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Der Dominoeffekt

Der Dominoeffekt

Titel: Der Dominoeffekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Pointner
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Produktionsleiterin. »Meine Freundin von Blut hat gerade angerufen und gefragt, wie wir die Sache aufmachen. Kannst dir sicher vorstellen, wie perplex ich war.«
    »Umgebracht? Habe ich nichts von mitgekriegt, die Feuerwehr hat doch das Stockwerk, in dem es brannte, hermetisch abgeriegelt. Wir konnten da gar nicht rein.«
    Heeg zog einen Hocker heran und ließ ihre schlanke Erscheinung niedersinken. »Ich hasse es, wenn jemand unseren Job so schluderig erledigt, dass er vor lauter Bäumen den Wald nicht sieht. Wenn wir deine kleine Feuerstory über den Sender schicken, ohne was von dem Mord zu bringen, machen wir uns lächerlich.«
    Scheibel seufzte. »Und das heißt?«
    »Schneid das Ding um und setz einen neuen Kommentar drauf. Soweit ich gehört habe, ist dieser Typ umgebracht worden, der Samstag in Wesel vor dem Bahnhof gegen den Bus geknallt ist. Ein Vögelchen aus dem Krankenhaus hat mir geflüstert, dass der Mann von der Polizei bewacht worden ist, keine Ahnung, warum. Wir ziehen den Bericht auf zwei dreißig. Du hast noch eine Viertelstunde, wir bringen ihn als Hauptakt um Viertel nach.«
    Die Produktionsleiterin stieß den Hocker zurück und verließ grußlos den Raum.
    »Na super«, fluchte Scheibel, als er mit dem Kameraassistenten wieder allein war. »Irgendwann wacht die Tussi mal mit ‘nem Messer im Rücken auf. Und die Liste der Verdächtigen ist gerade um einen länger geworden.«
    »Stell dich nicht so an. Sie hat ja Recht, wenn der Mord nicht in dem Bericht vorkommt, taugt der nur für den Müll.«
    »Seit wann bist du Heegs Fanclub beigetreten?«
    »Arsch. Ich geh mal zum Klo. Fang an zu arbeiten.«
    Scheibel knallte unwillig das Band mit den Originalaufnahmen in den Rekorder und startete zum x-ten Mal die Wiedergabe. Einen neuen Kommentar aus dem Ärmel zu schütteln war nicht das Problem, so was konnte er notfalls auch morgens um vier nach einer durchzechten Nacht. Das Problem war, dass es so wenig Bildmaterial gab. Noch mehr Feuerwehrmänner zu zeigen wäre langweilig und O-Töne zum Mord existierten natürlich auch nicht. Mal sehen, vielleicht fanden sich ja ein paar schöne Bilder vom Krankenhaus oder von der Umgebung.
    Eigentlich war er wegen Storys wie dieser Journalist geworden. Scheibel reizte das Verborgene, die Hintergründe einer Story. Doch von seinem Traum von wochenlangen, undercover geführten Recherchen hatte er schnell Abstand nehmen müssen. Anstatt sich in aller Ruhe auf eine Geschichte konzentrieren zu können oder eine weltbewegende Reportage zu erarbeiten, durfte er die Niederungen des Niederrheins durchstreifen, Kindergartenfeste dokumentieren oder Volkshochschulaktionen ablichten. Bestenfalls staubte er bei Sportveranstaltungen ein kostenloses Würstchen ab. Eigentlich war der Brand in Wesel ja schon ein Highlight gewesen und nun war sogar ein Mord passiert! So eine Story in fünfzehn Minuten zu verwursten war eine Schande.
    Scheibels Zeigefinger ruhte auf der Taste für den schnellen Vorlauf, nur gelegentlich ließ er das Band in Normalgeschwindigkeit laufen, um fast augenblicklich wieder durchzustarten. Mist, die Bilder gaben nichts her.
    Als er das nächste Mal beschleunigen wollte, stutzte er. Irgendetwas passte nicht.
    Scheibel runzelte die Stirn und ließ das Band ein kleines Stück zurücklaufen. Auf dem Monitor war eine aufgeregte Krankenhausmitarbeiterin zu sehen, die er in der ersten Version des Berichts herausgeschnitten hatte. Der Journalist hörte sich die Passage zweimal an, dann drückte er auf Pause und dachte nach.
    »Machst du einen auf Arbeiterdenkmal?«, spöttelte Lorenzen, der sein kleines Geschäft erledigt hatte.
    Scheibel schrak auf. »Tu mir einen Gefallen und halt für einen Moment deine Klappe. Ich muss nachdenken.«
    »Womit?«
    Statt einer Antwort durchbohrte Scheibel seinen Kollegen mit Blicken. Mit Erfolg, Lorenzen blieb ruhig.
    Und dann hatte Scheibel den Geistesblitz, auf den er gewartet hatte. Zunächst sah er sich ein drittes Mal den Abschnitt mit der Frau an, notierte sich den Timecode, spulte das Band bis zum Anfang zurück und ließ es ungeduldig erneut anlaufen. Tatsächlich, er hatte Recht gehabt.
    »Ist dir etwas aufgefallen?«, fragte er Lorenzen.
    »Klar. Du hast noch acht Minuten für den Bericht und mit der Arbeit noch nicht mal angefangen.«
    »Blödmann. Ernsthaft, ist dir etwas aufgefallen?«
    Der Kameraassistent merkte an der Miene seines Kollegen, dass seine Scherze im Augenblick nicht angebracht waren. »Nein, was meinst

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