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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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überreden lassen, oder wie ich das nennen soll.«
    »Was sind das für Waffen? Und wofür wollen Sie sie einsetzen?«
    »Danach müssen Sie Ihren eigenen Nachrichtendienst fragen. Außerdem können Sie diese Angaben nachprüfen, ich meine, daß der, den sie offenbar als ersten töteten, der einzige von uns war, dem die Einzelheiten bekannt waren. Hätte er den Palästinensern alles gesagt, hätten sie uns doch einfach erschossen und die Verhöre nicht fortgeführt. Das ist doch absolut logisch, wenn Sie mal darüber nachdenken.«
    »Ja, vorausgesetzt, daß Sie die Wahrheit sagen und daß es tatsächlich nur dieser Deutsche war, der alles wußte. Ich darf doch annehmen, daß er Deutscher war? Aber das kann ich nachprüfen. Glaube ich jedenfalls.«
    »Haben Sie meinen Paß?«
    »Nein.«
    »Wo befindet er sich?«
    »In der schwedischen Boschaft. Dort hat man verlangt, Sie zu sehen. Wie Sie verstehen werden, konnten wir die Erfüllung dieser Bitte kaum verweigern. Was ich jetzt sage, bedeutet natürlich auch, daß Sie sich sicher fühlen können. Sie werden aber auch verstehen, daß ich es nicht für richtig gehalten habe, sofort darauf hinzuweisen.«
    »Sie sind zu liebenswürdig, Herr Oberstleutnant. Aber wie zum Teufel ist mein Paß in der schwedischen Botschaft gelandet?«
    »Diese Frage verstehe ich nur zu gut. Im Hotel behauptete man, gestern habe jemand mit einem palästinensischen Akzent angerufen und erklärt, Sie seien ermordet worden, und das Hotel müsse veranlassen, daß Ihr Paß in die Botschaft gebracht werde.
    Seltsam, finden Sie nicht auch?«
    »Nein, durchaus nicht. Der Anrufer muß das wohl selbst für wahr gehalten haben, und um ein Haar wäre es ja auch wahr gewesen. Ich vermute, daß der Anrufer Ihnen vielleicht einen Streich spielen wollte, was weiß ich.«
    »Tja, könnte sein. Fühlen Sie sich heute stark genug für weitere Besuche?«
    »Ja.«
    »Ich komme wieder, wenn es Gründe dafür gibt, aber bis auf weiteres akzeptiere ich Ihre Angaben. Was Sie Ihrer Botschaft erzählen, geht mich zwar nicht gerade etwas an, aber…«
    »Ja, aber?«
    »Ich gehe davon aus, daß weder Sie noch wir daran interessiert sind, die schwedischen Behörden in irgendwelche Waffengeschäfte hineinzuziehen.«
    »Nein, ganz und gar nicht. Aber wie soll ich meine Lage erklären?«
    »Wahrscheinlich sind Sie irgendwelchen barbarischen und blutrünstigen arabischen Straßenräubern in die Hände gefallen.
    Erzählen Sie etwas in dieser Richtung. Wie gesagt, ich komme wieder, wenn es sich als unwahr erweisen sollte, daß dieser Deutsche die einzige Informationsquelle war. Ich wünsche baldige Genesung.«
    Carl starrte an die Decke und kämpfte gegen den Schlaf an. Er ging davon aus, daß sein Krankenzimmer abgehört werden konnte und daß es den Syrern gelingen würde, einen Schwedisch-Übersetzer aufzutreiben. Die Botschaft mußte ihm helfen, das Krankenhaus möglichst schnell zu verlassen, aber er mußte verlangen, allein nach Deutschland und nicht nach Schweden zurückzufliegen. Das würde eventuell zu kniffligen Diskussionen führen.
    Er schlief traumlos. Mitten in der Nacht wachte er kurz auf und stellte fest, daß sich die Botschaft nicht gemeldet hatte. Dann schlief er wieder ein. Sein letzter Gedanke war, daß sich die Waffen jetzt irgendwo in der Nähe von Istanbul befinden mußten.
    Gegen elf Uhr am nächsten Tag erschien die Krankenschwester und entfernte seinen Kopfverband. Man hatte seine Platzwunde auf der Wange mit acht Stichen vernäht. Im übrigen bestand sein Gesicht nur aus einem einzigen blaugrünen Veilchen. Mit den Schußverletzungen, versicherte die Schwester Carl, habe er mehr Glück als Verstand gehabt. Beide Kugeln hätten den Körper sauber durchschlagen, ohne anderes Gewebe zu verletzen als solches, das wieder nachwachsen werde. Weder Blutgefäße, Ligamente noch Sehnen seien zerrissen worden. Er müsse einen Schutzengel gehabt haben, meinte sie. Und als er sie daraufhin verblüfft anstarrte, erklärte sie, sie sei Christin und habe sich deshalb so ausgedrückt.
    Schutzengel - wenn du wüßtest, was für ein Engel von Kollegin da geschossen hat, dachte er.
    Zu seinem Entsetzen erkannte er den schwedischen Diplomaten wieder, der plötzlich in der Tür stand. Es war der gleiche hochmütige, schwachköpfige Taugenichts, dem er vor einem Jahr in Beirut begegnet war und der schwedische Entwicklungshelfer in den palästinensischen Flüchtlingslagern für so etwas wie kurzlebige Verbrauchsgüter

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