Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2
offenbart sich auch in dem Wort- -
paar »zweiwöchig« und »zweiwöchentlich«: eine zweiwö-
chige Konferenz dauert 14 Tage, eine zweiwöchentliche Kon-
ferenz ist eine Konferenz, die im Zwei-Wochen-Rhythmus
stattfindet.
Auch von Monaten und Jahren lassen sich Wortpaare mit
demselben Bedeutungsunterschied ableiten: Eine dreimo-
natige Kreuzfahrt dauert drei Monate, ein dreimonatlich
verkehrendes Kreuzfahrtschiff legt alle drei Monate einmal
an. Eine zweijährige Ausstellung läuft ohne Unterbrechung
zwei Jahre lang, eine zweijährliche Ausstellung findet alle
zwei Jahre statt.
Ein nachmittägiges Kaffeetrinken ist ein Kaffeetrinken,
das am Nachmittag stattfindet. Wenn es nicht nur einmal,
sondern täglich stattfindet, ist es ein nachmittägliches Kaf-
feetrinken.
Eine Zeitung, die im Zwei-Wochen-Rhythmus erscheint,
erscheint vierzehntäglich. Ein vierzehntägiges Erscheinen gibt
es auch − im ungünstigsten Fall kommt eine Zeitung nicht
darüber hinaus; das bedeutet, dass ihr Erscheinen bereits
nach zwei Wochen wieder eingestellt wird.
Nur von Montag’s bis Sonntag’s
Früher ging man zum Gruseln ins Kino oder fuhr mit der Geister-
bahn. Heute genügt ein Spaziergang durch die Fußgängerzone. Dort
präsentiert sich eine wahre Galerie des Grauen’s: Häk’chen, wohin
das entzündete Auge blickt. Beim Genitiv, beim Plural − und beim
Kellerstüber’l und bei roten Ampel’n. Treten Sie ein und staunen
Sie! Aber bitte beachten Sie die Öffnung’s Zeiten!
Wir kennen sie alle, wir haben sie alle schon gesehen: Pro-
spekte und Schaufensterinschriften, die uns »PC’s« und
»Notebook’s« verheißen. Daran gewöhnen werden wir uns
aber nie, denn dass die Pluralendung im Deutschen apostro-
phiert würde, steht in keinem Lehrbuch.
»Kaufe alles aus Oma’ß Zeiten!« − Dieser Spruch am
Schaufenster eines Antiquitätengeschäfts in Dresden habe
sein Leben verändert, schreibt ein bekennender Apostro-
phobiker auf seiner Homepage. Seitdem sammle er Bilder
von Katastrophen mit Apostrophen. Wie das von jenem
Kleinbus, auf den ein Transportunternehmer voller Stolz den
Satz lackieren ließ: »Ich halte nur an roten Ampel’n!!!« Sehr
schön ist auch das Hinweisschild, das den Ortsunkundigen
zum »Bauer’n-Hof« führen soll.
Besonders schlimm erwischt hat es die Wochentage. Von
»Montag’s« bis »Sonntag’s« tanzen die Häkchen Samba. Der
normale Montag wurde abgeschafft, ebenso das schlichte
»montags« − es heißt jetzt immer »Montag’s geschlossen«
oder »Durchgehend von Montag’s bis Samstag’s geöffnet«.
Wobei ich klarstellen möchte, dass »es heißt jetzt« nicht
heißt, dass es so richtig wäre. Man liest es nur immer häufi-
ger. So machen es die Leute − schuld daran kann nicht allein
die Rechtschreibreform sein. Die erlaubt zwar Großschrei-
bung von Morgen und Abend in Fügungen wie »heute Mor-
gen« und »gestern Abend«, aber an der Schreibweise von
»morgens« und »abends« hat sie nichts geändert. Von Apo-
strophen war dabei nie die Rede! Da muss der flinke Foto-
händler etwas gründlich missverstanden haben, der seinen
Kunden mit einem liebevoll gereimten Vers verspricht: »Fil-
me bis Abend’s gebracht ‒ die Bilder bis Morgen’s gemacht!«
Einige Häkchen sind derart grotesk, dass sie fast schon
wieder sympathisch wirken. Da preist ein wehmütiger Mo-
torradveteran seine alte SR 500 mit folgenden Worten an:
»Sie war steht’z ein guter Begleiter, aber irgendwann kam die
Familie und sie wurde in den Keller verbannt.«So steht’s
tatsächlich auf Ebay zu lesen.
Stets zu Tränen gerührt ist man auch beim Anblick all
jener Häkchen, die durch irgendein bedauerliches Missge-
schick verrutscht sind und dem Schriftzug den Charme eines
zerlaufenen Make-ups geben, so wie bei jener Imbiss-
bude namens »Waldi,s Wurst Wig Warn«, bei der nicht nur
der Apostroph heruntergekommen wirkt. Die Aussage
»Hier schmeckt,s lecker«, mit der ein Eisverkäufer auf sich
aufmerksam zu machen versucht, scheint sich in einen
Hauptsatz (»Hier schmeckt«) und einen Nebensatz (»s le-
cker«) zu teilen, denn wo eigentlich ein Apostroph stehen
sollte, hat es nur zum Komma gereicht. Dabei sind das ja
nun wirklich zwei Paar Schuh.
Apostrophe sind auch nicht dasselbe wie Akzente! Ein Cafe
zum Beispiel hat einen Akzent auf dem »e«, keinen
Apostroph. Darüber war sich der Inhaber des Ladens »La
Belle E’poque«
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