Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
Hahn zufolge zu der Sicherheitspolizei gehörten, die in Syrien allgegenwärtig sei. Junge Burschen in Jeans mit groben Armeepistolen und Revolvern im Hosenbund, - Waffen, die zur Hälfe verborgen bleiben und zur Hälfte sichtbar sein sollten. Muß ziemlich unbequem sein, die Dinger so zu tragen, dachte Carl verschlafen, als sie zu einem wartenden schwarzen Mercedes hinausgingen. Der arabische Fahrer begrüßte sie nur kurz und fuhr sofort los, nachdem sie eingestiegen waren.
    Sie fuhren durch ein fast menschenleeres Damaskus einen Hügel hinauf. Der Wagen rollte kreuz und quer durch Villenviertel mit hohen Mauern, von denen Blüten und Kletterpflanzen herabhingen.
    Sie fuhren durch ein großes Tor, das sich sofort hinter ihnen schloß - entweder Elektronik oder unsichtbare Posten, dachte Carl. Der Fahrer zeigte mit dem Daumen auf eine Tür. Sie stiegen aus. Die Haustür ging in dem Moment auf, in dem sie davorstanden. Sie wurden von zwei jungen Burschen mit automatischen Karabinern in den Händen empfangen. Es waren nicht die üblichen AK 47, sondern das neueste Modell, das Carl bisher nur auf Fotos gesehen hatte. Er war der Meinung gewesen, daß es bislang nur bei bestimmten sowjetischen Eliteverbänden, etwa Fallschirmtruppen und der Marine, im Einsatz war. Das kann ja heiter werden, dachte er.
    Sie wurden einer Leibesvisitation unterzogen, die aber eher der Form halber stattfand, wie es schien. Sie hatten keine Waffen bei sich und wurden eine Treppe hinaufgeführt und in einen schwach erleuchteten Raum geleitet, in dem drei Männer mittleren Alters saßen. Der Mann in der Mitte war fast kahlköpfig und hatte brennend intensive, schwarze Augen.
    Soviel Carl wußte, gab es nur ein einziges Foto von diesem Mann, aber er erkannte ihn trotzdem wieder. Es war ohne jeden Zweifel Abu Nidal.
    Keiner der drei Palästinenser stellte sich vor, als sie ihre Gäste baten, sich zu setzen, und den obligatorischen Tee kommen ließen. Abu Nidal sprach langsam arabisch, und einer der neben ihm sitzenden Männer übersetzte. Abu Nidal begann einen politischen Vortrag: »Die Verräter in der PLO sind dabei, sich zum fünften oder gar sechsten Mal mit Hussein von Jordanien auszusöhnen, dem Lakaien des Imperialismus. Der Imperialistenagent Abu Amar (Jassir Arafat) verhält sich so, als ob der Schwarze September, das Massaker an seinem Volk in Jordanien, überhaupt nicht stattgefunden hätte, als ob es die USA nicht gäbe, als ob das Zionistische Gebilde (Israel) aus Brüdern bestünde, mit denen man verhandeln könnte. Syrien ist die einzige Stütze der Palästinenser, ja, in Wahrheit sind wir alle Syrer und ein Teil Syriens. Jetzt sind Syrien und der prinzipientreue Teil des kämpfenden palästinensischen Volkes völlig isoliert. Es ist eine schwere Zeit.«
    Während die Vorlesung andauerte, blickte sich Carl im Raum um. An den Wänden standen Sofas, als wäre es ein Konferenzraum oder ein großes Besuchszimmer. Der einzige Wandschmuck war eine große Palästina-Karte in Gold über dem Kopf Abu Nidais, auf der Jerusalem mit einem silbernen Stern markiert war. Die mit Samt bezogenen Möbel wirkten ein wenig klobig. Auf dem Steinfußboden lagen dicke rote Teppiche, und in einer Ecke des Zimmers stand ein qualmender Petroleumofen.
    Die Fensterläden waren zugeklappt, und die Anwesenden saßen im Halbdunkel.
    Carl hatte abgeschaltet. Soviel hatte er von Horst Ludwig Hahn schon gelernt, daß man im Nahen Osten Geduld aufbringen muß, was auch geschieht und was die Leute auch sagen. Das sei eine männliche Tugend. Wer ungeduldig sei, gilt als »nervös«, und wer »nervös« ist, legt damit eine weibliche Eigenschaft an den Tag, und für ein Mitglied einer kämpfenden Guerillatruppe sind weibliche Eigenschaften ein Unding.
    Schließlich näherte sich der Vortrag dem Höhepunkt, und damit ging Abu Nidal zum Gespräch über.
    »Ich muß in erster Linie wissen, welche Art Ziel Sie sich vorgenommen haben. Ich will wissen, ob die Aktion unserer Sache nützen kann. Das müssen Sie verstehen. Also, wie sieht Ihr Ziel aus?« fragte er und richtete die Frage direkt an Horst Ludwig Hahn, der kurz mit sich kämpfte, bevor er antwortete.
    »Es ist ein amerikanisches militärisches Ziel, genauer eine CIA-Zentrale in Europa«, erwiderte Horst Ludwig Hahn widerwillig, aber in äußerst zuvorkommenden Tonfall. Abu Nidal wartet die Übersetzung ab und dachte kurz nach, bevor er fortfuhr.
    »Die europäischen CIA-Niederlassungen sitzen in den

Weitere Kostenlose Bücher