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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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verduften.«
    »Ich verlang 'n Rechtsanwalt!« schrie Elmo McVey.
    »Elmo«, sagte Cecil Higgins, dem das Entsetzen noch in den Knochen saß, »wenn du da wirklich ne alberne Anzeige machst, daß dich fast einer gelyncht hält und all so was, meinste, das würd dir irgendwer glauben? Und selbst wennse dir glauben würden, was meinste wohl, was der Schreckliche Tscheche mit dir macht, wenn er dich nächstens wieder mal in ne Gasse jagt? Ich wette, der würd dir beim nächsten Mal eben nicht bloß den Hals langziehen, bis du hin bist, darauf verwett ich doch meinen Kopf.«
    Dann griff Cecil Higgins in die Tasche und holte zwei Dollar raus. »Los, hau ab und sieh zu, daß du dir 'n Fläschchen besorgst, und vergiß diesen ganzen Blödsinn. Und pack deinen Scheißkram zusammen und zieh deine Show endlich in 'ner anderen Gegend ab.«
    Elmo McVeys Augen waren so groß wie Pokerchips, aber sein Gesicht war nur noch ganz leicht lavendelfarben, als er dann tatsächlich aus der Gasse abhaute, wobei er sich allerdings immer noch das Genick massierte. »Na fein«, sagte er, »die Main Street hat ja auch ihre guten Seiten. Da gibt's ne Mission da unten, die kochen gar nich so schlecht, und zuviel von diesem Jesusscheiß muß man sich auch nicht anhören. Und wenn man da schon mal BHs und Strumpfhosen klaut, steht wenigstens nicht gleich die Todesstrafe drauf.«
    Als später die durch das Seil wundgescheuerte und aufgerissene Stelle abgeheilt war, wußte Elmo McVey kaum noch, ob diese ganze Aufhängerei nicht doch bloß irgendein fürchterlicher Säufertraum gewesen war. Nicht mal er war sich sicher, ob es real gewesen war.
    Fünf Minuten nachdem er den Galgen und das Seil weggeschafft hatte, aß der Schreckliche Tscheche an einem Imbißwagen ein Burrito mit Fleisch und Bohnen, und der alte Streifencop schnorrte bei dem mexikanischen Verkäufer eine Tasse Kaffee und sagte sich, daß es an der Zeit sei, mal eine sehr ernsthafte Unterhaltung zu führen.
    »Eigentlich sollte man an so 'ner Kakerlakenkarre überhaupt nichts essen«, empfahl Cecil Higgins dem Schrecklichen Tschechen, der inzwischen Traubenlimonade trank und auch das nächste Burrito mit der Gier von Leuten, die einen schauerlichen Whiskey-Kater haben, runterschlang.
    »Ach, Scheiße, noch einen«, sagte der Schreckliche Tscheche, obgleich er das Maul noch voller Tortilla hatte. Der Mexikaner, der solchen Schnorrercops schon von Tijuana bis Los Angeles Burritos spendiert hatte, buchte die Freistücke kurzerhand von seinem Konto für Öffentlichkeitsarbeit und Kontaktpflege ab.
    Nachdem die scharfe Soße dem Schrecklichen Tschechen dann zu einem wohltuenden Rülpser verholfen hatte und er sich weniger schlecht gelaunt fühlte, nahm der alte Streifencop seinen riesenhaften Partner behutsam beim Arm und führte ihn zu einer Bank direkt am Teichufer im Mac Arthur-Park. Und als der Schreckliche Tscheche mit seiner Brauselimonade fertig war, sagte Cecil Higgins: »Weißte was, Junge? Mir ist aufgefallen, daß du in der letzten Zeit gar nicht mehr so besonders fröhlich bist!«
    »Tatsächlich nicht?« sagte der Schreckliche Tscheche und rülpste abermals, wobei ihm ein Stück grüne Chilischote aus dem Mund rutschte und in seinem drahtigen schwarzen Schnurrbart hängenblieb.
    »Nee, wirklich nicht. Kann das mit deiner Scheidung zusammenhängen?«
    »Also, die macht mir eigentlich nix mehr aus. An so was bin ich ja gewöhnt nach drei Scheidungen. Ich bin so pleite, daß da kaum noch was für die Advokaten zu holen ist.«
    »Wahrscheinlich kommt's ja auch vom Saufen«, vermutete Cecil Higgins. »Wahrscheinlich sollte man nicht jede Nacht bei Leery rumhängen.«
    »Also, da glaub ich ja eher, daß ich erst richtig verrückt würde, wenn ich nicht jede Nacht bei Leery rumhängen könnte«, sagte der Schreckliche Tscheche.
    Cecil Higgins, der von der letzten Nacht selber noch halb besoffen war, ließ sich von dem grünen Stück Pfefferschote im Schnurrbart des Schrecklichen Tschechen mittlerweile förmlich hypnotisieren. Er nahm sich schließlich doch zusammen, rupfte das scharf gewürzte Stück heraus und warf es in den Teich, wo es sofort von einer weißen Ente verschluckt wurde, die daraufhin völlig aus dem Häuschen geriet und entsetzlich zu quaken anfing.
    »Ich weiß, woran das liegt!« schrie Cecil Higgins mit einem Mal. »Das liegt bloß an dieser verfluchten Zeitung. Du wirst verrückt, weil du immer was aus der Los Angeles Times vorliest!«
    »Glaubste das wirklich?«

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