Der Dienstagabend-Club
derselben misslichen Lage befänden.«
»Und damit verlief die Sache im Sand?«, fragte Dr. Pender.
»Damit verlief die Sache im Sand«, bestätigte Sir Henry mit ernster Miene. »Wir konnten es nicht riskieren, Jones nur auf Vermutungen hin zu verhaften.«
Die Anwesenden verfielen in tiefes Schweigen, das schließlich von Joyce gebrochen wurde: »Und mehr können Sie uns nicht verraten, nicht wahr?«
»So stand der Fall während des letzten Jahres. Die richtige Lösung befindet sich nun in den Händen von Scotland Yard, und in zwei bis drei Tagen werden die Zeitungen darüber berichten.«
»Die richtige Lösung«, wiederholte Joyce nachdenklich. »Was mag wohl dahinterstecken? Wir wollen alle einmal fünf Minuten nachdenken und dann sprechen.«
Raymond West nickte zustimmend und blickte auf seine Uhr. Als die fünf Minuten um waren, sah er zu Dr. Pender hinüber.
»Wollen Sie zuerst sprechen?«, fragte er.
Der alte Herr schüttelte den Kopf. »Ich muss gestehen, dass ich völlig ratlos bin. Meiner Ansicht nach muss der Ehemann schuldig sein. Aber wie er es fertiggebracht hat – bei dieser Vorstellung streikt meine Fantasie. Ich kann nur sagen, er muss ihr das Gift auf eine bisher unbekannte Weise verabreicht haben. Wie die Geschichte dann aber nach so langer Zeit ans Licht kommen konnte, ist mir schleierhaft.«
»Joyce?«
»Die Gesellschafterin«, entschied Joyce. »Allemal die Gesellschafterin! Wer weiß, was für ein Motiv sie gehabt hat! Dass sie alt, etwas korpulent und hässlich war, besagt gar nichts. Sie konnte sich trotzdem in Jones verliebt haben. Außerdem mag sie die Frau aus einem anderen Grund gehasst haben. Versetzen Sie sich einmal in die Rolle einer Gesellschafterin – stets gezwungen, freundlich zu sein, ja zu sagen, die eigene Persönlichkeit zu unterdrücken und alles in sich zu verschließen. Eines Tages konnte sie es eben nicht länger ertragen und hat sie dann getötet. Wahrscheinlich hat sie das Arsenik in den Brei gemischt, und die Geschichte, dass sie ihn selbst gegessen habe, ist einfach erfunden.«
»Und was ist Ihre Ansicht, Mr Petherick?«
»Aus den Tatsachen lässt sich nicht viel schließen. Persönlich bin ich der Meinung, dass der Ehemann schuldig ist. Die einzige Erklärung, die sich mit den Tatsachen vereinbaren lässt, scheint darauf hinzudeuten, dass Miss Clark ihn aus irgendeinem Grunde absichtlich in Schutz nahm. Sie mögen ja eine finanzielle Vereinbarung untereinander getroffen haben. Wahrscheinlich war er sich darüber klar, dass er in Verdacht geraten würde, und sie, die nichts weiter als eine sorgenvolle Zukunft zu erwarten hatte, erklärte sich vielleicht für eine beträchtliche Summe dazu bereit, das Märchen von dem Grießbrei zu erzählen. Wenn sich die Sache so verhielt, so war es höchst anstößig. Wirklich höchst anstößig.«
»Ich bin völlig anderer Meinung«, protestierte Raymond. »Sie haben alle einen sehr wichtigen Faktor vergessen. Die Tochter des Arztes. Ich sehe den Fall so: Der Dosenhummer war tatsächlich schlecht. Daher die Vergiftungserscheinungen. Man lässt den Arzt kommen. Dieser stellt fest, dass Mrs Jones, die mehr von dem Hummer gegessen hat als die anderen, an heftigen Schmerzen leidet, und lässt, wie er aussagte, ein paar Opiumpillen holen. Wohlgemerkt, er geht nicht selbst, sondern schickt jemanden. Wer gibt dem Boten die Opiumpillen? Offenbar seine Tochter, die ihm wahrscheinlich bei der Zubereitung der Arzneien hilft. Sie liebt Jones, und in diesem Augenblick können die niedrigsten Triebe ihrer Natur zum Durchbruch kommen. Sie wird sich bewusst, dass es in ihrer Hand liegt, seine Freiheit zu erwirken. Die Pillen, die sie schickt, enthalten reines weißes Arsenik. Dies ist meine Lösung.«
»Und nun, Sir Henry, sagen Sie uns, wer Recht hat«, bestürmte ihn Joyce.
»Einen Augenblick«, erwiderte Sir Henry. »Miss Marple hat noch nicht gesprochen.«
Miss Marple schüttelte nur den Kopf.
»Du meine Güte«, sagte sie, »da habe ich schon wieder eine Masche fallen lassen, aber die Geschichte war so spannend. Ein trauriger Fall, ein sehr trauriger Fall. Er erinnert mich an den alten Mr Hargraves, der oben auf dem Hügel wohnte. Seine Frau hatte nie den geringsten Verdacht geschöpft – bis er starb und sein ganzes Vermögen einer Frau hinterließ, mit der er zusammen gelebt und mit der er fünf Kinder gehabt hatte. Eine Zeit lang war sie bei ihm Hausmädchen gewesen. Ein so nettes Mädchen, behauptete Mrs Hargraves immer
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