Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2
in leicht abgewandelter Form zu lesen.»In
einer Welt, die ihnen vorschrieb, wie man lebt, lehrte sie sie,
wie man denkt«, hieß es nun. Es geschehen doch noch Zei-
chen und Wunder. Man soll die Hoffnung nicht aufgeben,
auch nicht in Bezug auf die Werbung. Vielleicht verfällt eine
pfiffige Agentur eines Tages auf die Idee, einen Konkurrenten
der Auskunftsfirma Telegate mit dem Ausspruch zu be-
werben: »Hier wird Ihnen wirklich geholfen!« Das wäre
doch ein Knüller! Ein hoher Aufmerksamkeitsbonus wäre
garantiert, und im (grammatischen) Vergleich stünde Tele-
gate als Dummchen da.
Bei meinem Besuch in Aachen kam mir ein weiteres amü-
santes Beispiel zu Ohren. Eine Aachenerin berichtete mir von
einem persönlichen Erlebnis in einer Modeboutique. Sie
wollte einen Bademantel kaufen, den sie im Schaufenster
gesehen hatte. »Das ist ein Markenartikel«, sagte ihr die
Verkäuferin und tat dabei etwas wichtiger, als es dem Anlass
gebührte, denn der Bademantel war immerhin herabge-
setzt. Und erklärend setzte sie nach: »Das ist von Tschiwen-
tschi, aber das wird Sie nichts sagen.«
Dass sich der Name Givenchy dabei eher nach Tschiwab-
tschitschi anhörte als nach einem französischen Designer,
war schon komisch genug. Der falsche Kasus aber setzte dem
Ganzen die Krone auf. »Das Verb ›sagen‹ wird mit dem Da-
tiv gebraucht, aber das wird Ihnen nichts sagen«, hätte die
Aachenerin erwidern können. Aber dazu war sie zu höflich.
Nicht jeder kann wissen, wie’s richtig gehört, aber einige
wissen zum Glück noch, was sich gehört. Janz besonders der
Aachener (Öcher, wie er sich selbst nennt), »der kennt sich
mit so was!«
Der gekaufte Schneid
Frage eines Lesers aus Erlangen: Woher kommt die Re-
dewendung »jemandem den Schneid abkaufen«? Und was
genau bedeutet sie? Meine Internet-Recherche ergab bisher
leider nichts. Können Sie mir helfen?
Antwort des Zwiebelfischs: Zunächst einmal sei gesagt,
dass »jemandem den Schneid abkaufen« nichts mit einem
Geschäft zu tun hat, auch wenn es sich danach anhört. »Ab-
kaufen« ist hier eine schönfärberische Umschreibung für
»rauben«, »wegnehmen«. Das Wort »Schneid« ist ein alter
Ausdruck für Mut, Tatkraft und war im 19. Jahrhundert vor
allem in der Soldatensprache anzutreffen. Wer Schneid hat,
der besitzt Mut. Schneid und das davon abgeleitete Adjektiv
»schneidig« sind verwandt mit der Schneide (eines Mes-
sers); denn wer kräftig und forsch daherkommt, der ist
scharf wie eine Schneide. Wem der Schneid geraubt wird,
dem wird der Mut genommen. Jemandem den Schneid ab-
kaufen bedeutet daher heute noch jemanden mutlos ma-
chen, einschüchtern.
Die Sauna ist angeschalten!
Es gibt Dinge, die gibt’s einfach nicht. Zum Beispiel Verbformen, die
völlig sonderbar klingen. Man meint, sich verhören zu haben, und
muss erkennen: Man hat richtig gehört! Da ist von Kindern die Rede,
die genaschen haben, und von Häusern, die angemalen worden
sind. Unsere Sprache wird täglich neu gestalten.
Ich wollte es ja erst nicht wahrhaben: Da schrieb mir ein ver-
zweifelter Leser und flehte mich auf Knien an, ich möge doch
dringend mal etwas über die korrekte Bildung des Per-
fektpartizips von »schalten« schreiben. Immer häufiger höre
er Menschen sagen, ein Gerät sei »ausgeschalten« oder ein
Motor »eingeschalten«. Dabei heiße es doch »ausgeschaltet«
und »eingeschaltet«! Wie sei es möglich, lamentierte der Le-
ser, dass hier plötzlich falsche Formen auftauchen, die dann
auch noch eine so rasante Verbreitung finden?
Ich habe die Anfrage, wie ich es mit allen Zuschriften ma-
che, ausgedruckt und abgeheftet, und zwar unter dem Stich-
wort »Perfekt, pervertiertes«. Eine interessante Beobachtung,
dachte ich mir, aber doch wohl eher eine kuriose
Ausnahmeerscheinung. Da ich selbst bis zu diesem Zeitpunkt
noch nie gehört hatte, dass jemand »geschalten« statt
»geschaltet« sagt, sah ich keinen dringenden Handlungsbe-
darf. Bis ich Anfang des Jahres in den Urlaub nach Südtirol
reiste, um mich ein paar Tage in einem sogenannten Well-
ness-Hotel zu erholen. Auf meine Frage, ob man die Sauna
schon benutzen könne, erwiderte die Empfangsdame an der
Therme in tadellosem Hochdeutsch und mit einem bezau-
bernden Lächeln: »Aber selbstverständlich, die Sauna ist an-
geschalten!« Ich war wie vom Donner gerührt.
Zitternd gab ich die Perfektform »geschalten« in Google
ein. Ich wollte
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