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Der Dorfpfarrer (German Edition)

Der Dorfpfarrer (German Edition)

Titel: Der Dorfpfarrer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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anrechnen, mit dem er seinen besten Freunden Widerstand geleistet hat, nachdem er die Wunde sondiert, deren Größe erkannt und die Notwendigkeit der heilenden Mittel gesehen hatte, die von denen, für die er sein Leben in die Schanze schlug, nicht unterstützt worden sind.«
    »Nun, Herr Pfarrer, Sie schreiten freimütig und ohne die geringste Verkleidung vorwärts,« rief Gérard, »aber ich will Ihnen nicht widersprechen. In seinem russischen Feldzuge war Napoleon dem Geiste seines Jahrhunderts um vierzig Jahre voraus; er ist nicht verstanden worden. Das Rußland und England von 183o machen den Feldzug von 1812 begreiflich.
    Karl X. hat das nämliche Unglück erlitten: in fünfundzwanzig Jahren werden seine Verordnungen vielleicht Gesetze werden!«
    – »Frankreich, ein zu redegewandtes Land, um nicht geschwätzig zu sein, ein zu eitles Land, als daß es seine wahren Talente erkennte, ist trotz des erhabenen guten Menschenverstandes seiner Sprache und seiner Massen, das letzte von allen, wo das System der beiden beratschlagenden Versammlungen könnte zugelassen werden,« fuhr der Friedensrichter fort. »Wenigstens müßten die Nachteile unseres Charakters durch die wunderbaren Beschränkungen, die Napoleons Erfahrung ihm entgegengestellt hatte, bekämpft werden. Dies System kann sich noch in einem Lande wie England behaupten, dessen Tätigkeit durch die Natur des Bodens beschränkt ist. Das auf die Uebertragung des Bodens angewandte Erstgeburtrecht aber ist immer notwendig, und wenn es unterdrückt wird, wird das Repräsentativsystem eine Narrheit. England verdankt seine Existenz dem quasi Feudalrecht, das die Ländereien und die Familienwohnung immer den Erstgeborenen zuteilt. Rußland ruht auf dem Feudalrecht der Autokratie. Auch befinden sich diese beiden Nationen heute auf einem erschreckend fortschrittlichen Wege. Oesterreich hat unsere Einfälle nur aushalten und den Krieg gegen Napoleon nur dank diesem Erstgeburtsrechte wieder beginnen können, das die Kräfte der Familie lebendig erhält und die großen, für den Staat nötigen Produktionen unterstützt. Als das Haus Bourbon sich durch die Schuld des Liberalismus an dritte Stelle in Europa herabsinken fühlte, hat es seinen Platz behaupten wollen, und das Land hat es in dem Momente gestürzt, wo es das Land rettete. Ich weiß nicht, wo hinab uns das augenblickliche System steigen läßt.«
    »Gibt es Krieg, wird Frankreich ohne Pferde sein wie 1813 Napoleon, der auf Frankreichs Hilfsquellen allein angewiesen, die beiden Siege von Lützen und Bautzen nicht ausnützen konnte und bei Leipzig sich zermalmen sah!« rief Grossetête. »Wenn es Frieden bleibt, wird das Uebel sich noch verschlimmern: heute in fünfundzwanzig Jahren werden in Frankreich die Pferde- und Rinderrassen um die Hälfte vermindert sein.«
    »Monsieur Grossetête, hat recht,« sagte Gérard. – »So ist denn auch das Werk, das Sie hier beginnen wollen,« fuhr er, sich an Véronique wendend, fort, »ein dem Vaterlande geleisteter Dienst.«
    »Ja,« sagte der Friedensrichter, »weil Madame nur einen Sohn hat. Wird der Zufall dieser Erbfolge fortbestehen? Während eines gewissen Zeitraums wird die große und prachtvolle Kultur, die Sie, wie wir hoffen, ins Leben rufen werden, da sie nur einem einzigen Besitzer gehört, fortfahren, Hornvieh und Pferde hervorzubringen. Trotz allem aber wird ein Tag kommen, wo Wälder und Wiesen entweder geteilt oder parzellenweise verkauft werden. Von Teilung zu Teilung werden die sechstausend Arpents Ihrer Ebene tausend oder zwölfhundert Besitzer haben, und von da an wird's weder Pferde noch Großvieh mehr geben.«
    »Oh, in der Zeit ...« sagte der Bürgermeister.
    »Da hören Sie das von Monsieur Clousier zitierte ›Was tut mir das?‹« rief Monsieur Grossetête, »da haben wir ihn auf der Tat ertappt! – Aber, mein Herr,« fuhr der Bankier mit ernstem Tone, sich an den verdutzten Bürgermeister wendend, fort, »die Zeit ist gekommen! In einem Umkreise von sechs Meilen von Paris kann das ins Unendliche geteilte Land kaum die Milchkühe ernähren. Die Gemeinde Argenteuil zählt achtunddreißigtausendachthundertfünfundachtzig Landparzellen, von denen mehrere keine fünfzehn Centimes Einkünfte ergeben. Ich weiß nicht, wie die Ernährer ohne die kräftigen Dungmittel von Paris, welche Futtermittel von erster Güte zu erzielen gestatten, sich aus der Klemme ziehen sollten. Diese gewaltsame Nahrung und der Aufenthalt im Stalle läßt die Kühe obendrein

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