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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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komischerweise noch heil sind, wegschleppen, aber real gebrauchen kannste von denen kaum noch welche für den Rest deines beschissenen Lebens, was dann außerdem auch noch ganz beschissen real kurz is. UND GENAU DAS IS DANN DIE REALITÄT! HASTE KAPIERT?«
    Es war mit Abstand die längste Rede, die Cecil Higgins jemals gehalten hatte. Der Schreckliche Tscheche schien von ihr äußerst beeindruckt zu sein. »Okay, ich häng keine Säufer und Penner mehr auf«, sagte der Schreckliche Tscheche, »aber dafür mußt du mir versprechen, daß du nicht plötzlich den Antrag stellst, auf einmal mit 'nem anderen Partner zu arbeiten. Du bist doch inzwischen der einzige Mensch, mit dem ich noch reden kann.«
    Momentan schienen die verrückten grauen Augen des Schrecklichen Tschechen ausnahmsweise mal nicht ganz so zu glühen. Der alte Streifencop wischte sich eine kleine Palmnuß von der schuppigen Birne, sah sich diese Augen an und mußte – ja, er mußte es tatsächlich zugeben: allmählich fing dieser riesenhafte Verrückte an, ihm ans Herz zu wachsen. Aber schließlich hatte ja, um die Wahrheit zu sagen, auch Cecil Higgins sonst keinen, mit dem er vernünftig reden konnte, mal abgesehen von den übrigen armen Säcken, die sich regelmäßig in Leerys Saloon versammelten.
    »Okay, Junge«, sagte Cecil Higgins. »Ich verspreche dir also, ich werd mit dir zusammenarbeiten, bis ich meine Pension für dreißig Dienstjahre krieg. Was ich wahrscheinlich so und so nich mehr erleb. Ich hoff allerdings, daß ich nich irgendwann doch noch in San Quentin lande, mit 'nem Arschloch, das so ausgeleiert is, daß da echt 'n Autoscooter drin rumgurken kann.«

 

    3. KAPITEL
    Das störrische Stäbchen
    Melody Waters und Chip Muirfield fühlten sich im Anschluß an ihren Brunch, bei dem sie tatsächlich Steak Tatare zu sich genommen hatten, rundum satt und gut. Sie hatten keinen Chardonnay getrunken, wie Mario Villalobos vermutet hatte; sie hatten sich mit Perrier begnügt. Angefüllt mit Steak Tatare und dem Wasser, das derzeit »in« war, hatten die jungen Detectives dann das getan, was sie wirklich am liebsten taten: sie waren zum Coroner gegangen, zum Leichenschauhaus, und dort beglotzten sie jetzt die verstümmelten und zerschnittenen Kadaver, die einst Menschen gewesen waren.
    Zuerst hatten sie sich draußen im Vorraum mit einer Leiche amüsiert, die auf einer Jutematte lag. Einen Mexikaner hatte man dreimal in die Brust geschossen, bloß weil er während einer Auseinandersetzung zwischen zwei Gangs auf der falschen Straßenseite gegangen war und bloß weil dann dem Blutgesetz der einen Gang mit seinem Ableben Genüge getan werden mußte, obgleich er mit dem Streit effektiv nichts zu tun gehabt hatte. Chip Muirfield, der hinter den Toten getreten war, machte den Sack, der den Kopf verhüllte, auf, hob den Kopf leicht an und tat so, als würde der tote Mann, der mit traurigen, starren Augen in die Gegend blickte, auf alle Fragen antworten, die Melody Waters ihm stellte.
    »Wie gefällt Ihnen denn hier die Unterkunft?« kicherte Melody.
    »Is okay«, sagte Chip mit Grabesstimme und schüttelte den Leichensack, so daß die Leiche nickte.
    »Aber allzu lange möchten Sie hier ja wahrscheinlich nicht bleiben, oder?« fragte Melody die Leiche.
    »Nee, so okay isses nun auch wieder nich«, sagte Chip mit seiner Grabesstimme, wobei er den Sack so bewegte, daß die Leiche den Kopf schüttelte.
    Sie hörten erst damit auf, als Mario Villalobos sie überraschte und sagte: »Wie war's, wenn ihr eure makabren Witze mal sausen laßt und euch statt dessen wenigstens 'n bißchen um euren Job kümmert?«
    Während Mario Villalobos auf die Ankunft der beiden Schulterhalfter-Prachtkinder gewartet hatte, war er endlich dazu gekommen, die Fallakte wenigstens kurz zu überfliegen. Dies war immerhin sinnvoller, als im Autopsieraum herumzulungern und darauf zu warten, daß sie Missy Moonbeam ausweiden würden wie die mit köstlichem Häagen-Dazs-Eis gefüllte Honigmelone, die Chip Muirfield und Melody Waters zum Nachtisch verspeist hatten. Es war sicherlich auch sinnvoller, als vom Anfang bis zum Ende zuzugucken, bloß um schließlich zu sehen, wie der Obduktionsgehilfe die zum Schluß völlig leere Leiche doch nicht mit kleinen Häagen-Dazs-Eiskugeln füllte, sondern die daneben liegenden und wirr durcheinandergeworfenen Eingeweide förmlich wieder hineinschaufelte, derselbe Mann im übrigen, der dann sicherlich auch noch die Innenseite des hirnlosen

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