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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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vorwiegend männliche Kriegsgefangene oder Sklaven, die man vor der Pubertät kastrierte und zu einem Leben in Sklaverei verdammte. Auf dem Höhepunkt des Osmanischen Reiches haben bis zu siebenhundert Eunuchen im Serail gedient.
    Weiße Eunuchen kamen aus den eroberten christlichen Gebieten in Georgien, Armenien, Ungarn, Slowenien und Deutschland. Schwarze Eunuchen wurden gefangen genommen oder waren Geschenke aus Ägypten, dem Sudan und vom Oberen Nil. Man transportierte sie auf die Sklavenmärkte von Mekka, Medina, Istanbul und im Mittelmeerraum. Alle Eunuchen wurden auf dem Weg zu diesen Märkten von ägyptischen Christen oder von Juden kastriert, da der Islam zwar das Kastrieren untersagte, aber nicht den Einsatz kastrierter Sklaven.
    Weiße Eunuchen dienten in der Verwaltung und hatten keinerlei Kontakt zu den Konkubinen. Die schwarzen Eunuchen, bei denen man anders als bei den weißen die gesamten Geschlechtsteile entfernt hatte, dienten den Frauen des Harems entweder direkt, als Sklaven der Kadinen, oder sie fungierten als Wachen der Konkubinen oder deren Aufseher.
    Den obersten schwarzen Palasteunuchen nannte man den Kızlar Agˇası. Er war nach dem Sultan und dem Großwesir der dritthöchste Offizier des Reiches. Er war Kommandeur der Hellebardenträger und bekleidete den Rang eines Paschas, was dem eines Generals entsprach. Er hatte jederzeit Zugang zum Sultan und war der persönliche Kurier zwischen Sultan und Großwesir.
    Jeden Abend führte der Kızlar Agˇası die ausgewählte Konkubine in das Schlafgemach des Sultans. Zu seinen Pflichten zählte, den Schutz der Frauen sicherzustellen, die Konkubinen für den Harem zu kaufen und den Werdegang der einzelnen Frauen und Eunuchen zu überwachen. Er war Zeuge bei den Hochzeitsund Geburtszeremonien des Sultans und arrangierte alle offiziellen Feierlichkeiten wie Beschneidungsfeste, Hochzeiten und sonstige Zusammenkünfte. Er verurteilte Haremsfrauen, die Verbrechen begangen hatten, und war dafür verantwortlich, die schuldig gesprochenen Frauen zum Scharfrichter zu bringen, der sie dann in Säcke steckte und im Bosporus ertränkte.
    Obwohl die schwarzen Eunuchen die Konkubinen mit Hingabe vor der Außenwelt schützten und bereit waren, ihr Leben für sie zu opfern, gab es im Harem sehr häufig Intrigen, Verrat und Zerwürfnisse. Die meisten Frauen wollten unbedingt Kadins werden und schmiedeten Komplotte, um die Konkurrenz möglichst kleinzuhalten. Es wurde als höchste Ehre betrachtet, die einer Konkubine zuteil werden konnte, wenn sie schwanger wurde und einen Sohn gebar, der eines Tages Sultan werden konnte und seine Mutter dadurch zur Valide Sultan machte, der mächtigsten Frau im Reich. Infolgedessen gab es Konkurrenz und Eifersucht. Oft schreckte man nicht einmal vor Mord zurück, den die Konkubinen selbst begingen. Es kam häufiger vor, dass man eine Konkubine tot auffand oder dass sie spurlos verschwand. Diese Todesfälle waren verhängnisvoll, denn sie führten dazu, dass viele der Frauen sich in ihrem Palastkäfig nicht sicher fühlten.
    Während der Herrschaftszeit Sultan Ibrahims I. gab es eine entsetzliche Tragödie. Seine Geliebte, Sechir Para, erzählte ihm, eine seiner Konkubinen träfe sich heimlich außerhalb des Palasts mit einem Mann. Ibrahim tobte vor Zorn und Eifersucht und wies seinen obersten Palasteunuchen an, mehrere Konkubinen zu foltern, um die Identität des Mädchens in Erfahrung zu bringen. Niemand gab den Namen der Verräterin preis, und so ließ Ibrahim jede seiner Haremsfrauen – man geht von einer Zahl von mindestens 250 aus – an einen mit Steinen beschwerten Sack binden und in den Bosporus werfen. Nur eine der Konkubinen überlebte, weil sie von einem französischen Schiff gerettet wurde. Die Valide Sultan, Ibrahims Mutter, wurde daraufhin so eifersüchtig auf Sechir Para, die offensichtlich sehr viel Macht über ihren Sohn besaß, dass sie sie mitten in der Nacht von ihrem persönlichen Eunuchen erwürgen ließ.«
    Betretenes Schweigen machte sich in der Gruppe breit, da das Haremsleben immer mehr von seiner Romantik verlor.
    Hamer führte seine Schützlinge eine lange Treppe hinunter in einen großen Raum, der mit blauen und weißen Kacheln gefliest war. In die Wände waren Wasserbecken aus Marmor eingelassen. Über jedem befand sich ein goldener Wasserhahn. In den vier Ecken des Raumes standen große Wannen und Bänke aus Marmor.
    »Das war der Hamam des Harems, ein Dampfbad – das, was die Europäer zu dem Begriff

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