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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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mußt zugeben, daß Don Corleone schneller zum Schuß kommen würde.«
    »Don Corleone? Welcher Corleone, zum Teufel?«
    »Corleone. Du weißt doch, der Pate, Mafia. Wir drehen hier zwar ein paar juristische Pirouetten, aber es läuft auf das gleiche hinaus. We have put a contract on those guys, nicht wahr?«
    Näslund war durchaus nicht amüsiert. Er verstand die Pointe nicht, wollte aber nicht um weitere Erklärungen bitten. Er verfluchte seine Situation. Es war unausweichlich, daß er jetzt diesen Hamilton um etwas bitten mußte, und das war eine Vorstellung, die ihm ganz und gar nicht behagte. Es blieb ihm aber keine Wahl. Die Deutschen hatten recht. Es stand tatsächlich viel auf dem Spiel.
    Wenn die Deutschen ihre Zusammenarbeit nicht bekämen, würde der Informationsfluß aus Köln künftig wohl etwas dürftiger ausfallen. Immerhin war der Verfassungsschutz eine ihrer allerwichtigsten Informationsquellen.
    Näslund ging plötzlich auf, was mit Corleone gemeint gewesen war. Sein Gesicht hellte sich ein wenig auf.
    »Also gut«, sagte er, »they gave us an off er we couldn’t refuse.
    So ist es tatsächlich.«
    Er drückte auf den Knopf der Gegensprechanlage und stellte fest, daß seine Sekretärin an ihrem Platz saß.
    »Verbinde mich mal mit diesem Hamilton, du weißt doch, Carl Gustav Gilbert Hamilton, irgendwo in Gamla Stan.«
    Es gab nur einen Mann, den Carl verabscheute. Und die Sekretärin dieses Mannes hatte jetzt drei dringende Mitteilungen auf seinen Anrufbeantworter gesprochen. Sie sagte, es gehe um eine Angelegenheit von höchster Wichtigkeit. Das hörte sich aus ihrem Mund unnatürlich an. Natürlich mußte es sich um etwas Dringendes handeln, aber wenn Näslund dahintersteckte, konnte die Angelegenheit nur unangenehm sein.
    Carl lag mit einem Badelaken um die Hüften auf seinem Bett. Er hatte in seiner eigenhändig eingerichteten Mischung aus Fitness-Studio und Schießstand soeben eine Trainingsrunde hinter sich gebracht; der Trainingsraum lag auf der Hofseite der Wohnung hinter einer Stahltür. Er hatte in den letzten Monaten sehr hart trainiert, weil er den Eindruck gewonnen hatte, daß er allmählich zu altern und fett zu werden begann, und wohl auch, weil er ein Ventil für seine Aggressionen und seine Verzweiflung gebraucht hatte, falls Verzweiflung das richtige Wort dafür war. Kein Tag seines bisherigen Lebens, soweit er sich erinnern konnte, war mit dem Fiasko dieses 2. Dezember vergleichbar.
    Am Morgen war die Post ungewöhnlich früh gekommen, noch bevor er zur Militärhochschule gegangen war, um die theoretische Schlußprüfung des Hauptmannskurses abzulegen.
    Zunächst sah es aus, als wären nur ein paar Rechnungen gekommen, aber dann entdeckte er die Ansichtskarte aus Kalifornien.
    Die Karte war von Tessie. Man hatte sie ihm von seiner alten Adresse nachgeschickt. Die sachliche Mitteilung war kristallklar, aber dennoch völlig unbegreiflich:
    Lieber Charlie, habe heute geheiratet. Rechne damit, glücklich zu werden. Wollte nur, daß Du es weißt.
    Tessie Das Motiv auf der Vorderseite der Karte war trivial: Surfbretter im Sonnenschein auf einer schön geschwungenen Woge. So war es aber gewesen. Das Foto hätte genausogut aus der Zeit stammen können, als sie noch zusammen waren, und das hatte sie natürlich auch gewußt, als sie die Karte aussuchte.
    Warum wollte sie, daß er es erfuhr? Wollte sie ihm weh tun, oder wollte sie ihm zu verstehen geben, daß eigentlich sie ein Paar hätten werden sollen? Hatte sie je begriffen, warum er nie erzählen konnte, aus welchem Grund er in diesen zweieinhalb gemeinsamen Jahren so gut wie jede Woche einmal aus der Stadt verschwunden war?
    Und warum hatte er ihr nichts erzählt? In dem Fall hätte ja alles anders kommen können. Nein, in der Kernfrage hätte auch das nichts geändert. Der zivile Teil seiner kalifornischen Ausbildung war nichts Besonderes, abgesehen vielleicht von den Computerkursen. Da sie Jura studierte, würde sie mit ihrer Ausbildung in Schweden nichts anfangen können. Und da seine Ausbildung hauptsächlich militärischer Natur war und geheim dazu, konnte er sich kaum in die USA absetzen; nein, es hätte wohl nie geklappt.
    Am Ende waren sie im Unfrieden auseinandergegangen, weil er nicht erzählen konnte, warum er regelmäßig von der University of California in San Diego verschwand und mit dem Wagen nach Norden fuhr.
    In den fünf Jahren in den USA war er zunächst ausgebildet worden und hatte dann auf der Californian Sunset

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