Der Deal
Mädchen vorzustellen – besonders, nachdem La Hora angefangen hatte, erfolgreich zu werden.
So hatte er auf Sex einfach verzichtet, außer im Urlaub, aus dem er voller Abscheu vor sich selbst wieder nach Hause gekommen war. Er hatte darauf verzichtet – bis er Jeffrey kennengelernt hatte.
Und selbst mit Jeffrey, selbst mit der Liebe, die er für ihn empfand und die so heftig in seinen Adern pulsierte, daß er manchmal glaubte, sich nicht mehr unter Kontrolle zu haben, war er vorsichtig gewesen. Erst hatte er ihn eingestellt, ihn im Büro kennengelernt – ein Vergnügen, einfach nur zuzuschauen, wie er sich bewegte. Dann ein, zwei Treffen spät abends, bis er sich endlich offenbart hatte.
Und danach – Glückseligkeit.
Aber da war immer noch das Bedürfnis, das Ganze geheimzuhalten, was Jeffrey zwar eigentlich nicht verstand, aber respektierte. Schwul zu sein hatte für Jeffrey nie ein großes Thema sein müssen; er war die Art von Junge, der immer schon wußte, daß er so veranlagt war, und in einer Beziehung am glücklichsten war. Sie lebten zurückgezogen, zu Hause, ein Verleger und sein Angestellter, führten ein diskretes Privatleben.
Das Haus machte oben irgendwo knarrende Geräusche. War er auf? Cruz lauschte, aber im Haus kehrte wieder Stille ein.
Selbst Ed Cochrans Besuch – das Überraschendste, was Cruz in seinem Geschäftsleben je erlebt hatte – hatte nicht schlecht begonnen. Wenn nur nicht sowohl Jeffrey als auch Cochran so naiv gewesen wären, so idealistisch, hätte es vielleicht geklappt.
Er machte sich über den lauwarmen Wodka her, und sein Gesicht verzog sich bei dem Gedanken an jenen Donnerstagabend zu einer Grimasse. Es war noch nicht dunkel gewesen. Sie waren gerade mit einem frühen Abendessen fertig gewesen, als es an der Tür läutete und Jeffrey aufsprang, um zu öffnen. Als er den gutaussehenden Jungen – in Mantel und Krawatte, mit Aktenmappe – sah, hatte Jeffrey gesagt, daß sie sicherlich ein paar Minuten Zeit hätten.
Cruz wollte schreien: »Nein, Jeffrey, haben wir nicht! Nicht hier!« Aber Ed Cochran war bereits im Haus und gab die Hand, da blieb nichts anders übrig, als höflich zu sein und zu bluffen.
Und dann hatten sie hier, in diesem Zimmer, gesessen, während Cochran erklärt hatte, daß er nicht von seinem Chef oder so geschickt worden sei. Er habe einfach nur selbst einige Überlegungen angestellt und einen Weg ausfindig gemacht, die Army – Sam Polks Firma – ein weiteres Jahr in der Vertriebskette zu halten. Danach könnte sie schrittweise aus der Organisation herausgelöst werden, und Cruz könne seinen innerbetrieblichen Ablauf ohne Gewinnverlust bekommen.
Er hatte erklärt, daß es mehr oder weniger eine Situation wie bei einem Darlehen sei, das der Army ermöglichen würde, Einkünfte zu haben und im Geschäft zu bleiben, während sich Polk um andere Verbindungen kümmern würde, um den Verlust der La Hora auszugleichen. Cochran hatte alle Einzelheiten schriftlich vorgelegt. Er war sicher, daß Cruz nicht alle Familien, die bei der Army arbeiteten, ruinieren wollte – erst recht nicht, wenn es eine Alternative gab. Und für ihn war es eigentlich nur ein kleines Entgegenkommen.
Cruz konnte das nicht glauben. Hier war irgendein dummer Junge, der ihn darum bat, seiner gesamten Reorganisation vorzugreifen, um irgendeinen Geschäftsmann, der in der Klemme saß, unterzubringen.
»Aber es wird auf Ihr Geschäft keine negative Auswirkung haben«, hatte er gesagt, nachdem Cruz das behauptet hatte.
»Es wird sich ein Jahr lang auf den Bargeldfluß auswirken, mindestens.«
Warum hatte er überhaupt mit ihm diskutiert? Es war einfach eine geschäftliche Entscheidung, hatte nichts mit dem persönlichen Schicksal der Angestellten einer anderen Firma zu tun.
»Aber Sie könnten darüber hinwegkommen, oder? Wäre es nicht ein kleines Opfer wert, anderen Menschen den Kummer zu ersparen?«
Meinte der Junge das ernst? Niemand, nicht einmal Cruz selbst konnte voraussagen, was seine Firma brauchte, um zu überleben. Was mochte wohl El Dia machen, wenn er ihnen ein Loch zum Durchschlüpfen ließ?
Cruz war fast so weit gewesen, Ed rauszuwerfen, als Jeffrey sich eingemischt hatte: »Er hat vielleicht recht, Arturo. Es könnte vielleicht gehen.«
»Kann es nicht!« Er bekam einen Wutanfall – sehr untypisch für ihn. Normalerweise hätte ihn das kaltgelassen. Aber wie er sich erinnerte, hatte er das Gefühl gehabt, daß Jeffrey sich irgendwie an Cochran
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