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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod: Folge 5

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod: Folge 5

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod: Folge 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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kommen.
    Aufgrund seiner Vielseitigkeit stellt »aber« unter den Bindewörtern und Modalpartikeln einen ganz besonderen Fall dar. Entstanden vor Aberhunderten von Jahren durch Steigerung des Wortes »ab« (= hinfort, weg), hatte »aber« zunächst die Bedeutung »weiter weg«, später dann auch »wieder, noch einmal«.
    Darum findet es sich auch als Vorsilbe in unterschiedlichen Bedeutungen: Im »Aberglauben« steht es für das Abweichende, das Verkehrte, in »abermals« für die Wiederholung. Veraltet, aber in der Landwirtschaft noch zu finden ist die »Abersaat«, die zweite Saat. Zur Gruppe der Abweichler gehören noch der »Abersinn« und der »Aberwitz«, zur Gruppe der Wiederholer »aberhundert« und »abertausend«. (Das Wort »aberkennen« aber gehört in keine von beiden.)
    Am eindrucksvollsten werden die Verwendungsmöglichkeiten von »aber« am Beispiel von »witzig« offenbar. Vor diesem Wort kann »aber« drei verschiedene Bedeutungen annehmen: Einschränkung, Verstärkung und Übersteigerung.
Das ist nicht klug, aber witzig. (= immerhin witzig)
Das ist aber witzig! (= sehr witzig)
Das ist aberwitzig. (= verrückt/wahnsinnig)
    Damit aber ist der Aberei noch nicht genug! Früher leistete das Wörtchen »aber« nämlich noch mehr: Bei Luther findet es reichlich Verwendung als Bindewort, das keinen Gegensatz hervorhebt, sondern auf etwas anderes, Neues hinweist. Da die Bibel über lange Strecken nur aus Aufzählungen zu bestehen scheint, bot »aber« eine willkommene Abwechslung zum »und«:
Es zogen aber mit ihm Sopater aus Beröa, des Pyrrhus Sohn, aus Thessalonich aber Aristarch und Sekundus, und Gajus aus Derbe und Timotheus, aus der Provinz Asien aber Tychikus und Trophimus. (Apg 20,4)
    Wenn einem dieser alte »aber«-Sinn nicht klar ist, kann man die Bibel gründlich missverstehen. Dann erscheint sie einem nicht als ein Buch voller Verheißungen, sondern als ein Buch voller Widersprüche, in dem keiner, aber auch keiner tut, was von ihm erwartet wird: »Abraham aber nahm nochmals ein Weib«, »Moses aber nahm seinen Stab und schlug zweimal gegen den Felsen«, »Der Engel aber sprach: Fürchtet euch nicht«, »Jesus aber nahm die Brote, dankte und gab sie den Jüngern, die Jünger aber denen, die sich gelagert hatten«.
    Luthers Bibelübersetzung enthält Aberhunderte solcher »aber«, wenn nicht Abertausende. Auch die Weihnachtsgeschichte beginnt mit einem »aber«, das keinen Gegensatz erzeugen will, sondern eine Verbindung: »Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde.« Dies bedeutet nichts anderes als »Und es begab sich zu der Zeit«. Als »und« findet »aber« in der heutigen Praxis keine Verwendung mehr, dank der Bibel aber ist es erhalten geblieben und trägt in unser Gehör einen geradezu weihevollen Klang.
    Abermals zeigt sich, dass »aber« tiefgründiger ist, als es auf den ersten Blick erscheint. Ob »aber« ein Verbot verheißt, ob’s wie bei Luther »und« bedeutet, ob Aberglaube, Abersinn, ob zwar dies, aber auch das, ob er aber über Oberammergau oder aber über Unterammergau: »aber« ist zu den aberwürzigsten Dingen da! Aber hallo, aber sicher, aber ja!

Ist in Deutsch genauso gut wie auf Deutsch ?
    Wenn das nicht verrückt ist: Allerorten wird über den Zustand der deutschen Sprache diskutiert, werden Vereine und Initiativen zu ihrer Rettung gegründet, sogar ein »internationaler Tag der Muttersprache« wurde ausgerufen, und wir wissen nicht einmal, ob sich etwas besser in Deutsch oder auf Deutsch anhört.
    Einer meiner Freunde arbeitet für eine Berliner Plattenfirma. Bei unserer jüngsten Begegnung erzählte er mir, dass er gerade eine CD mit deutschsprachigen Versionen alter Grand-Prix-Siegertitel zusammenstelle. Das stimmte mich sentimental, denn die meisten der besagten Lieder kenne ich schon aus meiner Kindheit. Früher war es durchaus üblich, fremdsprachige Hits einzudeutschen. Oft waren es hiesige Sänger, die ein international erfolgreiches Lied mit einem deutschen Text nachsangen; nicht selten aber waren es die Grand-Prix-Gewinner selbst, die ihr Lied in mehreren Sprachen aufnahmen. Selbst die Gruppe Abba hat seinerzeit eine deutschsprachige Version von »Waterloo« auf den Markt gebracht. Mitte der 80er geriet das Eindeutschen dann allerdings aus der Mode. Der irische Sänger Johnny Logan, der zweimal den Grand Prix gewann, hatte von seinem Siegertitel aus dem Jahr 1980 noch eine deutsche Fassung

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