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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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anzuziehen.
    »Die Schwäche dieses Stahls ist, daß er leicht bricht. Wenn man auf Knochen oder zu harten Knorpel stößt, besteht die Gefahr, daß die Schneide bricht. Aber schließlich zielt man ja auf die Weichteile. Eine schnelle, seitliche Bewegung über deinen Hals, und du würdest kaum den Schmerz spüren, eher so etwas wie Erstaunen, wenn dir aufginge, daß du nichts sagen kannst, nicht atmen und daß dir das Blut aus den beiden durchschnittenen Halsarterien schießt wie eine Fontäne. Sticht man in der Magengegend zu, kann man das Messer schnell nach oben ziehen, durch den Brustknorpel, der die Rippen zusammenhält, bis zum Kinn. Auf dem Weg dorthin hat man das Herz in zwei etwa gleich große Hälften zerteilt. Theoretisch tritt dann sofort der Tod ein, was allerdings davon abhängt, ob man den Herztodbegriff oder den Hirntodbegriff vorzieht.
    Wahrscheinlich würde ich aber von hinten kommen, dir die Hand über den Mund legen und dir den Hals durchschneiden, also die Arterien, ebenso die Speise und die Luftröhre. Du bekommst einen Schock, zappelst in meinem Arm und stirbst, ohne den geringsten Lärm gemacht zu haben.«
    »Willst du, daß ich mich übergebe, oder worauf willst du eigentlich hinaus?« fauchte Siegfried Maack zwischen zusammengebissenen Zähnen. Er sah tatsächlich so aus, als würde er gleich zu würgen beginnen.
    »Nein«, sagte Carl leichthin, in einem anderen Tonfall, während er das Messer schnell in seine Tasche zurücklegte, »aber ein bißchen provozieren will ich dich schon. Du findest das barbarisch, nicht wahr?«
    »Das kann ich nicht leugnen.«
    »Der Kampf gegen den Terrorismus soll mit intellektuellen Mitteln geführt werden, mit Computern, mit systematisch geordneten Fahndungshinweisen und so weiter?«
    »Ja, das ist sozusagen eher unser Stil, jedenfalls mein Stil.«
    »Dein Stil und der, auf den ihr gerade beim Verfassungsschutz aus historischen Gründen angewiesen seid. Aber das ist ja nicht der Stil ganz Deutschlands. Gerade in dem Haus, in dem wir sitzen, bin ich nicht gerade der einzige Gewalttäter.«
    »Nein, natürlich nicht. Aber ich möchte es lieber vermeiden, dich mit diesen Pavianen zu vergleichen.«
    »Warum denn? Weil ich netter aussehe oder weil ich Kollege bin?«
    »Natürlich weil du mein Kollege bist. Das sind die nicht, die sind ein notwendiges Übel.«
    »Also die Gewalt als letztes Mittel. Nun, du bist nicht gegen die Gewalt, du bist gegen das Messer, ein sehr einfaches und primitives Gerät, dessen Funktionen sich seit der Steinzeit nicht sonderlich verändert haben. Du findest das Messer schlimmer als einen Revolver von Smith & Wesson, sagen wir mal einen.3 57er Magnum, wie ihn die Burschen hier verwenden?«
    »Ja, so ist es. Mir ist klar, daß du auf irgendeine Inkonsequenz aus bist, aber so ist es nun mal. So dürften die meisten normalen Menschen denken.«
    »Schon möglich, aber du und ich sind nicht besonders normal. Ich meine, jedenfalls in der Hinsicht, daß von uns erwartet werden darf, daß wir diese Frage durchdacht haben. Ich habe es jedenfalls getan und offensichtlich konsequenter als du, wie es scheint. Du hast nur Vorurteile, Siegfried. Hier, sieh mal, ich will dir etwas zeigen, was dich vielleicht zu einem etwas nuancierteren Urteil bringt.«
    Carl ging zu dem Computer, schaltete ihn ein, tippte einige Tasten an, nickte und griff nach einem kleinen Etui, das er auf dem Weg zu seinem Platz am Tisch öffnete.
    »Das hier«, sagte er, »ist ein Motorola RDX 1000, ein tragbares Terminal und in gewisser Hinsicht ein Stolz unserer Firma. So, wir wollen mal sehen. Computer sind dumm, vergiß das nicht.
    Außerdem scheinst du nicht ganz verstanden zu haben, daß ich mich in den USA nicht ausschließlich mit barbarischen Dingen befaßt habe. Es gibt nämlich zwei Dinge, auf die ich mich gut verstehe, Siegfried, nämlich einmal, Menschen im Dunkeln den Hals durchzuschneiden, obwohl das immerhin nur ein theoretisches Wissen ist, von dem ich hoffe, daß ich es in der Praxis nie einsetzen muß. Und das zweite ist der Umgang mit solchen kleinen Computern. Also, diese beiden Kisten hier im Zimmer sind so dumm, daß sie nicht mal begreifen, daß sie sich im selben Raum befinden, nicht wahr? So, jetzt ruft die GSG9 über ihr tragbares Terminal deinen Computer hier im Raum an, der über das Telefonnetz mit dem Verfassungsschutz in Köln verbunden ist. Soweit alles klar?«
    Siegfried Maack nickte. Bis jetzt war das Ganze nicht sonderlich kompliziert. Er gab

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