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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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dem zerrissenen Gewand. »Und dieser Mann …«
    »Michael«, fiel der Mönch ihm ins Wort. »Nicht alles ist friedlich hier. Nicht alles ist, was es zu sein scheint.«
    »Wie alt ist dieser Ort?«
    »Er wurde vor der Zeit gebaut, an die der Mensch sich erinnern kann, und zwar, um einen Riss in der Erde zu verbergen.«
    »Er fühlt sich so …«, Michael suchte nach dem richtigen Wort, »… so heiter an, so friedlich.«
    »Obwohl Sie den Frieden des Himmels spüren, liegt die Qual der Hölle unter unser beider Füße. Und es ist jemand hergekommen, um die Hölle neu zu erwecken und auf die Welt loszulassen. Um die Geheimnisse zu stehlen, die seit Jahrtausenden hier versteckt sind.«
    »Wo sind sie denn alle?« Michael trat ans Fenster und blickte über das Gelände, das er gerade noch für so friedlich gehalten hatte, das ihm jetzt aber plötzlich so vorkam, als künde es von drohendem Unheil.
    »Die Menschen, die hier leben, sind als Geiseln genommen worden. Einer ist tot.«
    »Und die Leute, die dafür verantwortlich sind?«
    »Die warten. Auf Sie.«
    »Was?«, fragte Michael und umklammerte instinktiv den Griff seiner Pistole. »Wo?«
    »Sie dürfen nicht zulassen, dass diese Leute hier irgendetwas stehlen.«
    »Ich bin unten in Ihren Räumen gewesen. An das Gold können sie problemlos heran, und der Schatz …«
    »Diese Dinge interessieren mich nicht.«
    »Ich bin auch in Ihrer Bibliothek gewesen. Das Türschloss ist aufgebrochen worden. Da sind Regale, die mit Etiketten markiert sind, auf denen Dinge stehen, die ich mir niemals hätte vorstellen können.« Michael stockte. »Die Regale sind leer«, sagte er dann. »Venue hat bereits …«
    Der Mönch hob die Hand. »Sie haben nichts, was von wirklichem Wert ist. Diese Gegenstände – die Schriftrollen, Pergamente und Bücher – sind vor nahezu fünfhundert Jahren fortgeschafft worden. Man hat sie sehr gut versteckt, in einem Raum, den sie niemals finden werden.«
    Der Mönch schaute Michael an. Sein Blick war sanft, beinahe väterlich; trotzdem lag eine Warnung darin.
    »Nichts darf aus dem untersten Stock dieser heiligen Stätte genommen werden. Das würde die Pforten zur Finsternis öffnen und eine ansteckende Krankheit freisetzen, die den Menschen den Verstand rauben und sich auf der ganzen Welt ausbreiten würde. Venue strebt nicht nur nach Reichtum, sondern auch nach göttlichem Wissen, nach der Macht der Finsternis.«
    Michael spürte mit einem Mal, dass der Rucksack über seiner Schulter immer schwerer wurde. Schuldgefühle überkamen ihn. Er drehte dem Mönch den Rücken zu und schaute noch einmal auf die Bilder an den Wänden, blickte aus den Fenstern nach draußen auf die unfassbare Welt zu ihren Füßen. In seinem Hirn herrschte ein einziges Chaos, und er hatte schreckliche Angst um KC. Nur sie hatte er retten, aus der Gewalt ihres Vaters befreien und von diesem Ort wegschaffen wollen, aber jetzt lagen ihm die Worte des Mönches wie ein Stein auf dem Herzen. Der Mann schien in der Lage zu sein, seine Gedanken zu lesen, als würde er seine Absichten kennen und als wüsste er genau, was sich in Michaels Rucksack befand.
    »Sie kommen.«
    »Wer?« Michael blickte zur Tür und hob seine Pistole.
    »Eines dürfen Sie auf keinen Fall vergessen, Michael: Halten Sie sich immer im Licht. Und hören Sie nicht auf die Stimmen, denn sie werden Sie belügen und Ihnen alles versprechen, was Ihr Herz begehrt. Die Stimmen wissen, was Sie wollen und was und wen Sie lieben.«
    Michael beobachtete den Mönch aus den Augenwinkeln, nur war er plötzlich nicht mehr da: An der Stelle, an der er gerade noch gestanden hatte, fielen helle Sonnenstrahlen durchs Fenster.
    »Michael?«
    Michael drehte sich um und erblickte KC. Sie stand im Türrahmen, allein. Das Licht der Kerzen funkelte in ihren feuchten Augen. Sie blickten einander an. Michael wurde von Erleichterung übermannt.
    »Was tust du denn hier?«, fragte KC schließlich in ärgerlichem Tonfall.
    Michael, verwundert über den rüden Empfang, fragte: »Alles in Ordnung?«
    Als er auf sie zutrat, erwachte die Dunkelheit hinter ihr plötzlich zum Leben. Vier Wachmänner standen im Korridor. Als sie in den Raum stürmten, kamen hinter KC drei weitere Personen zum Vorschein: Iblis, Venue und Cindy.

49.
    B usch lag auf dem warmen Höhlenboden und hielt das Scharfschützengewehr fest gegen die Schulter gepresst. Hin und wieder bewegte er die Waffe ein wenig, nahm einzelne Blumen und Zweige ins Visier und justierte die

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