Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
Botschaften.
    Die Zentrale befindet sich in Wiesbaden, nicht wahr?«
    stellte er in einem Ton fest, der keinen Widerspruch duldete. Er hatte eine dunkle, klangvolle Stimme. Als Horst Ludwig Hahn bestätigend nickte, fuhr Abu Nidal langsam und eher nachdenkend als an die anderen gerichtet fort: »Wir stellen uns zwei Fragen. Die erste lautet natürlich, ob die Aktion genügend Erfolgsaussichten hat. Wenn man die von Ihnen angeforderten Waffen verwendet und die operativen Möglichkeiten dazu hat, läßt sich selbstverständlich ein sehr gutes Ergebnis erzielen. Dies gilt aber nur ein oder vielleicht zweimal. Sobald der Feind mit der neuen Taktik vertraut ist, ist sie nicht mehr anwendbar. Wir haben also einen oder höchstens zwei Versuche. Wir wollen gern auf Ihre Möglichkeiten und Ihr Ziel Rücksicht nehmen, falls es unseren Interessen dient. Aber andererseits müssen wir uns überlegen, ob wir diese Taktik vielleicht nicht selbst als erste einsetzen. Uns ist natürlich bewußt, daß Sie sich in Europa leichter und sicherer bewegen können. Das macht einen Unterschied. Damit ergeben sich zwei Fragen. Erstens: Sind Sie kompetent? Kann die Aktion sich irgendwie auf das verräterische Spiel zwischen Abu Amar und dem US-Imperialismus auswirken? Das würden wir gern von Ihnen erfahren.«
    Horst Ludwig Hahn leckte sich nervös die Lippen, bevor er antwortete. »Die erste Frage läßt sich leicht beantworten«, begann er. »Wir schätzen die Erfolgsaussichten auf mehr als neunzig Prozent ein, wenn wir die Waffen in die Bundesrepublik Deutschland geliefert bekommen können. Die weitere Logistik können wir von dort aus selbst mühelos bewältigen. Uns steht militärisches Fachwissen zur Verfügung. Unser Genosse hier hat dieses Wissen. Die zweite Frage ist politisch und läßt sich nicht so leicht beantworten. Ich müßte dazu schon mehr darüber erfahren, wie die palästinensischen Genossen die Situation einschätzen.«
    Der Mann hätte lieber Diplomat statt Terrorist werden sollen, dachte Carl, während er fasziniert beobachtete, daß Horst Ludwig Hahns kleine Ansprache tatsächlich auf den Mann Eindruck gemacht hatte, der im Moment der meistgesuchte Terroristenführer der Welt war.
    Lassen Sie es mich so formulieren«, sagte Abu Nidal. »Wenn Sie gegen eine amerikanische Botschaft oder eine CIA-Anlage zugeschlagen haben, mit Waffen, die nach Auskunft meiner Experten sehr gut zu Ihrer Taktik passen, muß man davon ausgehen, daß Sie die Aktion hinterher öffentlich rechtfertigen.
    Grundsätzlich läßt sich natürlich jeder Schlag gegen den amerikanischen Imperialismus begründen. Uns geht es aber um die Frage, wie der Vogel sich auf den Baum setzt und wie die Flügel dann flattern (unbegreifliche Übersetzung, dachte Carl), und welche Gruppen sich hinter die Aktion stellen. Nicht wahr?
    Soviel ich weiß, haben Sie sich auf eine gemeinsame Aktion deutscher, belgischer und französischer Genossen geeinigt. Ich habe die Waffen, die Sie wünschen, aber sie haben einen Preis.
    Lassen Sie mich sagen, daß wir sie schon morgen liefern können. Es ist tatsächlich so. Aber - ich habe einen Preis. Wenn die Aktion Erfolg hat, werden Sie anschließend ein Kommunique veröffentlichen, in dem Sie die Aktion begründen.
    Ich weiß nicht, was Sie sich vorstellen, aber das spielt jetzt keine große Rolle. Ich wünsche, daß ich zu den Unterzeichnern gehöre. Das ist eine angemessene Forderung. Überdies würde meine Unterschrift den Tatsachen entsprechen, da ich Ihnen den Angriff ermöglicht habe. Ich wünsche aber auch, daß die USA in Ihrem Kommunique wegen ihres künftigen Verhandlungsverrats an der palästinensischen Sache verurteilt werden, und zwar völlig unabhängig davon, was Sie sonst sagen wollen. Wie Sie wissen, sind wir Gegner jeder Form einer Aufteilung unserer Heimat, wie sie der Verräter Abu Amar anstrebt. Wenn Ihr Schlag hart und zielgenau ist, kann das ein schwerer Rückschlag für den PLO-Verrat sein. Ich wünsche jetzt eine klare Antwort. Ich denke, daß meine Analyse klar ist und daß Sie mich genau verstanden haben.«
    »Das eine kann ich Ihnen ohne weiteres zugestehen«, erwiderte Horst Ludwig Hahn mit einer bemühten Selbstverständlichkeit, die Carl davon überzeugte, daß der Mann log. »Es ist eine angemessene und berechtigte Forderung, daß Sie offiziell an der Aktion teilnehmen, und zwar aus den Gründen, die Sie soeben genannt haben. Bei der Formulierung des Kommuniques allerdings kann ich aus eigener

Weitere Kostenlose Bücher