Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Doge, sein Henker und Ich

Der Doge, sein Henker und Ich

Titel: Der Doge, sein Henker und Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
bildete er keine Gefahr mehr, vielleicht hatte ihn die Kraft meines Kreuzes tatsächlich so hart erwischt, daß er für alle Zeiten aus dem Verkehr gezogen wurde. Aus dem Gesicht flössen Ströme einer dicken Flüssigkeit, die ich nicht mit Blut vergleichen wollte. Sie erinnerte mich eher an einen Strom aus Blei. Und der Henker fiel.
    Vor mir prallte er auf die Knie. Er stützte sich noch ab, senkte den Kopf, der in diesem Augenblick für seinen Körper ein zu starkes Gewicht bekam und abfiel.
    Er rollte noch so weit vor, daß er meine Fußspitzen berührte und dann liegenblieb.
    Weshalb der obere Teil seines Kopfes fehlte, wußte ich auch nicht. Vielleicht stammte diese Verletzung aus früherer Zeit. Dort mußte man ihn so brutal erwischt haben. Daß er dennoch hatte weiterleben können, verdankte er anderen Kräften.
    Ich kam allmählich wieder zur Ruhe. Die ganz große Spannung und auch Erschöpfung klang allmählich ab, aber noch immer hatte ich das Gefühl, als würden Arme meinen Körper umklammern. Bei jedem Einatmen spürte ich den Druck auf den Rippen und der Lunge. Fit war ich bestimmt nicht. Nur konnte ich mir keine größere Pause erlauben, weil im Innenhof sich etwas abspielte, das mir nicht gefiel. Zudem erinnerte ich mich auch wieder an den zweiten Schuß. Vor meinen Füßen knackte es. Ein leises Rieseln war zu hören, als sich der Schädel, auf dem einmal ein Helm gesessen hatte, auflöste. Es war wie bei den Opfern des Henkers. Auch er selbt wurde zu Bleistaub, den der Wind mitnehmen würde.
    Turrio gab es nicht mehr.
    Die Dogen von Venedig hatten unter dem Banner des Kreuzes gekämpft, jetzt war einer ihrer Helfer eben durch dieses Zeichen vernichtet worden.
    Ich holte noch einmal Luft und ging auf ziemlich steifen Beinen zur Brüstung.
    Es war einfach zu finster. Wenn sich etwas aus der Dunkelheit des Innenhofs erhob, wirkte es wie ein nicht zu identifizierendes, schattenhaftes Gebilde.
    Aber Jane war dort. Torri ebenfalls und möglicherweise auch der Doge. In meiner jetzigen Verfassung erschien es mir einfach zu riskant, in den Hof zu springen. Kam ich unglücklich auf, hätte ich mir den Fuß verstaucht oder eine noch schlimmere Verletzung zugezogen. Es mußte eine andere Möglichkeit geben, deshalb suchte ich auch nach einer Treppe, die bestimmt vorhanden war.
    Ich lief den Arkadenweg entlang und dachte daran, daß ich mich lieber als Tourist auf dieser geschichtsträchtigen Strecke bewegt hätte. Aus dem Innenhof würde man mich sicherlich nicht sehen können, es war dunkel.
    Ich hatte es nicht riskieren und in den Innenhof hineinleuchten wollen. Jetzt schaltete ich für den Bruchteil einer Sekunde die Lampe ein. An der linken Seite unterbrach eine nach unten führende Treppe die Brüstung des Arkadengangs. Über mir befand sich ein kunstvoll gebauter Rundbogen. Der Treppenzugang war durch ein schmales Gitter gesichert, das ich mühelos überkletterte. Ich machte mich auf den Weg nach unten.
    Was immer dort geschehen mochte, ich würde als Joker erscheinen und mitmischen…
    ***
    Jane Collins wartete auf den Tod!
    Sie konnte sich vorstellen, wie es ablief. Wenn der Doge zustach und die Klinge in ihre Brust drang, würde sie zunächst das Brennen spüren. Erst vielleicht nur schwach, dann stark und alles mit sich reißend. Aus den tiefen Schatten des Todes, gab es dann keine Rückkehr mehr. Das geschah nicht.
    Giancarlo Cabrisi wartete noch. Er wollte ihre Qual verlängern, vielleicht die Todesangst eines Menschen aus anderer Zeit genießen und darüber nachdenken, ob sie die gleiche war wie früher, als er noch über Venedig geherrscht hatte.
    Jane stand stocksteif auf dem Fleck. Auch ohne in den Spiegel zu schauen, wußte sie, daß sie bleich war wie ein Leichentuch. Das Blut hatte die Adern verlassen, sie spürte nichts mehr. Selbst ihr Kunstherz schien nicht mehr zu funktionieren.
    Sie konnte das Gefühl der Spannung nicht mehr über eine längere Zeit hinweg anhalten. Irgendwann ging auch dies vorbei, und sie fühlte sich wieder wohler.
    Schwach atmete sie aus. Kalter Schweiß lag auf ihrer Stirn. Der Angst-und Todesschweiß. Selbst Torri wurde es allmählich unheimlich. Jane merkte, daß er sich neben ihr unruhig bewegte. Das übertrug sich auch auf die Pistole.
    Die Mündung drückte einen Kreis in das weiche Fleisch ihrer Wange, noch immer berührte sie die Dolchspitze, aber der Doge traf keinerlei Anstalten, ihr die Klinge in den Körper zu drücken. Er war doch gekommen, um zu töten.

Weitere Kostenlose Bücher