Der Dominoeffekt
weiß«, gab Katharina zurück und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Aber da müssen wir wohl durch.«
»Leider. Und was machen wir jetzt?«
»Was wir verabredet haben. Ich lade dich zum Frühstück ein und danach bringst du mich ins Büro.«
»Na, da sag ich nicht Nein.«
Katharina steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen. Eigentlich herrschte in Veronikas Wagen striktes Rauchverbot, aber bei offenem Verdeck duldete sie eine Ausnahme.
»Wie schaut es denn inzwischen mit euren Heiratsplänen aus? Habt ihr einen Termin ins Auge gefasst?«
»Ach, red nicht davon, Ulli hat vor ein paar Tagen auch damit angefangen.«
»Was soll das heißen?«, fragte Veronika ehrlich überrascht. »Ich denke, der Punkt war zwischen euch ein für alle Mal geklärt.«
»Schon, ich habe auch immer gedrängt, endlich zum Standesamt zu gehen. Aber ich weiß nicht mehr, ob das wirklich eine so gute Idee ist.«
»Spinnst du?«
»Es ist ja nicht so, dass ich Ulli nicht mehr heiraten will. Aber andererseits übernimmt man damit auch sehr viel Verantwortung.«
Veronika setzte den Blinker nach rechts und zog den Wagen an den Straßenrand. Als der 206 CC ausgerollt war, löste sie den Sicherheitsgurt und drehte sich so, dass sie die Blonde voll im Blick hatte.
»Kannst du mir bitte erklären, was das mit Verantwortung zu tun hat? Wenn ich so einen Schwachsinn höre, rollen sich mir die Fußnägel auf.«
»Hat es etwa nicht?«
»Nein. Verantwortung hast du für tausend andere Sachen. Für deinen Sohn, okay. Vielleicht auch dafür, deinen Job gut zu erledigen. Aber eine Heirat ändert doch nichts in der Verantwortlichkeit deinem Lebensgefährten gegenüber.«
»Das sehe ich ein wenig anders. Immerhin…«
»Quatsch mit Soße. Möchtest du mit Ulli den Rest deines Lebens verbringen?«
»Sicher.«
»Was gibt es dann noch zu überlegen? Hast du dir Gedanken über Verantwortung gemacht, als ihr eure Beziehung begonnen habt? Oder als ihr zusammengezogen seid? Jede Wette, noch nicht mal unbewusst. Aber nein, wenn es darum geht zu heiraten, kommt plötzlich diese Verantwortungsscheiße.«
Katharina zog heftig an ihrer Zigarette. Ihr war anzusehen, dass es hinter ihrer Stirn mächtig arbeitete.
»Eigentlich solltest du dir nur eine einzige Frage stellen. Liebst du Ulli ohne Wenn und Aber?«
»Du hast leicht reden«, wich die Blonde aus. »Dir selbst stellt sich diese Frage nicht. Und wird sich auch niemals stellen.«
»Blödsinn. Bei uns hieße das zwar eingetragene Lebenspartnerschaft, aber letztlich läuft das auf das Gleiche raus. Und glaub mir, ich habe mir mehr als genug Gedanken darüber gemacht.«
»Und mit welchem Ergebnis?«
»Ich will Claudia nicht heiraten. Sie ist die Frau, mit der ich momentan zusammenlebe, aber ich weiß, dass es mal anders sein wird. Jedenfalls passt es nicht in meine Vorstellungskraft, noch in zwanzig oder fünfundzwanzig Jahren mit ihr unter einem Dach zu leben. Aber auch das hat nichts mit Verantwortung zu tun, höchstens mit Egoismus, nämlich mit meinem.«
Katharina sah überrascht zur Seite. »Heißt das, dir wäre es egal, wenn eure Beziehung kaputtginge?«
»Nein. Aber ich rechne damit, dass es irgendwann passiert. Und, was wesentlich wichtiger ist, ich würde darüber hinwegkommen, recht schnell sogar. Was würdest du empfinden, wenn Ulli mit dir Schluss machen würde?«
»Das… das wäre nicht auszudenken.«
»Na siehst du, endlich mal ein ehrlicher Satz. Außerdem, wenn ich Claudia so lieben würde wie du Ulli, hätten wir nie miteinander ins Bett gehen dürfen.«
»Hä? Immerhin… betrüge ich Ulli ja auch.«
»Ja. Aber das ist trotzdem etwas anderes. Für dich ist es der Reiz des Neuen gewesen, wahrscheinlich hast du es dir schon immer gewünscht, es mal mit einer Frau auszuprobieren. Und als wir uns kennen gelernt haben, war deine Neugier einfach zu groß. Bei mir ist das anders.«
»Warum?«, fragte Katharina. In der Form hatte sie noch nie über ihre Affäre nachgedacht.
»Katharina, ich bin lesbisch. Ich stehe auf Frauen, ich bin mit dir ins Bett gegangen, weil ich wahnsinnig geil auf dich war, auf deinen Körper, deine Brüste, deinen Po, einfach auf alles. Hast du Ulli jemals mit einem anderen Mann betrogen?«
»Natürlich nicht.«
»Siehst du! Wäre dasselbe, was ich mache. Bevor das mit uns passiert ist, war ich die treueste Seele, die es gab. Und was mich noch zusätzlich nachdenklich macht, ist die Tatsache, dass ich dich mag. Wenn du lesbisch
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