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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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bei einem generalstabsmäßigen Angriff, nahm die Verfolgung auf und rannte so schnell er konnte.
    Und dann stand er plötzlich in voller Größe vor ihm. Es würde ein sauberer Schuss werden, da Michael völlig ungeschützt dastand. Nirgendwo gab es Felsen, hinter denen er sich verstecken konnte; nirgendwo waren Nischen, in denen er sich verkriechen konnte. Gianni zielte, legte den Finger um den Abzug …
    Auf einmal gab die Erde unter seinen Füßen nach. Bevor er schreien konnte, versank er im Boden, eingehüllt in ein Leinentuch, das ein Stück Segel war, wie er erkannte. Der Schlamm verbrühte ihm die Haut. Als er tiefer sank, teilte sich das Segel. Der Schlamm drang ihm in den Mund, versengte ihm die Kehle, verbrannte ihn von innen und von außen und kochte ihn bei lebendigem Leibe.
    Michael lief zu dem Tümpel aus brodelndem Schlamm. Ein Stück des Segels war an einem Felsen hängen geblieben, doch davon abgesehen gab es keinerlei Anzeichen dafür, dass es hier irgendeinen Vorfall gegeben hatte.
    Gianni war spurlos verschwunden.
    Michael hatte nicht gewusst, wie viele Wachhunde Venue mitbringen würde. Er hatte Munition sparen und mit möglichen Schüssen keine Aufmerksamkeit auf sich lenken wollen. Deshalb hatte er regungslos beobachtet, wie die Männer in die Höhle gekommen waren und sich aufgeteilt hatten. Er hatte unter dem Licht der zweiten Fackel gestanden und die Dunkelheit gemieden – und den Wahnsinn, der mit Sicherheit in seinen Verstand gekrochen wäre, hätte er sich im Dunkeln versteckt.
    Das Segel war perfekt gewesen. Der graue, zerrissene Stoff hatte genauso ausgesehen wie der Steinboden. Das Stück, das Michael abgeschnitten hatte, reichte exakt, um den tödlichen Tümpel aus kochend heißem Schlamm abzudecken und zu verbergen.
    Michael verschwendete keine Zeit mehr. Er lief zurück zum Herz der Höhle – zu der Kammer, in der Venue sich aufhielt.
    Es wurde Zeit, dem ganzen Spuk ein Ende zu machen.

61.
    K C stand in der Mitte des Mandala-Vestibüls. Eine Zeit lang blickte sie gedankenverloren auf die unendlich scheinenden kreisförmigen Symbole am Boden und fragte sich, ob sie wirklich den Himmel sehen würde, wie die Legende es verhieß, wenn sie lange genug darauf blickte.
    Aber die Wirklichkeit hatte sie rasch wieder. Sie spürte eine Präsenz und drehte sich hastig um, die Waffe schussbereit in der Hand. Iblis stand da und beobachtete sie. Er schien unbewaffnet zu sein.
    »Warum bist du zurückgekommen?«, fragte er.
    »Hast du meine Schwester getötet?«, wollte KC wissen.
    Iblis schwieg.
    »Hast du es getan?« In KCs Stimme schwang jetzt Wut mit.
    »Nein«, erwiderte Iblis. »Das war Venue. Er nannte es sein Abschiedsgeschenk.«
    Einen Moment starrte KC ihn an. Dann sah sie plötzlich die reglosen Beine eines der Wachhunde auf dem Fußboden liegen und wusste sofort: Iblis hatte einen seiner eigenen Männer ermordet.
    »Ich bin zurückgekommen, um Michael zu holen.« KC hob ihre Waffe und richtete sie auf Iblis. »Nicht, dass du jemals verstehen könntest, wie das ist, wenn man jemanden liebt.«
    Iblis trat einen Schritt auf sie zu, ohne der Waffe, die auf seinen Kopf gerichtet war, Beachtung zu schenken. Er blickte KC an, schaute ihr fest in die Augen, und sein makelloses Gesicht entspannte sich, sodass sie für den Bruchteil einer Sekunde durch seine finstere Seele hindurch tief in sein Herz blicken konnte. Und was sie dort sah, ängstigte sie mehr als der Tod, mehr als das, was sie möglicherweise in diesem Tempel finden würden.
    Sie sah die Liebe, die er für sie empfand. Und für einen Moment war es, als wäre sie wieder ein Kind, wie damals, als er aus dem Nichts aufgetaucht war, um sie zu retten und ihr alles beizubringen, was er wusste – um für sie und Cindy zu sorgen und sie vor dem grausamen Schicksal zu bewahren, das ihnen andernfalls bevorgestanden hätte.
    Doch bereits im nächsten Moment drängten sich mit aller Macht die Erinnerungen an Iblis’ wahre Natur in den Vordergrund, die Erinnerungen an seine Hartherzigkeit, an die Verachtung, die er für menschliches Leben empfand, an seine brutalen Morde aus purem Vergnügen und im Auftrag ihres Vaters. KC konnte nicht begreifen, wie dieser Mann damit leben konnte, was er war und wie er war. Er hatte jeden Bezug zur Realität verloren.
    »Jetzt war das Opfer, das Michael deinetwegen gebracht hat, ganz umsonst«, sagte Iblis. »Wir haben dir die Chance gegeben, zu überleben.«
    »Ach wirklich?« KCs Stimme triefte vor

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