Der Dominoeffekt
nach Hause kam.«
»O Gott! Hat sie etwas herausgefunden? Über uns?«
»Nein. Sie hat zwar blöde Vermutungen angestellt, aber sie weiß nichts. Nur dass ich eine andere habe.«
»Verfluchter Mist! Komm, setz dich erst mal. Ich springe eben aus diesen beschmierten Klamotten, okay?«
In Windeseile zog sich Katharina aus, entfernte die gröbsten Farbschmierereien, schlüpfte in Shorts und eine Bluse und hockte sich dann neben das Häufchen Elend, das sich inzwischen auf die Kante des Bettes gesetzt hatte.
»So, jetzt erzähl mal. Was war los?«
»Als ich nach Hause kam, ist Claudia restlos ausgeflippt«, erzählte Veronika schleppend. »Hat mir Vorwürfe gemacht, ich würde sie betrügen, ich würde sie ausgrenzen, nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen. Sie hat uns nicht den Hauch einer Chance gegeben, noch mal neu anzufangen. Kannst du dir das vorstellen?«
Katharina konnte sich bei de Vries eine Menge vorstellen, sagte das im Augenblick aber lieber nicht. »Na ja, immerhin hast du sie ja auch betrogen. Wir haben doch kurz zuvor noch darüber gesprochen. Und du hast selbst gesagt, du würdest es gar nicht so schlimm finden, wenn es zwischen euch vorbei wäre.«
»Stimmt, Veronika, die ganz Schlaue«, stieß die Brünette verbittert hervor. »Sich etwas vorzustellen ist eine Sache, vor die Konsequenzen gestellt zu werden eine andere. Mir war klar, irgendwann wird es vorbei sein… aber doch nicht schon ein paar Stunden später…«
Katharina rückte näher heran und legte ihrer Freundin tröstend den Arm um die Schulter.
»Das Schlimme ist«, stotterte Veronika nach einer Pause, »ich weiß nicht, was mich mehr fertig macht. Die Tatsache, dass es vorbei ist, oder eher der Umstand, kein Zuhause mehr zu haben.«
»Wo warst du denn gestern Nacht?«
»Ich hab mir ein Hotelzimmer genommen. Ich wusste doch nicht, wohin.«
»Warum bist du nicht sofort hierher gekommen? Du wusstest doch, ich bin zu Hause.«
»Ich musste erst mal allein sein. Das Hotel war schon völlig in Ordnung. Nur, nun muss ich mit jemandem reden. Ich werde sonst noch wahnsinnig.«
Katharina nickte. »Hast du dir schon überlegt, wie es weitergehen soll? Willst du einen Versöhnungsversuch starten?«
»Eher wird der Papst evangelisch. Wenn Claudia sich etwas in den Kopf gesetzt oder entschieden hat, ist das endgültig. Ich weiß nicht, was mit ihr los ist. Sie ist seit Monaten so komisch und jetzt plötzlich explodiert sie.«
»Wer weiß, vielleicht hat sie längst ein klärendes Gespräch führen wollen und damit zu lange gewartet.«
»Schatz, ist alles in Ordnung?«, rief Ulli vom Treppenabsatz her.
»Ja.«
»Ihr könnt auch runterkommen, ich hab die Jungs nach Hause geschickt. Und Arne ist in der Falle, ist ja schon nach acht. Vielleicht mach ich uns erst mal einen Kaffee?«
»Ich sag ja, du hast da ein Juwel«, schmunzelte Veronika unwillkürlich. »Und ein Kaffee wäre echt toll.«
»Okay, wir kommen runter«, rief Katharina. »Und Kaffee ist eine gute Idee.«
Ulli hatte sich mächtig ins Zeug gelegt. Auf dem Balkon waren sämtliche Spuren der Skatrunde beseitigt und in der Küche lärmte schon die Kaffeemaschine.
»So, hockt euch ein wenig in die Abendsonne, das heiße Schwarze kommt gleich und Papiertaschentücher liegen bereit.«
»Du bist ein Schatz«, erklärte Veronika tapfer. »Katharina ist wirklich ein Glückspilz.«
»Musst du ihr sagen, nicht mir«, gab der Sozialarbeiter blinzelnd zurück und verschwand in der Küche.
Die Frauen setzten sich nach draußen.
»Willst du dir hier in Bochum eine Wohnung suchen? Oder ziehst du nach Essen?«
»Frag mich was Leichteres. Eigentlich will ich ganz gerne in Bochum bleiben, aber jeden Tag die Ochsentour über die A 40 zur Arbeit? Mal sehen.«
Sie hörten das Klappern von Geschirr, gleich darauf erschien Ulli mit einem Tablett, auf dem drei Tassen, Zucker, Kaffeeweißer und eine Thermoskanne standen.
»Ich nehme mir nur ein Tässchen und dann verzieh ich mich. Will ja nicht stören.«
»Du störst nicht«, meinte Veronika. »Danke für den Kaffee.«
»Echt nicht? Ist kein Problem.«
»Jetzt hock dich schon hin«, befahl Katharina und gönnte sich eine Zigarette. Ein Kaffee ohne Nikotinbeigabe war für sie wie ein Konzert von Pur. Fade und überflüssig.
»Um was geht es denn eigentlich?«, fragte Ulli, nachdem er allen eingeschenkt hatte. »Du bist ja völlig durch den Wind.«
»Ihre Freundin hat sie raus geworfen«, erklärte Katharina knapp. »Und jetzt weiß
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