Der demokratische Terrorist
Einsatz in Paris: Ein detaillierter Bericht steht noch aus, aber nach vorläufigen Angaben hat man vier Terroristen gefaßt.
In der Einsatzzentrale herrschte Siegesstimmung.
Carl hatte das Gefühl, als wäre das Ganze ein Traum. Er sah sich hilfesuchend um und ging dann zu Loge Hecht, der mit bleichem Gesicht am hinteren Ende des Zimmers stand.
»Was ist mit dem Franzosen passiert? Habt ihr schon etwas gehört? Er war einer von uns«, sagte Carl. Er hatte immer noch Mühe, seine eigene Stimme zu hören. Die Ohren dröhnten ihm noch von den Blitz-Blend-Granaten.
Loge Hecht schüttelte nur den Kopf. Carl brauchte ein paar Sekunden, bevor ihm die Tragweite dieses Schweigens aufging.
»Er war Major der DGSE, einer von uns«, versuchte es Carl erneut.
Loge Hecht schüttelte wieder nur den Kopf.
Hans May trat zu ihnen und drückte Carl eine grüne Baskenmütze auf den Kopf.
»Jetzt sind Sie einer von uns, Hauptmann Charlie«, sagte er feierlich. Er machte einen tiefen Zug aus seiner Zigarette und fuhr fort: »Diese Mütze bekommt nicht jeder Hans und Franz, aber Sie sind ohne jeden Zweifel derjenige, der sie bisher am meisten verdient hat. Ich heiße Sie bei unserer Truppe herzlich willkommen.«
Er schüttelte Carl erneut herzlich die Hand. Die heftigen Bewegungen ließen Carls ganzen Körper schmerzen. Er glaubte zu spüren, daß es irgendwo wieder zu bluten begann, aber das war wohl nur so ein Gefühl.
»Wurden in der Breiten Straße alle getötet?« fragte Carl mit leiser Stimme. Er fühlte sich mit der grünen Baskenmütze unbeschreiblich lächerlich.
»Ja«, bestätigte der deutsche Oberst.
»Warum haben Sie sie nicht lebend gefaßt?« fragte Carl und versuchte dabei, seinem Blick auszuweichen. Er sah Monika vor sich.
»Aus drei Gründen. Sehr einfach. In rein psychologischer Hinsicht ist ein harter Schlag genau das, was diese Figuren brauchen. Außerdem gehen wir keinerlei Risiko ein, wenn wir uns zu einer so umfassenden Aktion entschließen. Und drittens ist niemand mehr da, der etwas über Ihre Rolle aussagen kann.
Dafür dürften Ihre Vorgesetzten genauso dankbar sein wie unsere Politiker.«
Während Carl immer noch benommen vor sich hin starrte, verschwand der Oberst mit langen Schritten zur Tür, um sich zu einer Pressekonferenz zu begeben. Auf dem Weg hinaus zerrte er Loge Hecht mit sich.
Siegfried Maack stand hinter einem Funker und diktierte etwas.
Das Chaos im Raum legte sich allmählich.
Carl riß sich die grüne Baskenmütze vom Kopf, warf sie auf eine leere Schreibtischplatte und ging zu Maack.
»Was ist in Stockholm passiert?« fragte er.
»Sie haben zwei Mann ohne Gegenwehr festgenommen. Vier Waffen und acht Geschosse wurden sichergestellt, falls es das ist, was du wissen willst«, erwiderte Maack kurz und fuhr mit seinem Diktat fort.
Der Raum erzitterte unter den Vibrationen eines landenden Hubschraubers. SET Gelb kehrte gerade zurück.
Einige Minuten später taumelten die Soldaten im Siegesrausch ins Zimmer. Mehrere von ihnen hatten Blut an Stiefeln und Hosenbeinen. Sie stürzten zu Carl, schlugen ihm auf den Rücken und drückten ihm die Hand.
»Dies war der größte Sieg in unserer Geschichte«, sagte einer von ihnen, der noch vor Erregung zitterte.
Sie hatten einen grünen Stahlkoffer mitgebracht und baten Carl zu prüfen, ob er seine gesamte Habe und sonstige Gegenstände enthielt, auf die er Anspruch hatte. Carl öffnete den Koffer. Er fand seine Kleidung vor, einen reichverzierten arabischen Dolch und eine Schatulle aus Damaskus, einen teuren Kassettenrecorder sowie einen Stapel Kassetten. Das Fagottkonzert KV 191 fehlte. Es lag vermutlich noch neben der Stereoanlage in der Breiten Straße. Der Koffer enthielt auch einen vermutlich irgendwo gestohlenen Smith & Wesson-Revolver, den er von den Terroristen erhalten hatte, sowie seine Beretta 92 S, die ihm der Verfassungsschutz zusammen mit dem Zusatzmagazin mit Sender anvertraut hatte. Das Geld, das man in der Nähe seines Betts gefunden hatte, war schon sichergestellt worden, da es Eigentum der Bundesrepublik war. Statt des Geldes erhielt Carl kurze Zeit darauf von Siegfried Maack eine Quittung. Maack quittierte ihm auch den Empfang der zurückgegebenen Waffen.
»Wir haben dir ein Hotelzimmer besorgt. Wenn es dir recht ist, fliegst du morgen um 15.20 Uhr wieder nach Hause«, sagte Siegfried Maack, ohne Carl in die Augen zu sehen.
»Hast du etwas, womit ich mich ruhigstellen kann?«
»Wieso?« fragte Siegfried Maack
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