Der Dominoeffekt
wenig von ihrer Stimmung mit in sein Hotelzimmer retten, dann würden der Abend und die Nacht göttlich werden.
Mempel-Werner stiefelte mit ihrer Last zum Seiteneingang des Hotels, kurz darauf war sie verschwunden. Vollmert hatte keine Eile, sie würde garantiert wieder auftauchen. Wahrscheinlich würde sie erst mal unter die Dusche springen. Auf jeden Fall war Zeit genug, um noch einen Eisbecher zu ordern.
Als er gerade den sechsten Löffel verputzt hatte, trat Mempel-Werner aus dem Haupteingang des Hotels und sah sich suchend nach einem freien Platz im Biergarten um. Geduscht hatte sie nicht, und wenn doch, war sie in dieselben Kleidungsstücke geschlüpft, die sie schon den ganzen Tag getragen hatte.
Vollmert war es egal, das Röckchen zeigte genug von ihrer Figur, um seine Fantasie in Fahrt zu bringen.
»Verzeihen Sie, ist hier noch frei?«
Der Detektiv sah überrascht auf. Mempel-Werner stand vor seinem Tisch und lächelte ihn strahlend an.
»Klar«, gab er zurück und checkte mit einem schnellen Blick die Umgebung. Im Biergarten war noch ein Tisch unbesetzt, der lag allerdings in der Sonne. Okay, so musste er sich keine Gedanken machen, wie er mit der Tussi ins Gespräch kommen sollte.
»Sie wohnen auch hier im Hotel?«
»Allerdings. Warum?«
»Och, ich meine nur. Sie sind mir schon heute Morgen beim Frühstück aufgefallen.«
Vollmert bekam einen trockenen Mund. Wusste sie etwa über seinen Job Bescheid?
»Wirklich? Warum das denn?«
»Nur so. Immerhin sind Sie ja auch allein hier. Und Sie kommen ebenfalls aus Bochum, oder?«
»Ja, korrekt.«
»Wusste ich es doch«, strahlte Mempel-Werner erfreut. »Ihnen gehört der Golf, richtig?«
»Ja, auch das stimmt. Sie sind eine feine Beobachterin.«
Die Blondine hockte sich endlich zu ihm an den Tisch und schlug ihre langen Beine übereinander. »Sind Sie beruflich hier? Oder machen Sie Urlaub?«
Vollmert überlegte einen Moment amüsiert, ob die Frau nur auf Smalltalk aus war oder ihn tatsächlich anmachen wollte.
»Ich spanne ein paar Tage aus«, flunkerte er schließlich. »Von einem Bekannten hatte ich gehört, dass es hier sehr schön sein soll, für einen kurzen Trip muss man ja nicht gleich ins Ausland fahren.«
»Okay, für ein Wochenende ist es hier ganz nett, aber einen richtigen Urlaub machen? Mein Mann besteht jedes Jahr entweder auf Wernigerode oder St. Peter Ording. Dabei möchte ich gern mal in die Karibik. Oder nach Ägypten oder wohin auch immer. Auf jeden Fall mal was Exotisches sehen.«
Vollmert leckte sich unbewusst über die Lippen. »Sie sind verheiratet?«
»Juristisch gesehen, ja«, lachte Mempel-Werner und winkte der Kellnerin zu, um sich ein Wasser und einen Salat zu bestellen. »Aber nicht mehr lange. Ich hab mir schon eine kleine Wohnung gesucht, zum nächsten Ersten kann ich da rein. Und dann beende ich diese Farce.«
Der Privatschnüffler runzelte einen Moment die Stirn. In dieser Frau hatte er sich gründlich getäuscht, anscheinend war sie wesentlich abgezockter, als er gedacht hatte. Mit seiner normalen Masche wäre er garantiert auf die Nase gefallen.
»Und was machen Sie hier in Geldern?«
»Seminar. Und«, die Frau blickte sich verschwörerisch um, »einen kleinen Vorschuss auf meine anstehende Freiheit genießen.« Dabei kniff sie dem Detektiv ein Auge zu.
»Ich hab immer gewusst, dass mir nichts entgangen ist«, gab Vollmert zurück.
»Bitte?«
»Na ja, nicht geheiratet zu haben. Spaß kann man ja auch so haben.«
»Sehen Sie, Sie verstehen mich«, nickte Mempel-Werner anerkennend. »Würde mir heute nicht mehr passieren, glauben Sie mir.«
Vollmert vernichtete verwirrt den Rest des Eises und legte den Löffel beiseite. Es war ihm schon eine Ewigkeit nicht mehr passiert, dass eine Frau ihn angemacht hatte. Seine sexuellen Erfahrungen bestanden im Wesentlichen aus dem Kontakt zu Prostituierten und den gelegentlichen schnellen Nummern mit seinen weiblichen Zielpersonen. Wenn er Glück hatte, schleppte er mal aus irgendeiner Kneipe oder Diskothek eine beschwipste, übrig gebliebene alte Jungfer ab. Über seine Wirkung auf Frauen gab er sich deshalb keinerlei Illusionen hin.
Umso mehr überraschte es ihn nun, dass diese Blonde an seinem Tisch saß und ihm unverhohlen signalisierte, dass er, wenn er nur wollte, in spätestens einer halben Stunde zum Schuss kommen könnte. Na ja, vielleicht auch eher in einer Stunde, immerhin hatte sie noch etwas zu essen bestellt.
»Günter«, erklärte er
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