Der Doge, sein Henker und Ich
noch tiefer. Drei Personen sprachen. Jane und den Commissario hörte ich sofort heraus, die andere Stimme aber kannte ich nicht. Sie sprach auch nicht so fließend. Die Gestalt mußte einige Mühe aufwenden, um die Worte formulieren zu können. Turrio hatte ich gesehen und auch erledigen können. Es konnte eigentlich nur einer der Dritte im Bunde sein: Giancarlo Cabrisi, der Doge!
Sein Henker war erschienen, für ihn bestand demnach kein Grund, zurückzubleiben. Und Jane lebte noch!
Für mich war es wichtig. Es gab mir die Motivation, weiterzumachen. Deshalb blieb ich auch nicht auf der Stelle hocken und bewegte mich vorsichtig weiter.
Zuerst wollte ich einen Entengang einlegen, überlegte es mir jedoch anders und richtete mich auf.
Ich blieb erst stehen, als ich die drei Gestalten als Schattenrisse sehen konnte. Zudem standen sie recht günstig. In der Nähe befand sich ein Brunnen. Der würde mir Deckung geben. Einen Bogen schlagend, rannte ich auf ihn zu. Immer darauf bedacht, die anderen im Auge zu behalten und zu lauschen, über was sie sich unterhielten. Bei mir begann das große Staunen, als ich erfuhr, daß der Doge sich auf Janes Seite gestellt hatte.
Er vermutete in ihr eine Verbündete, im Gegensatz zu Torri, der dies ablehnte, sich aber auf den Weg machte, um mich zu suchen. Das geschah fast in dem Augenblick, als ich meine Deckung erreichte. Jane drohte im Moment keine Gefahr, Torri war wichtiger. Es mußte mir gelingen, in lautlos zu erledigen. Auch er besaß einen großen Nachteil, weil er nicht wußte, wo ich mich befand. Ob auf dem Innenhof oder unter den Arkaden, das konnte er sich aussuchen.
Ich beobachtete ihn.
Er gab sich sehr unsicher. Seinen rechten Arm hielt er leicht vorgestreckt. Aus der Faust schaute der Schatten einer Waffe hervor. Ich versuchte, die Entfernung zwischen mir und Torri zu schätzen. Es war nicht einfach, die Dunkelheit verzerrte, aber mehr als sechs, sieben Schritte konnten es nicht sein.
Der Commissario lief vorbei. Hätte er einmal den Kopf nach links gedreht, hätte er mich eigentlich entdecken müssen, so aber schaute er nur stur geradeaus.
Ich ließ ihn passieren. Erst als ich auf seinen Rücken schaute, setzte ich mich in Bewegung. Geräuschlos richtete ich mich auf. Es kam mir jetzt zugute, daß der Taucheranzug eng an meinem Körper lag. So erklang kein Rascheln oder Knarren, wie es bei einer normalen Kleidung der Fall gewesen wäre.
Torri tauchte vor mir in die Finsternis ein.
Ich ließ ihn noch gehen, erhöhte mein Tempo etwas und sah seinen Rücken wieder vor mir.
Bisher lief alles glänzend.
Der Commissario ahnte von nichts. Plötzlich aber blieb er stehen. Hatte er etwas bemerkt?
Auch ich verhielt meinen Schritt. Den eigenen Herzschlag hörte ich überlaut. Torri drehte seinen Körper nach rechts, um dorthin schauen zu können, wo an der Südseite des Palastes sich der Arkaden-Vorbau entlangzog. Schaute er hin?
Nein, er gab sich gelassen, fast zu sicher, und diese Sicherheit wollte ich nutzen.
Diesmal mußte er mich hören, als ich mich aufrichtete und auf ihn zulief. Torri wollte herumfahren, als ihn mein zischend gesprochener Befehl traf.
»Keine Bewegung mehr, Torri!«
***
Er rührte sich nicht und stand so steif da, als hätte er einen Ladestock verschluckt.
Zudem kannte er die Regeln und spreizte seine Arme vom Körper ab.
»Du, Sinclair?«
»Ja, wer sonst?« Ich ging auf ihn zu und blieb zwei Schritte hinter ihm stehen.
»Du hast eine Kanone, wie?« Er sprach mich über die Schulter hinweg an.
»Sicher.«
Dann lachte er. »Es war ein Bluff, gib es zu. Ihr habt es geschafft, den Dogen zu täuschen.«
»Wieso?«
»Dieser Dummkopf glaubt, daß deine Begleiterin auf seiner Seite steht. Das ist Irrsinn.«
»In der Tat. Sie gehört zu mir.«
Torri nickte. »Ja, das habe ich mir fast gedacht. Man sollte sich nur auf sich selbst verlassen.«
»Weshalb das alles, Commissario? Warum haben Sie sich auf die schwarzmagische Seite gestellt?«
»Ich bin gewissermaßen erblich vorbelastet.«
»Das wird Sie alles kosten.«
»Kann sein, Sinclair, kann sein.«
»Und was ist mit der Deutschen?«
»Ich mußte sie niederschießen. Sie benahm sich einfach zu dumm.«
»Mord also auch noch.«
»Wie du meinst.«
»Da kommen Sie nicht mehr raus, Torri, das verspreche ich Ihnen.«
Er unterbrach mich durch sein leises Lachen. »Sinclair, du wirst es kaum glauben, aber ich sehe die Sache ebenfalls wie du. Ich habe etwas zu hoch gepokert. Mein
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