Der demokratische Terrorist
möglich. Ich verstehe aber trotzdem nicht, was er mit all dem anderen Geld von unseren Konten gemacht hat. Bisher hat er ja annähernd zwanzigtausend Mark in einer Woche ausgegeben, und das ohne jeden Nachweis. Warum plötzlich diese Standardsenkung? Sollten wir sein Spesenkonto nicht noch einmal auffüllen?«
»Doch, tun Sie das«, sagte Loge Hecht, der mit den Gedanken schon ganz woanders war.
Monika Reinholdt war bei dem Überfall verwundet worden. Im Moment des Schusses hatte sie nichts gespürt und auch nicht gemerkt, daß sie blutete. Das stellte sie erst fest, als sie nach dem Wechsel des Fluchtwagens allein in der Stadt war. Sie waren einzeln an verschiedenen Stellen ausgestiegen, um auf eigene Faust zur Breiten Straße zurückzukehren.
Monika Reinholdt hatte zwischen zwei Rippen auf der linken Seite einen acht Zentimeter langen Wundkanal direkt unter der Haut. Wo er endete, war eine dunkle Verunreinigung zu sehen, vielleicht ein Stein oder Bleisplitter. Die Wunde pochte und war schon angeschwollen, aber mit Friederike Kunkels Hilfe hatte die junge Frau die Blutung gestillt und einen Verband mit Wundsalbe aufgelegt. Die Wohnung schien mit Erste-Hilfe-Ausrüstung recht gut versorgt zu sein.
Als Carl wie vereinbart als Vorletzter zurückkehrte, bat er, sich die Wunde ansehen zu dürfen. Sie war dunkler geworden und weiter angeschwollen.
»Es besteht die Gefahr, daß du dir eine Blutvergiftung oder eine Infektion holst. Es dürfte am besten sein, wenn wir das herausschneiden, was du da drinnen hast. Es ist ziemlich dicht unter der Haut zwischen den Rippen«, stellte er fest.
»Bis morgen früh können wir einen Arzt auftreiben, das wäre besser und sicherer«, wandte Friederike Kunkel im Kommandoton ein.
»Willst du damit sagen, daß der Arzt herkommt?« wollte Carl wissen.
»Nein, das geht natürlich nicht. Dazu müßten wir eine Reservewohnung irgendwo in der Stadt aufsuchen.«
»Das gefällt mir aber ganz und gar nicht. Sie wird Fieber bekommen und vielleicht sogar ins Krankenhaus müssen, wenn wir den Dreck in der Wunde lassen. Es ist sicherer, daß ich es hier und jetzt mache, wenn du mir hilfst.«
»Kannst du das?«
»Ja.«
»Dann soll Monika selbst entscheiden. Aber betäuben können wir sie nicht.«
»Das ist auch nicht nötig«, sagte Carl munter, »denn es wird leichter gehen, als ihr glaubt. Solche kleineren Eingriffe müssen wir Militärs auch an uns selbst vornehmen können.«
Monika Reinholdt sah aus, als kämpfte sie einige Zeit mit ihrer Angst, bevor sie ihr Einverständnis gab.
Carl holte sein Messer und legte es zusammen mit einer Pinzette in einen Topf mit Wasser, das er zehn Minuten kochen ließ.
Dann bat er Martin Beer und Friederike um Mithilfe. Martin Beer sollte Monika festhalten und Friederike Kunkel das Blut wegtupfen, während Carl schnitt. In der Wohnung befanden sich mehrere Liter Desinfektionsflüssigkeit, und Carl wusch sich sorgfältig, während er leise vor sich hinpfiff. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund kam ihm die Situation fast komisch vor; immerhin stand ihm ein höchst unerwarteter Einsatz gegen den deutschen Terrorismus bevor.
Sie legten Monika auf den Eßzimmertisch, so daß sie auf der Seite lag und die Wunde nach oben zeigte. Carl bat sie, sich mit beiden Händen an der Tischkante festzuhalten und möglichst still zu liegen. Martin hängte sich um ihre Hüften und preßte sie gegen die Tischplatte.
»So, jetzt mußt du ein tapferes Mädchen sein.« Carl lächelte, beugte sich zu ihr hinunter und küßte sie auf die Wange. »Das hier ist nicht so schlimm, wie du vielleicht glaubst.«
Sie nickte und biß die Zähne zusammen. Carl setzte die Messerspitze am äußeren Wundrand an. Dann holte er tief Luft und schnitt mit einer entschlossenen Bewegung die Wunde in ganzer Länge auf. Es hatte weniger als eine Sekunde gedauert.
Als ob ich Butter geschnitten hätte, dachte er.
Mit Friederikes Hilfe hielt er die Wundränder auseinander, so daß er die Wunde auswaschen und das geronnene Blut, das sich im Wundkanal abgelagert hatte, beseitigen konnte. Am Ende des Wundkanals lagen zwei deutlich sichtbare Kupfersplitter, die von Schmutz oder Stoffresten ihrer Kleidung umgeben waren.
Carl säuberte die Wunde mit der Pinzette, so gut es mit bloßem Auge möglich war, wusch sie nochmals aus, preßte die Wundränder zusammen und klebte sie mit medizinischem Klebeband zu. Er war mit sich zufrieden.
Sie legten eine Kompresse auf die Wunde und verbanden sie. Das
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