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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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dich.«
    »Nein, Michael«, widersprach KC, »ich bleibe hier.«
    Michael starrte sie an. »Es wird Zeit, dass du gehst.«
    »Nein«, antwortete KC trotzig.
    »Geh!«, rief Michael und wandte ihr den Rücken zu.
    »Ich werde dich nicht verlassen.« KC versuchte, die Tränen zurückzuhalten, doch sie strömten ihr trotzdem über die Wangen.
    Mit tränennassen Augen sah sie Cindy an, die sie mit kühlem Blick anstarrte, ohne Mitleid und Reue, ehe sie nach der Hand ihres Vaters griff.
    Michael schaute Iblis an. »Wenn KC bei meinem Freund in der Höhle ist, ohne dass ihr ein Haar gekrümmt wurde, werdet ihr eure Belohnung bekommen.« Er wandte sich Venue zu. »Von mir aus können Ihre Männer sie fesseln, um sie hier herauszuschaffen.«
    Venue nickte Iblis zu, der sich sofort dem Wachhund zuwandte, der zu seiner Rechten stand. Der Mann war gut eins neunzig groß und besaß die Statur eines Holzfällers. Mit gehorsamem Blick erwartete er die Weisung seines Herrn.
    »Begleite sie zurück zur Höhle. Tu ihr nichts zuleide und funk mich an, wenn ihr dort seid«, befahl Iblis.
    »Der Mann wird sie dort abliefern«, gab Michael seinerseits weitere Anweisungen, »und sich auf den Rückweg machen, während ich sie weiterhin im Blick halte.«
    »Von mir aus.« Venue nickte dem Wachmann zu.
    Der große, bullige Mann packte KCs Arm und führte sie auf die Treppe zu.
    KC versuchte, sich von ihm loszureißen. »Rühren Sie mich nicht an!«
    Der Mann bog ihren Arm brutal nach hinten und presste ihn gegen ihren Rücken. Dann hob er sie mit Leichtigkeit hoch und eilte mit ihr die Treppe hinunter. Alle liefen hinterher, während KCs Schreie durch dem Tempel hallten. Sie betraten das Gotteshaus und gingen auf die Tür zu. KC trat um sich und kreischte so laut sie konnte, als der Wachhund sie aus dem Tempel trug. »Nein! Michael, bitte …«
    Mit lautem Knall fiel die Tür ins Schloss. Zwei Wachhunde hoben ein langes Holzstück vom Boden, das die Form eines Kanonenrohrs hatte, klemmten es vor die Tür und sicherten sie auf diese Weise.
    Michael trat neben die Tür und beobachtete durch den kleinen Fensterschlitz, wie KC sich weiterhin gegen den Mann wehrte. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen, als er sah, wie sie ausholte und dem Mann mit Wucht einen Schlag auf die Nase versetzte.
    Iblis löste sich von den anderen und gesellte sich zu Michael.
    »Komm mir nicht zu nahe«, sagte Michael, ohne Iblis anzusehen.
    »Entspann dich. Noch einmal werde ich nicht versuchen, dich zu ertränken.«
    Inzwischen dämmerte es über dem Berg. Lange, düstere Schatten senkten sich über das Tal. Wegen der kahlen Felswände, die sich um den Tempel herum erhoben, würde die Nacht viel schneller kommen als anderswo.
    »Hättest du ihr wirklich die Kehle durchgeschnitten?«, fragte Michael, dessen Blick nach wie vor auf KC ruhte, die gerade die Höhle erreichte.
    Eine ganze Weile blieb es still. Iblis konzentrierte sich ebenfalls auf KC und auf das, was sich vor dem Fenster abspielte.
    »Hättest du sie wirklich in die Luft gejagt?«, fragte er dann.
    Michael und Iblis standen da, Seite an Seite, und beobachteten, wie KC widerwillig den Hang hinaufkletterte und im Höhleneingang verschwand. Der Wachhund drehte sich um und machte sich auf den Rückweg zum Tempel.

51.
    K C lief in die Höhle und stürzte beinahe über Busch, der dort flach auf dem Boden lag, sein Scharfschützengewehr im Anschlag. Sofort drehte sie sich wieder um und sah, wie der Wachhund mit langsamen Schritten zum Tempel zurücktrottete. Innerhalb von Minuten war es Nacht geworden am Kangchendzönga, doch als KC auf das geheimnisvolle Tal hinunterschaute und auf den Tempel blickte, in dem Geheimnisse verborgen waren, die Gott allein kannte, fühlte sie sich wie in einer anderen Welt, weit weg vom Berg.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Busch, der mit unverminderter Intensität durch das Zielfernrohr blickte. Hinter ihm brannte ein kleines Feuer.
    »Nein, nichts ist in Ordnung.« KC sah müde aus, und ihr Gesicht war verweint. Der Weg vom Tempel zur Höhle war der längste ihres Lebens gewesen. Sie war von dem Mann weggegangen, den sie liebte und der gekommen war, um sie aus tödlicher Gefahr zu retten. Es hörte sich an wie im Märchen. Aber das hier war kein Märchen. Hier gab es kein Happyend.
    Ihr Vater, ihre Schwester, ihr Lehrmeister – jeder von ihnen war auf seine ganz eigene Weise selbstsüchtig, und sie alle hatten sie im Stich gelassen. Und Venue, dem pater familias, der wie das

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