Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod: Folge 5
führen zu Seiten von Schulbuchverlagen, die Titel wie »Besser in Deutsch« oder »Aufsteigen in Deutsch« im Programm führen. Hier ist mit »Deutsch« dann nicht die Sprache, sondern das Schulfach gemeint. Wer »Vorträge in Deutsch« hält, ist entweder ein Lehrer oder ein Schüler. Wer »Vorträge auf Deutsch« hält, kann hingegen auch ein Mediziner, Rechtswissenschaftler oder Klimaforscher sein.
Da »auf Deutsch« den meisten Menschen vertrauter erscheint, habe ich meinem Berliner Freund geraten, die CD »Grand-Prix-Hits auf Deutsch« zu nennen, umso mehr, als die meisten der Titel aus einer Zeit stammen, als es noch sehr viel selbstverständlicher war, auf Deutsch zu dichten und auf Deutsch zu singen.
Inzwischen ist die CD erschienen, und tatsächlich heißt sie »12 Points – Grand-Prix-Hits auf Deutsch«. Vicky Leandros ist dabei, Marianne Rosenberg und Heidi Brühl. Und selbstverständlich Abba. Auf Deutsch, wohlgemerkt! Über die Qualität der Texte lässt sich streiten, aber das war ja schon immer so. Denn wie schon Goethe schrieb: »Ob sich gleich auf deutsch nichts reimet, reimt der Deutsche dennoch fort.«
Für Matthias und Kai
Zum Gebrauch der Präpositionen »zu/nach«: »Ich geh nach Aldi« (»Dativ«-Band 3)
Zur Frage »auf Mallorca/in Mallorca« siehe Zwiebelfisch-Abc (»Dativ«-Band 3)
Zur Verwechslung von »durch/von« siehe Zwiebelfisch-Abc (»Dativ«-Band 3)
In oder nach 300 Metern abbiegen?
Frage einer Leserin aus Hamburg: In unserem Unternehmen, das unter anderem Software für Pkw-Navigationssysteme entwickelt, bin ich für Sprache rund um Navigationsansagen zuständig.
Immer mal wieder gibt es Diskussionen darüber, ob bei dem Hinweis auf die Entfernung bis zum nächsten Fahrmanöver die Präposition »nach« oder »in« richtig ist.
Konkret: Muss es heißen » Nach 300 Metern rechts abbiegen« oder » In 300 Metern rechts abbiegen«, oder ist beides richtig? Da ich leider zu dieser Frage in Nachschlagewerken keine eindeutige Antwort gefunden habe, würde mich Ihre Meinung dazu interessieren.
Antwort des Zwiebelfischs: Es ehrt mich, dass Sie sich in dieser Frage an mich wenden. Man bekommt schließlich nicht jeden Tag die Chance, bei etwas so Wichtigem wie der Programmierung der Navi-Ansage mitreden zu dürfen. Danach richtet sich am Ende womöglich ganz Deutschland.
Die Präpositionen (zu Deutsch: Umstandswörter) »nach« und »in« sind ein seltsam ungleiches Paar, das weiß jeder, der schon mal vor der Frage stand, ob er nach Griechenland oder in die Türkei fahren soll. Sie konkurrieren nicht nur bei Fragen der Entfernung miteinander, sondern auch bei Fragen der Dauer. Ihr Einsatzgebiet ist also sowohl räumlich als auch zeitlich definiert.
Nachstehend einige Beispiele für den Gebrauch von »in« und »nach« mit zeitlicher Bedeutung:
»Wir trafen uns nach zwei Jahren wieder.«
»Wir sehen uns in zwei Tagen!«
»Nach einer Woche werden Sie sich besser fühlen!«
»Kommen Sie in einer Woche wieder.«
Das »nach« legt den Aspekt auf die Dauer. Man sieht dabei förmlich die Zeiger der Uhr vorangehen.
Das »in« markiert hingegen einen genauen Punkt in der Zukunft. Die Zeiger der Uhr werden gewissermaßen vorgestellt.
Die gleiche Unterscheidung lässt sich auch in räumlicher Hinsicht machen. Wenn es um das Zurücklegen einer Strecke von x Metern geht, steht meistens »nach«:
»Nach 200 Metern rechts halten.«
»Nach der nächsten Ampel links abbiegen!«
Wenn es nicht um die zurückzulegende Strecke geht, sondern nur um die Festlegung (Verortung) eines Punktes, wird oft »in« gebraucht:
»Nächste Abfahrt in fünf Kilometern!«
»In 200 Metern befindet sich ein Hinweisschild.«
Zeitlich wie räumlich markiert »in« einen konkreten Punkt (in der Zukunft, in der Entfernung), während »nach« das Verstreichen einer gewissen Dauer oder die Überwindung einer gewissen Strecke ausdrückt.
In Ihrem konkreten Fall würde ich für »nach« plädieren, zumal damit klar ist, dass man diese Strecke von 300 Metern erst einmal zurückgelegt haben muss, um dann rechts abbiegen zu können. Ich wünsche Ihnen allzeit gute Fahrt und hoffe, dass Sie nach einer arbeitsreichen Strecke sicher in den verdienten Urlaub abbiegen!
Neues aus dem Bezirk
Dass ich langsam älter werde, merke ich unter anderem daran, dass gewisse Neuerungen mich erst mit einer deutlichen Verzögerung erreichen. Zum Beispiel ein neuer städtischer Ordnungsdienst, den es schon seit sechs Jahren gibt. Und so
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