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Der Doge, sein Henker und Ich

Der Doge, sein Henker und Ich

Titel: Der Doge, sein Henker und Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Parkettboden glitt der Strahl, auf dem die Füße des Henkers ihre rauhen Spuren hinterlassen hatten.
    An den Wänden verzierten Holzvertäfelungen von unvorstellbarer Kostbarkeit das Innere. Ein Deckengemälde in gedeckten Farben ließ mich staunen und fast meinen Job vergessen.
    Turrio hatte den Saal durchquert. Ich brauchte nur mehr seinen Spuren zu folgen.
    Kenner des Dogenpalastes wissen, daß die großen Säle und Räume verschiedene Namen haben. Mir waren namentlich nur wenige bekannt. Ich wußte wohl von einem Salotto Quadrato, dem quadratischen Saal, der eine von Tintoretto bemalte Holzdecke mit der Darstellung des Dogen Priuli besitzt, der von der Gerechtigkeit die Waage erhält. Andere Säle zierten Werke von Tizian oder Bassano.
    Alles ungemein wertvoll, nicht mehr bezahlbar, Kunsthistorie ersten Ranges.
    Der Palast beherbergte auch verschwiegene Räume sowie kleine Kirchen und Kapellen.
    Ich hoffte nur, daß der Henker in seiner Wut und in seinem Haß nichts zerstörte.
    Mit dem schräg gehaltenen Lampenstrahl folgte ich seinen Spuren. Sie führten mich zu einer weiteren Tyr, durch die ich in einen breiten Gang gelangte.
    Er lief als eine Art von Galerie weiter, denn mein Blick fiel über ein kostbares Geländer hinweg in die Tiefe, wo sich der Lampenstrahl auf einem mit Figuren verzierten Marmorboden verlor.
    War er dort?
    Ich blieb in der Mitte der Galerie stehen und schwenkte meine rechte Hand. Etwa in gleicher Höhe, aber auf der gegenüberliegenden Seite, zeichneten sich bemalte Fenster innerhalb des Mauerwerks ab. Auch dort lief eine Galerie entlang, die über und um den unter mir liegenden Saal ein Rechteck bildete, so daß ich sie nicht zu verlassen brauchte, wenn ich auf die andere Seite wollte.
    Genau diesen Weg konnte Turrio auch benutzt haben. Ich lief diesmal sehr schnell weiter, passierte hin und wieder an der rechten Seite geschlossene Türen und spürte plötzlich, als ich mich schon auf der anderen Breitseite der Galerie befand, den kühleren Luftzug, der geisterhaft durch mein Gesicht strich.
    Ich blieb sofort stehen!
    Noch konnte ich nicht herausfinden, woher der Luftzug kam. Ich hatte die Lampe ausgeschaltet, atmete nur mehr sehr flach und konzentrierte mich ganz auf mein Umfeld.
    Es gibt Dinge, die kann man ertasten, erahnen oder erfühlen. Da mir der Luftzug ins Gesicht wehte, konnte er nur von vorn kommen. Und dort befanden sich die Fenster.
    Von meiner Position aus konnte ich nicht erkennen, ob der Henker eines geöffnet hatte. Vielleicht waren sie auch nicht zu öffnen, bei den kostbaren Scheiben wäre es immer ein Risiko gewesen. Ich bewegte mich nun vorsichtiger weiter, setzte die Schritte so leise wie möglich und merkte, daß der Luftzug stärker wurde und die Kühle dabei zunahm.
    Der Henker hatte tatsächlich eines der alten Fenster geöffnet, um nach draußen zu klettern. Nicht weit entfernt stand eines spaltbreit offen. Ich brauchte es nur mehr völlig aufzudrücken, um hinausklettern zu können. Neben dem Fenster blieb ich stehen, peilte durch die Öffnung und sah nicht in die Tiefe, sondern ebenfalls auf eine außen am Palast entlanglaufende Galerie, unter der sich die Dunkelheit ballte. Wahrscheinlich konnte ich von dort auch auf den Innenhof gelangen. Und genau dort hatte ich mich mit Jane Collins verabredet. Bestimmt war sie schon eingetroffen und der Commissario ebenfalls. Wo steckte der Henker?
    Ich war sehr angespannt, als ich das Fenster so weit öffnete, um hinausklettern zu können. Wieder berührte mich die kühle Nachtluft und ließ mich frösteln.
    Von der äußeren Fensterbank mußte ich auf die Galerie springen. Die Distanz für einen Schritt war einfach zu groß.
    Federnd kam ich auf. Leider nicht ohne Geräusche, denn ein Steinboden ist kein Teppich.
    Mein Blick fiel nach vorn, über die Steinbrüstung hinweg und in den Innenhof, wo ich leise Stimmen zu vernehmen glaubte. Um besser hören und sehen zu können, mußte ich bis dicht an die Brüstung heran und blieb dort abwartend stehen.
    Von Fotos kannte ich den Hof des Dogenpalastes, nur zeigten Aufnahmen nie die korrekte Größe. Sie verkleinerten meist. Auch wenn ein Weitwinkelobjektiv benutzt wurde, konnte man nie die volle Größe auf das Bild bekommen.
    Ich bekam den Eindruck, in ein düsteres Meer zu schauen. Die gegenüberliegende Fassade hob sich nur schwach aus der Dunkelheit ab. Der darüberliegende Himmel zeigte einen leicht rötlichen Schein. Lichtreflexe vom Markusplatz fingen sich dort. Der

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