Und der Be-
treiber der Berghütte, bei der man sich zum »Apre’s Ski«
trifft, wohl auch nicht.
In manchen Gegenden Deutschland’s sieht es wahrhaft
trostlos aus. Da kann ein buntes Schild schon viel Freude be-
reiten. So wie der Hinweis auf »Heike’s Zoo’eck«. Allerdings
wäre hier anstelle des Apostroph’s (und ich rede nicht von
Heike’s) ein Bindestrich angebracht. Wenn überhaupt. Noch
besser als Zoo-Eck ist nämlich Zooeck. Zoo’eck jedenfalls ist
grammatisch äußerst fragwürdig, um nicht zu sagen biz’arr.
Manch einer, der das Wort »Türe« gebraucht, ahnt insge-
heim, dass es sich dabei um eine mundartliche Variante des
Wortes »Tür« handelt. Vielleicht war das der Grund, der ei-
nen Lokalbesitzer dazu brachte, die handgeschriebene Bitte
an die Gäste um einen Apostroph zu ergänzen: »Bitte Tür’e
leise schließen!«
Falls es irgendjemanden tröstet: Nicht nur die Deutschen
stehen dem Apostroph hilflos gegenüber. Auch in Österreich
herrscht längst nicht überall vollständige Klarheit über den
korrekten Umgang mit dem tückischen Häkchen. Aus-
gerechnet auf dem Campus der Wiener Universität wurde ein
Schild gesichtet, das dem durstigen Studiosus den Weg
ins»Kellerstüber’l« weisen soll. Der Apostroph ist hier gera-
dezu ein Sakrileg, denn die österreichische Endsilbe »-erl«
bildet eine feste Einheit und ist so untrennbar wie Schlag und
Obers oder wie Kaiser und Schmarrn. Das wäre so, als lüde
jemand auf Hochdeutsch ins »Kellerstübche’n«.
Dass viele Deutsche angesichts einer schier unüberschau-
baren Zahl unterschiedlicher italienischer Pastasorten ratlos
vor dem Regal stehen, kann den Einzelhandel nicht kalt las-
sen. In meinem Supermarkt gibt es deshalb seit neuestem
einfach »Nudel’n«, und das zu einem sagenhaft günstigen
»Preiss« (das ist Bayerisch und bedeutet »Fischkopf«). Jetzt
überlege ich mir, wenn einer in das Wort »Türe« einen Apo-
stroph einschlägt und bei »Nudeln« auch, wie mag er dann
das Wort »Türen« schreiben? Mit zwei Apostrophen?
Es wurden auch schon Fälle von unsichtbarer Apostrophi-
tis gesichtet. Das ist ein Widerspruch in sich, denken Sie
jetzt vielleicht, denn wie kann man etwas sichten, das un-
sichtbar ist? Ich zeige es Ihnen: »Die schönsten Büro s am
Kurfürstendamm«. So steht es auf einem großen Transpa-
rent, das quer über die Fassade eines Berliner Neubaus ge-
spannt ist. Haben Sie’s bemerkt? Da ist kein Apostroph zu
sehen, und doch spürt man seine Gegenwart ganz deutlich.
Geradezu gespenstisch, finden Sie nicht? Oder bin ich der
Einzige, der hier etwas sieht? Dann wäre das Sick s sechs ter
Sinn.
Ganz und gar unschlagbar ist jene Regalbeschriftung, die
man in einem Media-Markt bestaunen kann. Nachschlage-
werke auf CD-Rom werden dort unter der Rubrik »Lexica’s«
geführt. Da ist nicht nur der Apostroph zu viel, sondern auch
der letzte Buchstabe. Ganz zu schweigen davon, dass man
Lexikon und Lexika auf Deutsch schon lange nicht mehr mit
»c« schreibt. Ob man es bei einer Berichtigung, so es je zu
einer kommen sollte, tatsächlich schafft, alle Fehler auf
einmal zu beseitigen? Vermutlich wird man sich zu »Lexi-
con’s« entschließen. Denn irgendetwas muss doch apos-
trophiert werden. Sonst sieht es doch gar nicht mehr nach
Deutsch aus − und schon gar nicht nach Werbung.
Die kommt nämlich immer seltener ohne Häkchen aus: Ein
Prospekt der Modekette H&M stellt die These auf: »Es geht
um’s Gewinnen«. Es geht offenbar nicht ums richtige
Deutsch. Wann wacht Saturn endlich auf und apostrophiert
seinen berühmten Schrei-Slogan? »Gei’z ist gei’l« − damit
würden sie Media’s Markt doch glatt in den Schatten stellen!
Wie lang und breit ist Mecklenburg
Frage eines Lesers: Ist es richtig, dass »Mecklenburg« nicht
mit kurzem »e«, wie es die Schreibweise nahe legt, sondern
mit langem »e« gesprochen wird? Wenn ja, warum ist dies so?
Antwort des Zwiebelfischs: Mecklenburg wird tatsäch-
lich mit einem langen »e« gesprochen. Jedenfalls wurde es
früher so gesprochen, und wer sich auskennt, der spricht es
auch heute noch so. Denn bei dem »c« handelt es sich nicht
um ein zweites »k« (wie in Zucker, Bäcker und schlecken),
sondern um ein sogenanntes norddeutsches Dehnungs-c.
Der Name Mecklenburg geht zurück auf das althochdeut-
sche Wort »michil«, welches »groß« bedeutet.
Weitere Kostenlose Bücher