Der Doktor und das liebe Vieh
Außerdem war es das falsche Futter.
»Oh, Mr. Herriot«, sagte Mrs. Pumphrey und blickte besorgt auf ihren Liebling, »ich bin so froh, daß Sie gekommen sind, bei Tricki bockt es wieder einmal.«
Mit diesem Ausdruck, der in keinem Lehrbuch zu finden ist, beschrieb sie die durch Trickis eingeklemmte Afterdrüsen hervorgerufenen Symptome. Wenn die Drüsen sich füllten, zeigte er sein Unbehagen, indem er sich plötzlich mitten im Laufen hinsetzte, und dann stürzte seine Herrin in großer Aufregung zum Telefon. »Mr. Herriot, bitte, kommen Sie, bei Tricki bockt es schon wieder!«
Ich hob den kleinen Hund auf einen Tisch und drückte einen Wattebausch auf den Anus, um die Drüsen zu entleeren.
Ich begriff nicht, weshalb der Pekinese sich immer so freute, wenn er mich sah. Ein Hund, der einen Mann gern hatte, obgleich dieser Mann ihm bei jeder Begegnung schmerzhaft das Gesäß quetschte, ein solcher Hund mußte ein unglaublich nachsichtiges und gutmütiges Wesen sein. Tricki zeigte niemals irgendwelche Ressentiments; er war ein wirklich liebes Tierchen, das vor Intelligenz sprühte, und ich empfand echte Zuneigung für ihn. Es war ein Vergnügen, sein Leibarzt zu sein.
Als die Prozedur vorbei war, hob ich meinen Patienten vom Tisch herunter. Dabei fiel mir auf, daß Tricki schwerer geworden war und dicke Fleischpolster auf den Rippen hatte. »Hören Sie, Mrs. Pumphrey, ich glaube, Sie überfüttern ihn wieder. Habe ich Ihnen nicht gesagt, daß Sie ihm keine Süßigkeiten geben dürfen und daß er mehr Proteine braucht?«
»Ja, ja, Mr. Herriot, aber was soll ich tun?« jammerte Mrs. Pumphrey. »Er mag nun mal kein Hühnerfleisch.«
Es war hoffnungslos. Ich ließ mich von dem Mädchen zu dem palastartigen Badezimmer führen, wo ich immer ein rituelles Händewaschen vollzog. Es war ein ungeheuer großer Raum mit einem voll bestückten Frisiertisch und Reihen von Glasborden, beladen mit Toilettenartikeln. Neben der teuren Toilettenseife war mein privates Gästehandtuch zurechtgelegt.
Dann kehrte ich in den Salon zurück, mein Sherryglas wurde gefüllt, und ich setzte mich an den Kamin, um Mrs. Pumphrey zu lauschen. Eine Unterhaltung konnte man es nicht nennen, denn sie allein besorgte das Reden, aber ich fand immer, daß es sich lohnte.
Mrs. Pumphrey war liebenswert, spendete großzügig für wohltätige Zwecke und half jedem, der in Not war. Sie besaß Intelligenz, Witz und sehr viel Charme. Aber wie die meisten Leute hatte sie einen schwachen Punkt, und bei ihr war es Tricki Woo. Die Geschichten, die sie über ihren Liebling erzählte, waren zumeist im Reich der Phantasie angesiedelt, und so wartete ich gespannt auf die nächste Fortsetzung.
»Stellen Sie sich vor, Mr. Herriot, Tricki hat jetzt einen Brieffreund! Ist das nicht aufregend? Ja, er hat an den Chefredakteur der Welt des Hundes geschrieben und eine Spende beigelegt. In dem Brief erzählte er, daß er von chinesischen Kaisern abstamme, aber trotzdem beschlossen habe, Verbindung zu gewöhnlichen Hunden aufzunehmen. Er bat, der Zeitungsmann möge unter den Hunden, die er kenne, einen Brieffreund für ihn aussuchen – zum gegenseitigen Gedankenaustausch, wissen Sie. Zu diesem Zweck, schrieb Tricki, werde er sich den Namen Mr. Utterbunkum zulegen. Und denken Sie nur, er bekam einen ganz reizenden Brief von dem Chefredakteur. Dieser Herr meinte, er werde ihn gern mit Bonzo Fotheringham bekannt machen, einem einsamen Dalmatiner, der bestimmt entzückt wäre, Briefe mit einem neuen Freund in Yorkshire zu wechseln.«
Ich trank ein Schlückchen Sherry. Tricki schnarchte auf meinem Schoß.
»Aber ich bin so enttäuscht über die neue Gartenlaube«, fuhr Mrs. Pumphrey fort. »Sie wissen, ich ließ sie speziell für Tricki aufstellen, damit wir an warmen Nachmittagen zusammen im Freien sitzen könnten. Es ist ein so hübsches rustikales Häuschen, aber er kann es einfach nicht ausstehen. Er hat einen Abscheu davor und weigert sich entschieden, hineinzugehen. Sie sollten seine angewiderte Miene sehen, wenn er es nur von weitem erblickt. Und wissen Sie, wie er es gestern genannt hat? Oh, ich wage es Ihnen kaum zu erzählen.« Sie schaute sich im Zimmer um, bevor sie hinter der vorgehaltenen Hand flüsterte: »Er nannte es Scheißbaracke!«
Das Mädchen fachte das Feuer von neuem an und füllte nochmals mein Glas. Der Wind schleuderte eine Handvoll Graupeln gegen das Fenster. Ich wartete auf weitere Neuigkeiten.
»Und habe ich Ihnen schon erzählt, Mr. Herriot,
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