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Der Dienstagabend-Club

Der Dienstagabend-Club

Titel: Der Dienstagabend-Club Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Richard Haydon nannte sich einen phönizischen Seefahrer, und sein Vetter war ein Räuberhauptmann. Dr. Symonds hatte sich als Küchenchef verkleidet. Lady Mannering stellte eine Krankenschwester dar und ihre Tochter eine tscherkessische Sklavin. Ich selbst steckte in einer reichlich warmen Mönchskutte. Als letzte erschien Diana Ashley, die uns alle ziemlich enttäuschte, denn sie war in einen unförmigen schwarzen Domino gehüllt.
    ›Die Unbekannte‹, erklärte sie leichthin. ›Das bin ich. Und nun lassen Sie uns, um Himmels willen, endlich essen.‹
    Nach dem Essen gingen wir hinaus vor das Haus. Es war eine bezaubernde Nacht, warm und mild, und der Mond ging gerade auf.
    Wir machten einen Spaziergang und plauderten vergnügt, und die Zeit verging rasch. Nach etwa einer Stunde fiel uns auf, dass Diana Ashley nicht unter uns weilte.
    ›Sie ist bestimmt noch nicht zu Bett gegangen‹, meinte Richard Haydon.
    Violet Mannering schüttelte den Kopf.
    ›O nein‹, sage sie. ›Ich habe sie vor einer Viertelstunde in diese Richtung gehen sehen.‹ Bei diesen Worten wies sie auf den Hain, der düster und schattenhaft im Mondlicht lag.
    ›Was sie wohl im Sinn hat?‹, bemerkte Richard Haydon. ›Einen Schabernack, möchte ich wetten. Wir wollen das mal prüfen und nachsehen!‹
    Wir machten uns also alle zusammen auf den Weg, neugierig, was Miss Ashley wohl angestellt haben mochte. Ich spürte jedoch wiederum eine seltsame Abneigung, diesen dunkel brütenden Baumgürtel zu betreten. Eine geheimnisvolle Macht schien mich davon zurückhalten zu wollen. Fester denn je war ich davon überzeugt, dass diesem Ort etwas wirklich Böses anhaftete, und ich hatte den Eindruck, dass einige meiner Gefährten von den gleichen Empfindungen geplagt wurden, obwohl sie es sicher höchst ungern zugegeben hätten. Die Bäume waren so dicht gepflanzt, dass das Mondlicht nicht durchdringen konnte. Die Nacht war erfüllt mit vielen unbestimmten Geräuschen. Von allen Seiten glaubte man ein ständiges Flüstern und Seufzen zu hören. Es war so unheimlich, dass wir uns unwillkürlich dichter zusammendrängten.
    Plötzlich waren wir bei der Lichtung angelangt und blieben vor Staunen wie angewurzelt stehen; denn vor uns auf der Schwelle des Götzenhauses stand eine schimmernde, in durchsichtige Gaze gehüllte Gestalt, aus deren dunklem Haar zwei halbmondförmige Hörner hervorragten.
    ›Mein Gott!‹, rief Richard Haydon, während ihm die Schweißperlen auf die Stirn traten.
    Aber Violet Mannering hatte schärfere Augen.
    ›Nanu, das ist ja Diana!‹, rief sie erstaunt. ›Wie hat die sich denn nur hergerichtet? Sie sieht auf einmal ganz anders aus.‹
    Die Gestalt im Türrahmen hob die Hände. Sie trat einen Schritt vor und sprach mit singender, süßer, hoher Stimme:
    ›Ich bin die Priesterin der Astarte. Tretet mir nicht zu nahe; denn ich halte den Tod in meiner Hand.‹
    ›Lassen Sie den Unsinn, liebes Kind‹, protestierte Lady Mannering. ›Sie machen uns ja Angst und Bange, wirklich!‹
    Haydon sprang auf sie zu.
    ›Mein Gott, Diana!‹, rief er. ›Du bist einfach wundervoll.‹
    Meine Augen hatten sich inzwischen an das schwache Mondlicht gewöhnt, und ich konnte alles deutlicher erkennen. Wie Violet schon gesagt hatte, sah Diana tatsächlich ganz verwandelt aus. Die orientalischen Züge ihres Gesichts waren ausgeprägter; ihre Augen funkelten drohend, und auf ihren Lippen lag ein seltsames Lächeln, das ich nie zuvor gesehen hatte.
    ›Hüte dich‹, warnte sie. ›Nähere dich nicht der Göttin. Wer mich anrührt, ist des Todes!‹
    ›Wundervoll, Diana‹, rief Haydon, ›aber hör bitte auf damit. Mir ist irgendwie nicht ganz geheuer dabei.‹
    Er schritt über das Gras auf sie zu, und sie erhob die Hand gegen ihn.
    ›Halt!‹, rief sie. ›Keinen Schritt näher, oder ich schlage dich mit dem Zauber der Astarte zu Boden.‹
    Richard Haydon lachte und schritt ein wenig schneller aus. Auf einmal geschah etwas Merkwürdiges. Er zauderte einen Moment; dann stolperte er und schlug der Länge nach hin.
    Er stand nicht wieder auf, sondern blieb flach auf derselben Stelle liegen.
    Plötzlich begann Diana hysterisch zu lachen – ein seltsames, unheilvolles Geräusch, das in das Schweigen der Lichtung einbrach.
    Fluchend sprang Elliot vor.
    ›Das kann man ja nicht mehr aushalten‹, rief er. ›Steh auf, Dick, Menschenskind, steh auf.‹
    Doch Richard Haydon rührte sich nicht. Elliot kniete neben ihm nieder und drehte ihn

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