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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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früh ab. Sobald sein Flugzeug die Startgenehmigung bekommt.«
    »Dann hast du also vor, allein etwas zu stehlen. Sag mir, was es ist.«
    »Cindy …«
    »Unser Leben ist eine einzige Lüge«, rief Cindy. »Du hast mir gegenüber behauptet, du würdest dir den Hintern aufreißen, wie Mom es getan hat. Du hast gesagt, du hättest zeitgleich zwei, drei Jobs gehabt, um mich großzuziehen. Ich nehme an, diese ganze Consulting-Sache war auch nur Lüge. Was war sonst noch gelogen? Wie war das mit unserer Mutter und unserem Vater?«
    »Du weißt, was mit Mom passiert ist. Und Dad … du warst da, als er beerdigt wurde. Er war ein schlechter Mensch. Er hat bekommen, was er verdiente.«
    »Wie kannst du ihn verurteilen, wo du genauso schlecht bist?«
    »Cindy, er hat Menschen ermordet. Er hat uns im Stich gelassen. Er hat sich immer nur für sein eigenes Leben interessiert. Hast du mehr Mitgefühl mit einem Menschen, dem du nie begegnet bist, als mit mir? Was ich getan habe, habe ich für dich getan.«
    »Versuch gar nicht erst, mir Schuldgefühle einzureden.«
    »Das sind keine Schuldgefühle.« KCs Stimme hatte einen flehentlichen Klang. »Das sind Tatsachen.«
    »Wie soll ich noch glauben?«
    Als KC ihre kleine Schwester ansah, wusste sie, dass diese recht hatte. Sie hatte Cindy ihr Leben lang belogen. Sie war eine Verbrecherin, genau wie ihr Vater ein Verbrecher gewesen war, und jetzt hatte sie das Vertrauen des einzigen Menschen verloren, der sie liebte.
    »Lass uns nach London zurückfliegen, heute Abend«, schlug Cindy schließlich vor und machte damit ein Friedensangebot.
    »Ich kann nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Zwing mich bitte nicht, es auszusprechen.«
    »Sprich es aus. Dein ganzes Leben ist eine Lüge. Du hast dir immer nur bequeme Lügengeschichtchen ausgedacht, hinter denen du dich verstecken konntest, um über das hinwegzutäuschen, was du in Wahrheit bist. Du bist nichts weiter als eine Kriminelle.«
    »Ich muss aus einem Museum ein Dokument stehlen«, sagte KC. Sie hatte die Worte kaum ausgesprochen, als sie es auch schon bereute.
    Cindy war sprachlos. »Aber warum? Ich brauche keine finanzielle Hilfe mehr von dir. Lass mich helfen! Lass mich zur Abwechslung mal dich unterstützen, KC. Es gibt legale Möglichkeiten, Geld zu verdienen.«
    »Es geht nicht um Geld.«
    »Es geht immer um Geld. Egal, wie du es drehst. Geld verleiht Macht. Mit Geld kannst du dir Liebe kaufen, Geld hält uns am Leben. Es geht immer nur ums Geld, KC, das will manchen Leuten nur nicht einleuchten.«
    KC schwieg einen Moment, um wieder zur Besinnung zu kommen. »Wie kannst du das glauben – nach allem, was ich dir beizubringen versucht habe?«
    »Erzähl du mir nichts über Moral und Werte.« Cindy schob ihren Stuhl zurück, stand auf und blickte auf ihre Schwester hinunter. »KC, man wird dich schnappen. Wie es im Gefängnis zugeht, hast du ja erlebt. Erzähl mir nicht, dass es dir gefallen hat. Einmal bist du nun schon zum Tode verurteilt worden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du ein zweites Mal davonkommst.«
    »Das Ganze ist viel komplizierter, als du es dir vorstellst.«
    »Nein, ist es nicht. Wenn es so unbedingt sein muss, dann lass es doch jemand anderen machen. Soll Simon es tun, der scheint ja dein Partner zu sein. Er war mit dir im Gefängnis. Ich bin sicher, er hat das Zeug dazu.«
    »Absolut nicht.« KC holte ihr Handy hervor. »Es wird Zeit, dass du nach London zurückfliegst.«
    »Ich fliege nirgendwohin. Und hör endlich auf, dich aufzuführen, als wärst du meine Mutter. Ich treffe meine eigenen Entscheidungen. Ich habe mir ein Leben aufgebaut. Ich habe einen Beruf. Du bist nichts weiter als eine Diebin.«
    KC wurde mit jeder Sekunde zorniger. In ihrem Innern brodelte die aufgestaute Verbitterung darüber, im Alter von fünfzehn Jahren ihr eigenes Leben aufgegeben, auf ihre Teenagerzeit verzichtet und alles geopfert zu haben – für ihre Schwester. Schließlich entlud sich der ganze Zorn. »Vielleicht hätte ich zulassen sollen, dass sie dich in ein Heim stecken, als du noch ein Kind warst. Dann hätte ich mein eigenes Leben führen können, statt es deinetwegen aufzugeben.« KC durchquerte das Zimmer und riss die Tür auf. Sie sah, dass Simon vor ihr stand, stürmte aber an ihm vorüber.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, rief Simon, während er KC hinterherschaute, die durch den Hotelkorridor eilte und um die Ecke verschwand.
    Er drehte sich um und sah Cindy dastehen.
    »Alles okay mit euch beiden?«
    Cindy

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