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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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hatte. Er verschloss die Rolle wieder.
    »Na los, Michael.« Venue baute sich nahe vor ihm auf und wisperte ihm ins Ohr: »Du hast keine Zeit, es dir noch einmal zu überlegen.«
    Michael drehte den Kopf, bis die beiden Männer sich von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden, nur Zentimeter voneinander entfernt.
    »Willst du dir den Tod von KCs Schwester aufs Gewissen laden?«
    »Sie würden die eigene Tochter umbringen? Die Tochter, die Sie liebt?«, fragte Michael schockiert.
    »Ja. Und dafür sorgen, dass KC erfährt, dass es deine Schuld war.«
    Michael schüttelte den Kopf. »Das glaube ich Ihnen nicht.«
    »Wie schade.« Venue schaute zu Iblis hinüber und erteilte damit wortlos seinen Befehl.
    Iblis zog sein Messer und schnappte sich Cindy.
    »He, nimm die Finger weg!«, schimpfte sie und versuchte, sich aus seiner Umklammerung zu befreien.
    Iblis reagierte nicht und zerrte sie mit Gewalt zu einem kleinen Holztisch.
    »Sag ihm, er soll aufhören!« Cindy blickte ihren Vater an, verzweifelt, ungläubig und mit blassem Gesicht. Noch immer wehrte sie sich, vermochte gegen Iblis’ Kraft aber nichts auszurichten. »Was tust du?«
    Cindy kreischte wie ein kleines Kind. Mit flehendem Blick schaute sie Michael an. Er konnte die nackte Angst in ihrem Gesicht sehen und beobachtete, wie jede Hoffnung aus ihren Augen schwand. Als er Cindy so sah, spielte es plötzlich keine Rolle mehr, wie illoyal sie sich KC gegenüber verhalten hatte und wie grausam sie mit ihr umgesprungen war. Michael hätte nicht damit leben können, ihren Tod auf dem Gewissen zu haben.
    »Genug jetzt! Hör auf!«, rief er.
    Iblis ignorierte Michael, packte Cindys Arm und drückte ihre Hand mit Gewalt auf die Tischplatte, hielt sie fest im Griff und sah ihr dabei in die Augen.
    »Genug, habe ich gesagt!«, brüllte Michael.
    Ohne zu zögern ließ Iblis die Klinge niedersausen und schnitt Cindy den kleinen Finger von der rechten Hand.
    Der Schrei war markerschütternd und mit nichts zu vergleichen, was Michael je zuvor gehört hatte.
    »Entschärf die Bombe! Jetzt!«, brüllte Venue mit einer solch irren, schrillen Stimme, dass sich die Frage nicht mehr stellte, ob der Mann vielleicht doch ein paar menschliche Züge besaß. »Oder du wirst mit ansehen, wie Iblis sie langsam zerstückelt, und das Fingerchen da wird am Ende das größte Stück sein, das von ihr übrig bleibt.«
    Michael versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Mit stummen, verzweifelten Blicken flehte Cindy ihn an, ihr zu helfen.
    Und zahlte für sein Zögern. Mit einem Schnitt trennte Iblis ihr den Ringfinger ab. Cindys Kopf fiel nach hinten; sie verlor das Bewusstsein. Das Blut schoss aus der Wunde.
    »Hör auf!«, tobte Michael, der die Folter nicht mehr ertragen konnte.
    Er riss den Deckel der Transportrolle herunter und zog den Stab heraus. Dann tippte er eine Zahlenfolge in die kleine Tastatur und entfernte den Plastiksprengstoff mit flinken Bewegungen von den Körpern der beiden Schlangen. Zusammen mit dem Sprengstoff steckte er den Zünder in die Lederrolle und reichte Venue den Stab.
    Michael blickte auf Cindy, die am Boden lag. Allmählich kam sie wieder zu sich und umklammerte stöhnend ihre verstümmelte Hand.
    »Wenn du willst, dass sie am Leben bleibt«, sagte Venue, »musst du diese Tür da öffnen. Ich bin sicher, du kannst das. Ein Dieb wie du kann so etwas. Du wirst diese Tür öffnen, und dann wirst du hindurchgehen.«

53.
    M ichael steckte den Stab in die Einbuchung, die sich in der Mitte der schwarzen Tür befand, und befestigte die Klammern. Der Stab passte perfekt, fügte sich nahtlos in den Rest ein. Er war das fehlende Stück, das die grauenvollen Darstellungen auf der Tür vervollständigte. Michael hatte derartige Szenen noch nie gesehen; die Gestalten waren so lebensecht, als wären sie auf die Tür gesprungen und dort erstarrt. Die Teufel und Dämonen fletschten die Zähne, spreizten ihre Klauen und folterten die Menschen, die den unteren Teil der Tür bevölkerten, darunter Frauen und Kinder. Es war ein furchtbarer Anblick.
    Michael kämpfte gegen eine heftige Übelkeit an. Er wusste nicht, ob sie vom Stab herrührte oder vom Anblick der verzweifelten Kinderaugen, in denen sich das nackte Grauen spiegelte.
    Plötzlich war ein bedrohliches Geräusch zu hören, ein dumpfes Grollen, das aus dem Boden und aus den Wänden dröhnte. Der ganze Berg schien zu beben, als hätte Michael mit seinem Tun ein Erdbeben ausgelöst. Michael konnte es mit jeder Faser seines

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