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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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müssen wieder nach oben.«
    KC drehte sich um und sah Michael endlich wieder an. »Das habe ich geregelt.«
    »Ach, wirklich?« Michael versuchte seine Skepsis mit einem Lächeln zu mildern.
    »Wirklich«, erwiderte KC. »Ich schaffe uns hier ruckzuck raus.«
    »Also gut«, sagte Michael, wandte sich ab und machte sich auf den Weg zur Mauer auf der anderen Seite und zu dem Rohr, aus dem es nach draußen ging. Er ließ sich auf dem Rücken treiben. Die Strömung trug ihn auf das anderthalb Meter lange Rohr zu, das jetzt wie ein Abfluss arbeitete. KC schnallte sich die Lederrolle auf den Rücken und folgte ihm.
    Als Michael das Rohr erreichte, holte er tief Luft, tauchte unter und wurde mit den Füßen voran hineingesaugt. Die Arme streckte er zu beiden Seiten aus, um zu verhindern, dass er gegen die Innenwand des Rohres geworfen wurde. Er wurde ausgespien und landete in der Hauptzisterne. Die Welt um ihn her war pechschwarz; hier drinnen glühten keine Leuchtstäbe mehr. Michael griff in seine Tasche und zog die Taschenlampe heraus. Als er sie einschaltete, brach sich der Lichtstrahl an den Wänden. Michael drehte sich um und leuchtete in Richtung der Wand, wo KC gerade aus dem Rohr gespien wurde. Kaum dass sie aufgetaucht war, rieb sie sich das Wasser und das blonde Haar aus dem Gesicht. Michael musste grinsen, als er an ihre Vorliebe für Extremsport denken musste und sich fragte, ob das hier wohl sportlich und extrem genug für sie war.
    Er und KC wateten durch das schulterhohe Wasser der Zisterne. Beide zitterten am ganzen Körper, weil das Wasser bitterkalt war.
    »Bevor wir aus dem Haupteingang nach draußen gehen«, sagte Michael, »müssen wir irgendwie hier unten rauskommen.«
    Als KC nicht antwortete, blickte Michael sie fragend an.
    Ohne ein Wort zu sagen, leuchtete KC mit der Taschenlampe an dem Gartenschlauch entlang, der unten im Wasser hing und oben in der Decke verschwand.
    »Okay.« Michael grinste. »Dann sind wir ja fast schon zu Hause.«
***
    Geplagt von banger Erwartung saß Busch noch immer hinter dem Steuer der Limousine. Die letzten VIP-Partygäste waren längst in den Palast gegangen, und die Paparazzi hatten sich erst einmal verzogen, um sich einen Drink zu genehmigen und neue Kräfte zu sammeln, um später das vor die Linse zu bekommen, was da unweigerlich kommen würde: das trunkene Taumeln irgendwelcher Damen und Herren der besseren Gesellschaft.
    Die Welt schien sich ein wenig beruhigt zu haben, und Stille hatte sich über die Altstadt Istanbuls gesenkt, da das bunte Treiben der Party jetzt nur noch hinter den Mauern des Topkapi-Palasts stattfand. Da kam plötzlich eine ganze Kolonne von Polizeiwagen schlitternd vor dem Haupteingang zum Stehen. Aus den acht Wagen sprangen dreißig Polizisten, die zwar mit gezogenen Waffen in verschiedene Richtungen ausschwärmten, aber alle das gleiche Ziel hatten. Je eine Vierergruppe rannte nach Osten und nach Westen, während weitere vier Gruppen auf das Palastgelände stürmten.
    Busch schlug das Herz bis zum Hals. Er wusste, dass die Polizisten nur aus einem einzigen Grund hier sein konnten.
***
    Nachdem sie sich am Gummischlauch nach oben gezogen hatten und aus dem Bauloch geklettert waren, sprangen Michael und KC auf und schauten sich auf dem Hof um, der in völliger Dunkelheit lag. Der Partylärm drang durch das Tor der Begrüßung, das als eine Art Trennwand zwischen dem zweiten und dritten Hof fungierte. In der Blüte des Osmanischen Reiches war der dritte Hof das Allerheiligste des Sultans und seiner Familie gewesen, ein Refugium, das ausschließlich die Familie des Sultans zu Gesicht bekam und die wenigen Mitarbeiter, denen er vertraute. Zur Linken befanden sich die Schatzkammer und das Kostümmuseum; davor stand der weiße Marmorbau der Bibliothek von Ahmed III. Die beiden Wachmänner standen immer noch vor dem Tor der Glückseligkeit, mit dem Rücken zum dritten Hof, nicht ahnend, das nur siebzig Meter hinter ihnen zwei Diebe standen.
    Als Michael und KC die Blicke über das Gelände schweifen ließen, die Ohren spitzten und lauschten, um sich einen Eindruck davon zu verschaffen, ob die Luft wirklich rein war, stellten sie fest, dass sich nirgendwo weitere Wachmänner oder Polizisten befanden, doch sie wussten beide, dass es nicht so bleiben würde.
    »Also«, flüsterte KC, als sie in nordöstlicher Richtung auf die Marmormauer zuliefen, wo sich am Ende des Gehweges eine große schwarze Eisentür befand. Sie schaute Michael über die

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