Der Dominoeffekt
Veronika nicht wohin.«
»Rausgeworfen? Aber warum denn?«
Mit kurzen Worten wiederholte die Brünette die Geschichte, die sie zuvor Katharina erzählt hatte, allerdings ließ sie die Passagen, die mit Katharina zu tun hatten, natürlich aus.
»Manometer, die Frau scheint ja ein richtiger Drachen zu sein«, seufzte Ulli, als Veronika geendet hatte. »Katharina erzählt ja manchmal von dem, was sich im Präsidium so ereignet, aber dass die privat genauso ist? Eigentlich solltest du froh sein, dass du die Kuh los bist.«
»Ulli!«, warnte Katharina scharf.
Veronika zuckte mit den Achseln. »Weißt du, eigentlich hat er ja Recht.«
»Und jetzt? Eigene Wohnung? Wo bist du denn untergekrochen?«
»Gestern war ich in einem Hotel, nun muss ich mir schnellstens was suchen. Familie hab ich in dieser Gegend ja nicht.«
»Kein Problem. Unser Gästezimmer steht sowieso leer. Komm doch einfach zu uns.«
»Nein!«, platzte es aus Katharina heraus. Ihre Nase war plötzlich wachsbleich geworden. »Das geht nicht!«
»Warum nicht?«, fragte Ulli verwundert. »Hör mal, Veronika weiß nicht wohin und wir haben Platz. Okay, das sind nur knapp zehn Quadratmeter, aber für den Übergang reicht es allemal.«
Veronika sah verdattert von Ulli zu Katharina und wieder zurück. »Nein«, stotterte sie dann auch, »das kann ich unmöglich annehmen. Außerdem, ich muss noch meine ganzen Sachen von Claudia holen, das passt alles gar nicht da rein.«
»Unsinn. Unser Keller ist groß, sauber und trocken. Und darüber hinaus steht die untere Wohnung leer. Sag mal, wäre die nicht was für dich? Ist zwar ein bisschen groß für einen allein, aber ‘ne tollere Gegend als diese gibt’s in Bochum doch gar nicht.«
»Äh… ich… äh, ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee ist…«
»Warum nicht? Mensch, jetzt hab dich nicht so, du brauchst auf jeden Fall erst mal ein Dach über dem Kopf. Katharina und ich wären tödlich beleidigt, wenn du das Angebot ablehnst. Nimm für die erste Zeit das Gästezimmer, dann sehen wir weiter, okay?«
Veronika sah hilflos zur Seite. Katharina spürte plötzlich einen brennenden Schmerz auf den Lippen. Die Glut ihrer Zigarette hatte den Filter angesengt.
»Wäre ja wahrscheinlich nur für ein paar Tage«, brachte sie mühsam hervor. »Das überleben wir schon.«
»Sei nicht so komisch«, meinte Ulli verwundert. »Veronika bleibt hier und kann sich in Ruhe nach einer Bleibe umschauen. Sind deine Sachen noch im Hotel?«
»Nein, im Auto«, gab Veronika automatisch zurück. »Ich wollte mir eigentlich gleich etwas Billigeres suchen.«
»Dann gib mir deine Schlüssel, ich bringe das Zeug schon mal hoch. Und keine Widerrede mehr.«
»Heiliger Himmel«, stöhnte Katharina, als Ulli die Stufen zum Erdgeschoss hinabpolterte. »Das kann ja heiter werden.«
»Ich wollte das nicht«, sagte Veronika eindringlich. »Glaub mir, mir ist es nie in den Sinn gekommen, hier bei euch unterzuschlüpfen. Mit ist das genauso peinlich wie dir.«
»Ich weiß. Und wir können Ulli nun nicht mehr von seiner Idee abbringen, ohne ihm zu sagen, warum das eine blöde Idee ist.«
»Ist bestimmt nur für ein paar Tage, das verspreche ich dir. Sobald ich eine Wohnung gefunden habe, verschwinde ich, egal, wo das auch sein mag. Versprochen.«
Katharina griff nach Veronikas Hand und drückte sie kurz. »Du musst nichts überstürzen. Immerhin sind wir beide erwachsen. Mir ist nur scheiße schlecht vor schlechtem Gewissen…«
24
Es war jedes Mal das Gleiche. Sobald Wielert das Büro der Staatsanwältin betrat, wünschte er sich woandershin, egal wohin. De Vries war schon an neutralen Orten eine harte Nuss, doch wenn sie Heimvorteil genoss, lief sie zu ganz besonderer Höchstform auf.
Nach dem üblichen Begrüßungsgeplänkel hatte sich die Juristin schweigend in die Ermittlungsunterlagen vertieft, sich hin und wieder eine Notiz gemacht und Wielert keines Blickes gewürdigt. Der Kriminalhauptkommissar ertappte sich verärgert dabei, dass er die Hände krampfhaft ineinander verkrallt hielt. Es kostete ihn eine nicht unbeachtliche Willensanstrengung, die Finger voneinander zu lösen.
»Eine sehr ordentliche Arbeit«, brach de Vries unvermittelt das Schweigen. »Unter den gegebenen Umständen haben Sie alles Menschenmögliche getan.«
Wielert sah überrascht auf. Nicht nur der Inhalt des Gesagten überraschte ihn, auch der Ton, in dem de Vries das Lob vorgetragen hatte, passte in keinster Weise zu ihren sonstigen
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