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Der Dorfpfarrer (German Edition)

Der Dorfpfarrer (German Edition)

Titel: Der Dorfpfarrer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Limoges nach Montégnac geschickt, verspürten sie eine momentane Verwirrung. Der Arzt, der Bürgermeister und der Friedensrichter kannten weder Grossetête noch Gérard. Beim ersten Gange aber brach die Gutmütigkeit des alten Bankiers unmerklich das Eis einer ersten Begegnung. Dann fesselte Madame Graslins Liebenswürdigkeit Gérard und ermutigte Monsieur Roubaud. Von ihr sich lenken lassend, begriffen all diese Seelen voller erlesener Eigenschaften ihre geistige Verwandtschaft. Jeder fühlte sich bald in einer sympathischen Umgebung. Auch wurde, als der Nachtisch auf die Tafel gestellt worden war, als die Kristallsachen und die goldgeränderten Porzellane funkelten, als ausgewählte, von Aline, von Champion und Grossetêtes Diener servierte Weine herumgingen, die Unterhaltung bald so vertraulich, daß die zufällig vereinigten vier Elitemänner sich ihre wahre Meinung über die Gebiete, über welche man zu reden, pflegt, wenn man sich in Uebereinstimmung mit den andern weiß, sagten.
    »Ihre Beurlaubung fiel gerade mit der Julirevolution zusammen,« sagte Grossetête mit einer Miene, durch die er ihn um seine Meinung fragte, zu Gérard.
    »Ja,« antwortete der Ingenieur. »Die drei berühmten Tage über war ich in Paris; habe alles gesehen und daraus auf die traurigsten Dinge geschlossen.«
    »Und auf was?« fragte Monsieur Bonnet lebhaft.
    »Patriotismus gibt's nur noch unter dreckigen Hemden,« entgegnete Gérard. »Da liegt das Verderben Frankreichs. Die Julirevolution ist die freiwillige Niederlage der durch Namen, Vermögen und Talent Hervorgehobenen. Die opferfreudigen Massen haben den Sieg über die reichen und intelligenten Klassen davongetragen, denen Aufopferung unsympathisch ist.«
    »Nach dem zu urteilen, was seit einem Jahre geschieht, « fügte Monsieur Clousier, der Friedensrichter, hinzu, »ist dieser Wechsel eine Gebühr, die man für das Uebel, welches uns verschlingt, nämlich für den Individualismus, bezahlt. Heute in fünfzehn Jahren wird sich jede edelmütige Frage mit dem: ,Was geht mich das an,' dem großen Schrei des freien Willens übersetzen lassen, der von den religiösen Höhen auf die ihn Luther, Calvin, Zwingli und Knox geführt haben, bis zur Volkswirtschaft herabgestiegen ist. ,Jeder für sich', ,jeder bei sich', diese beiden schrecklichen Phrasen werden mit dem ,Was geht mich das an?' die dreieinige Weisheit des Bürgers und kleinen Grundbesitzers bilden. Dieser Egoismus ist das Resultat der Fehler unserer bürgerlichen Gesetzgebung, die ein wenig allzu überstürzt aufgestellt worden ist, und der die Julirevolution eben eine furchtbare Weihe gegeben hat.«
    Der Friedensrichter fiel nach dieser Sentenz, deren Motive die Gäste beschäftigen mußten, seinem üblichen Schweigen wieder anheim. Durch dieses Wort Clousiers und durch den Blick, den Gérard und Grossetête austauschten, ermutigt, wagte Monsieur Bonnet sich weiter vor:
    »Der gute König Karl X.« sagte er, »ist eben an dem am weitesten voraussehenden und heilsamsten Unternehmen, das je ein Monarch für das Glück seiner ihm anvertrauten Völker geplant hat, gescheitert und die Kirche darf stolz sein auf den Anteil, den sie an seiner Beratung genommen hat. Herz und Intelligenz aber der oberen Klassen sind schwach geworden, wie sie sie bereits in der großen Gesetzesfrage des Erstgeburtsrechts, der ewigen Zierde des einzigen kühnen Staatsmannes, den die Restauration besessen hat, des Grafen von Peyronnet, in Stich gelassen haben. Die Nation durch die Familie wieder herstellen, der Presse ihre vergiftende Tätigkeit nehmen und ihr nur das Recht nützlich zu sein lassen, die Wahlkammer ihre wirklichen Befugnisse ausüben zu lassen, der Religion ihre Macht über das Volk wiedergeben, das sind die vier Kardinalpunkte der inneren Politik des Hauses Bourbon gewesen. Nun wohl, heute in zwanzig Jahren wird ganz Frankreich die Notwendigkeit dieser großen und heilsamen Politik anerkannt haben. König Karl X. war übrigens mehr bedroht in der Lage, die er aufgeben wollte, als in der, in welcher seine väterliche Macht zugrunde gegangen ist. Die Zukunft unseres schönen Vaterlandes, wo periodisch alles in Frage gestellt werden wird, wo man unaufhörlich diskutieren wird, statt zu handeln, wo die selbstherrlich gewordene Presse das Werkzeug niedrigster Ehrgeizregungen sein wird, dürfte die Klugheit dieses Königs beweisen, der die wahren Regierungsprinzipien eben mit sich fortgenommen hat, und die Geschichte wird ihm den Mut hoch

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