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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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in leicht abgewandelter Form zu lesen.»In
    einer Welt, die ihnen vorschrieb, wie man lebt, lehrte sie sie,
    wie man denkt«, hieß es nun. Es geschehen doch noch Zei-
    chen und Wunder. Man soll die Hoffnung nicht aufgeben,
    auch nicht in Bezug auf die Werbung. Vielleicht verfällt eine
    pfiffige Agentur eines Tages auf die Idee, einen Konkurrenten
    der Auskunftsfirma Telegate mit dem Ausspruch zu be-
    werben: »Hier wird Ihnen wirklich geholfen!« Das wäre
    doch ein Knüller! Ein hoher Aufmerksamkeitsbonus wäre
    garantiert, und im (grammatischen) Vergleich stünde Tele-
    gate als Dummchen da.
    Bei meinem Besuch in Aachen kam mir ein weiteres amü-
    santes Beispiel zu Ohren. Eine Aachenerin berichtete mir von
    einem persönlichen Erlebnis in einer Modeboutique. Sie
    wollte einen Bademantel kaufen, den sie im Schaufenster
    gesehen hatte. »Das ist ein Markenartikel«, sagte ihr die
    Verkäuferin und tat dabei etwas wichtiger, als es dem Anlass
    gebührte, denn der Bademantel war immerhin herabge-
    setzt. Und erklärend setzte sie nach: »Das ist von Tschiwen-
    tschi, aber das wird Sie nichts sagen.«
    Dass sich der Name Givenchy dabei eher nach Tschiwab-
    tschitschi anhörte als nach einem französischen Designer,
    war schon komisch genug. Der falsche Kasus aber setzte dem
    Ganzen die Krone auf. »Das Verb ›sagen‹ wird mit dem Da-
    tiv gebraucht, aber das wird Ihnen nichts sagen«, hätte die
    Aachenerin erwidern können. Aber dazu war sie zu höflich.
    Nicht jeder kann wissen, wie’s richtig gehört, aber einige
    wissen zum Glück noch, was sich gehört. Janz besonders der
    Aachener (Öcher, wie er sich selbst nennt), »der kennt sich
    mit so was!«

    Der gekaufte Schneid
    Frage eines Lesers aus Erlangen: Woher kommt die Re-
    dewendung »jemandem den Schneid abkaufen«? Und was
    genau bedeutet sie? Meine Internet-Recherche ergab bisher
    leider nichts. Können Sie mir helfen?
    Antwort des Zwiebelfischs: Zunächst einmal sei gesagt,
    dass »jemandem den Schneid abkaufen« nichts mit einem
    Geschäft zu tun hat, auch wenn es sich danach anhört. »Ab-
    kaufen« ist hier eine schönfärberische Umschreibung für
    »rauben«, »wegnehmen«. Das Wort »Schneid« ist ein alter
    Ausdruck für Mut, Tatkraft und war im 19. Jahrhundert vor
    allem in der Soldatensprache anzutreffen. Wer Schneid hat,
    der besitzt Mut. Schneid und das davon abgeleitete Adjektiv
    »schneidig« sind verwandt mit der Schneide (eines Mes-
    sers); denn wer kräftig und forsch daherkommt, der ist
    scharf wie eine Schneide. Wem der Schneid geraubt wird,
    dem wird der Mut genommen. Jemandem den Schneid ab-
    kaufen bedeutet daher heute noch jemanden mutlos ma-
    chen, einschüchtern.

    Die Sauna ist angeschalten!

    Es gibt Dinge, die gibt’s einfach nicht. Zum Beispiel Verbformen, die
    völlig sonderbar klingen. Man meint, sich verhören zu haben, und
    muss erkennen: Man hat richtig gehört! Da ist von Kindern die Rede,
    die genaschen haben, und von Häusern, die angemalen worden
    sind. Unsere Sprache wird täglich neu gestalten.

    Ich wollte es ja erst nicht wahrhaben: Da schrieb mir ein ver-
    zweifelter Leser und flehte mich auf Knien an, ich möge doch
    dringend mal etwas über die korrekte Bildung des Per-
    fektpartizips von »schalten« schreiben. Immer häufiger höre
    er Menschen sagen, ein Gerät sei »ausgeschalten« oder ein
    Motor »eingeschalten«. Dabei heiße es doch »ausgeschaltet«
    und »eingeschaltet«! Wie sei es möglich, lamentierte der Le-
    ser, dass hier plötzlich falsche Formen auftauchen, die dann
    auch noch eine so rasante Verbreitung finden?
    Ich habe die Anfrage, wie ich es mit allen Zuschriften ma-
    che, ausgedruckt und abgeheftet, und zwar unter dem Stich-
    wort »Perfekt, pervertiertes«. Eine interessante Beobachtung,
    dachte ich mir, aber doch wohl eher eine kuriose
    Ausnahmeerscheinung. Da ich selbst bis zu diesem Zeitpunkt
    noch nie gehört hatte, dass jemand »geschalten« statt
    »geschaltet« sagt, sah ich keinen dringenden Handlungsbe-
    darf. Bis ich Anfang des Jahres in den Urlaub nach Südtirol
    reiste, um mich ein paar Tage in einem sogenannten Well-
    ness-Hotel zu erholen. Auf meine Frage, ob man die Sauna
    schon benutzen könne, erwiderte die Empfangsdame an der
    Therme in tadellosem Hochdeutsch und mit einem bezau-
    bernden Lächeln: »Aber selbstverständlich, die Sauna ist an-
    geschalten!« Ich war wie vom Donner gerührt.
    Zitternd gab ich die Perfektform »geschalten« in Google
    ein. Ich wollte

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