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Der Doktor und das liebe Vieh

Der Doktor und das liebe Vieh

Titel: Der Doktor und das liebe Vieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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behandeln; dreißig Meilen in der Stunde ist schnell genug. Ich finde es geradezu verbrecherisch, wie manche Leute einen neuen Motor quälen, man sollte sie einsperren. Also denken Sie immer daran, mein Junge, nicht einfach drauflos rasen, sonst bekommen Sie es mit mir zu tun.«
    Er schloß sorgfältig die Motorhaube, wischte mit dem Jackenärmel über die vielfach gesprungene Windschutzscheibe und ging weg.
    Seine Mahnung beeindruckte mich derart, daß ich an diesem Tag auf meiner Besuchsrunde fast im Fußgängertempo dahinkroch.
    Am selben Abend, gerade als ich ins Bett gehen wollte, kam Siegfried herein, begleitet von zwei Bauernburschen, die dämlich grinsten. Ein starker Biergeruch füllte den Raum.
    Siegfried sprach würdevoll, wenn auch etwas undeutlich. »James, ich habe diese beiden Herren heute abend im Black Bull kennengelernt. Wir spielten ein paar großartige Dominopartien, aber leider haben sie den letzten Bus verpaßt. Wären Sie so freundlich, den Austin zu bringen, damit ich sie nach Hause fahren kann?«
    Ich holte den Wagen vom Hof, und die beiden Burschen zwängten sich hinein, der eine vorn, der andere hinten. Als ich sah, wie Siegfried sich schwankend auf dem Fahrersitz niederließ, beschloß ich mitzufahren. Ich stieg hinten ein.
    Die beiden jungen Leute wohnten auf einem Hof hoch oben in den North Moors. Drei Meilen außerhalb der Stadt bogen wir von der Hauptstraße ab, und unsere Scheinwerfer machten einen schmalen Wegstreifen ausfindig, der sich an dem dunklen Berghang entlangschlängelte.
    Siegfried hatte es eilig. Er trat kräftig auf das Gas, der Motor heulte gequält auf, und der kleine Wagen sauste in die Dunkelheit hinein. Ich hielt mich krampfhaft fest und beugte mich so weit vor, daß ich meinem Chef ins Ohr schreien konnte: »Denken Sie daran, dies ist der Wagen, der gerade erst überholt worden ist.«
    Siegfried sah sich um und lächelte nachsichtig. »Ja, ja, James, ich weiß. Warum regen Sie sich so auf?« Während er sprach, schoß der Wagen von der Straße herunter und holperte mit einer Geschwindigkeit von sechzig Meilen in der Stunde über das Gras. Wir hüpften wie Korken, bis Siegfried die Fahrbahn wieder erreichte. Unbeirrt fuhr er mit derselben Geschwindigkeit weiter. Das Grinsen war den Burschen vergangen; sie saßen steif und starr da. Niemand sagte ein Wort.
    Die Passagiere wurden an einem schweigenden Bauernhaus abgeladen, und dann begann die Rückfahrt. Da die Strecke bergab führte, fand Siegfried, jetzt könne er noch schneller fahren. Der Wagen sprang und holperte über das unebene Gelände, und der Motor jaulte. Wir machten einige kurze, aber aufregende Abstecher in das umliegende Moor, gelangten jedoch unversehrt nach Hause.
    Einen Monat später hatte Siegfried von neuem Gelegenheit, mich zur Rede zu stellen. »James«, sagte er betrübt, »Sie sind ein großartiger Kerl, aber mit Autos gehen Sie verdammt rücksichtslos um. Schauen Sie sich den Austin an. Vor kurzem gründlich überholt, tiptop in Ordnung, und jetzt säuft er schon wieder Benzin wie ein Loch. Wie Sie das in so kurzer Zeit geschafft haben, ist mir ein Rätsel. Sie sind ein furchtbarer Mensch.«

Kapitel 8
     
    Ich sah noch einmal auf das Stück Papier, auf dem ich meine Besuche notiert hatte. »Dean, Thompson’s Yard Nr. 3. Kranker alter Hund.«
    Darrowby hatte viele solcher Yards. Es handelte sich dabei um Gäßchen, die in einem Roman von Dickens hätten vorkommen können. Einige gingen vom Marktplatz ab, und viele lagen verstreut hinter den Hauptverkehrsstraßen in dem alten Teil der Stadt. Von außen sah man lediglich einen Bogengang, und ich war immer von neuem überrascht, wenn ich am Ende eines solchen schmalen Ganges plötzlich auf die ungleichmäßigen Reihen kleiner Häuser stieß, von denen nicht eines dem anderen glich und die sich über acht Fuß Kopfsteinpflaster hinweg in die Fenster blickten.
    Vor manchen Häusern gab es einen Streifen Garten, und Ringelblumen und Kapuzinerkresse wucherten über die holperigen Steine hinaus; aber am Ende der schmalen Gassen waren die Häuser in einem elenden Zustand. Einige standen leer, und ihre Fenster waren mit Brettern vernagelt.
    Das Haus Nr. 3 lag an diesem Ende und sah aus, als werde es demnächst einstürzen. Von dem verfaulten Holz der Tür blätterten Farbschnitzel ab, als ich klopfte: oben wölbte sich das Gemäuer beiderseits eines Risses gefährlich nach außen.
    Ein kleiner, weißhaariger Mann öffnete. Aus seinem hohlwangigen, von

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