Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod: Folge 5
aufgenommen: »What’s another year« wurde zu »Was ist schon ein Jahr«. Als er sieben Jahre später erneut den Grand Prix gewann, diesmal mit dem Lied »Hold me now«, nahm er davon keine deutsche Version mehr auf. Das lag gewiss nicht an ihm, sondern am deutschen Markt, der sich inzwischen so sehr ans Englische gewöhnt hatte, dass deutsche Texte es immer schwerer hatten, sich in der Unterhaltungsmusik zu behaupten.
Die CD sei schon so gut wie fertig, sagte mein Berliner Freund, es fehle nur noch der passende Titel. Und da könne ich ihm doch gleich mal einen Rat geben, denn er sei sich nicht sicher, ob es »Grand-Prix-Hits in Deutsch« heißen müsse oder »Grand-Prix-Hits auf Deutsch«.
In Deutsch oder auf Deutsch – das ist eine Frage, die in der Tat nicht leicht zu beantworten ist. Doch wenn etwas knifflig ist, ist es nur umso reizvoller, und so habe ich einige Recherchen angestellt. Dabei konnte ich feststellen, dass vielen Menschen die Kombination »in Deutsch« Unbehagen bereitet. Oft wird die Vermutung geäußert, dass es sich dabei um einen Anglizismus handele, zumal »auf Deutsch« auf Englisch »in German« heißt. Einige andere wiederum halten »auf Deutsch« für die altbackene, volkssprachliche Variante und meinen, »in Deutsch« sei moderner und zeitgemäßer. An Vermutungen und Meinungen mangelt es nicht, sondern – wie so oft – an klaren Regeln.
Ein Leser aus Ungarn schrieb mir, er habe gelernt, dass die Präposition »in« bei Sprachen nur dann verwendet würde, wenn eine nähere Bestimmung vorhanden sei, wenn also zwischen »in« und der jeweiligen Sprache noch ein Zusatz stehe: »in fließendem Französisch«, »in gehobenem Deutsch« oder »in leicht verständlichem Englisch«.
Damit hatte er insofern Recht, als es immer »in« heißt, wenn vor der Sprache noch ein näher bestimmendes Wort steht. Man wird also nicht irgendetwas »auf fließendem Französisch« sagen oder Briefe »auf leicht verständlichem Englisch« schreiben oder sich »auf gebrochenem Deutsch« verständigen, sondern allenfalls in demselben.
Nur in einem einzigen Fall steht »auf« vor einer näher bestimmten Sprache, nämlich wenn es »auf gut Deutsch« heißt. Hierbei handelt es sich aber um eine feststehende Wendung, die – wie so manches Althergebrachte – zu den Ausnahmen zählt.
Der Umkehrschluss des ungarischen Lesers, dass es ohne eine zusätzliche Bestimmung immer »auf« heißen müsse, lässt sich jedoch nicht überprüfen. Der Duden mag sich in dieser Frage nicht festlegen und konzentriert sich stattdessen lieber darauf, den Unterschied zwischen großem Deutsch und kleinem deutsch zu erklären.
Man kann indes festhalten, dass in Verbindung mit Verben des Ausdrucks (wie sprechen, schreiben, erzählen, aber auch träumen, denken und singen) die Verwendung von »auf« üblich ist:
Sag’s auf Deutsch!
Ich schreibe dir auf Deutsch.
Letzte Nacht habe ich auf Spanisch geträumt!
Ich kann dich auf Französisch nicht verstehen.
Er sang immer nur auf Englisch.
»In Deutsch« ist die Verkürzung von »in deutscher Sprache«. Texte, Bücher, Filme und Lieder können »in Deutsch« sein, wenn man sich das vollständige »in deutscher Sprache verfasst« dazudenkt. Ein in deutscher Sprache geschriebenes Theaterstück darf als »ein Stück in Deutsch« angepriesen werden, weil es »ein in deutscher Sprache geschriebenes Stück« ist, und wer eine Buchausgabe in englischer Sprache sucht, begeht keinen Fehler, wenn er sich beim Buchhändler erkundigt, ob das Buch auch »in Englisch« vorrätig sei.
Wie bei vielen Verkürzungen handelt es sich auch bei »in Deutsch« um eine Modeerscheinung der jüngeren Zeit. In älteren Texten ist die Verkürzung »in Deutsch« nicht zu finden, da hieß es immer umständlich-vollständig »in deutscher Sprache«. Früher war außerdem noch eine weitere Variante geläufig, nämlich »zu Deutsch«. Formulierungen wie »zu Deutsch gesagt« oder »das heißt zu Deutsch« waren noch vor einigen Jahrzehnten durchaus üblich. Inzwischen wird »zu Deutsch« höchstens noch ironisch verwendet.
Dass die Form »in Deutsch« an Boden gewinnt, ist durch das englische Vorbild zweifellos begünstigt worden. Dank des Englischen ist die Präposition »in« bei uns in.
Noch aber ist »auf Deutsch« vorherrschend. Wenn man die Varianten »in Deutsch« und »auf Deutsch« googelt, so erhält man mehr als doppelt so viele Treffer für »auf Deutsch«. Und die meisten der »in Deutsch«-Treffer
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